Lange schon hat man Dominic Thiem nicht mehr so erleichtert gesehen. Vier Siege in Folge wie nun in Kitzbühel waren ihm schon eine Ewigkeit nicht mehr gelungen.
Zuletzt war das im vergangenen September bei einem Challenger in Rennes der Fall, auf der ATP-Tour gar bei den corona-bedingt in den Herbst 2020 verlegten French Open. Und auch wenn Thiem im 3:6,1:6 gegen den Argentinier Sebastian Baez verlorenen Endspiel ohne große Chance war, sollte diese Woche positiv nachwirken.
Top-100: "Nicht mein Anspruch"
Natürlich am Montag in der Weltrangliste, wo der 29-Jährige sich zumindest einmal wieder unter die Top 90 schiebt. Vielmehr geht es aber um diese lang ersehnte Initialzündung, um die Rückkehr an die Tennis-Weltspitze einzuleiten.
Genau dort will Thiem wieder hin, nicht bloß in die Nähe. "Es ist nicht mein Anspruch, dass ich 90, 100 oder 110 stehe", meinte Thiem nach der Finalniederlage auf sein Ranking angesprochen. Freilich muss er den Beweis erst erbringen, mit den ganz Großen wieder mitspielen zu können. In Kitzbühel 2023 war von dieser Riege nämlich niemand dabei.
Thiems Erfolgslauf sollte deswegen aber nicht weniger wert sein. Sein Achtelfinalgegner Zhang Zhizhen befindet sich auf einem steilen Weg nach oben und danach gingen der Franzose Arthur Rinderknecht sowie der Serbe Laslo Djere jeweils nach anderswo davor erreichten Erfolgen und in sehr guter Form in die Duelle mit dem Lokalmatador.
Thiem besiegte sie alle, wobei er sich der Unterstützung der Fans sicher sein konnte. Etliche Tage in Folge ausverkauft zu sein, stellte auch den durch das Wetter etwas leidgeprüften Turnierdirektor Alexander Antonitsch zufrieden.
Nach Pause: Next Stop USA
Das Turnier profitierte natürlich auch vom Erfolgslauf Thiems, an dessen Leistungen das eigentlich Besondere das Überstehen der vielen engen Momente war.
Sei es die Nervenprobe im Auftaktmatch mit dem Ende um 23:28 Uhr und zwei gewonnenen Tiebreaks oder die Menge an abgewehrten Breakbällen und das dreimalige Drehen von Matches - Thiem war mental immer auf der Höhe. Sein Meisterstück in diesen Belangen lieferte der US-Open-Gewinner 2020 mit der Abwehr von fünf Matchbällen im Halbfinale gegen Djere - das nicht mit Glück, sondern mit Risiko und Präzision.
An diese geistige Fitness gilt es nach der nun zweiwöchigen Turnierpause anzusetzen - zuerst in Winston-Salem und bei den US Open, dann beim Davis Cup und schließlich in Asien und darauffolgend in Wien. Dass das auch klappen wird, dafür sollte im Idealfall der neue Mann in Thiems Box garantieren.
Sportpsychologe Andreas Marlovits kam nach den für Thiem danebengegangenen French Open in seine Crew, in Kitzbühel war er erstmals hautnah dabei. Der positive Einfluss des Mentalcoaches war offensichtlich, Thiem wirkte stabiler und offen für die Inputs des Fachmanns.
Thiem: "Ich bin auf keinen Fall weit weg"
Für Thiem gilt es nun, das Positive zu konservieren und in die nächsten Aufgaben mitzunehmen. "Die Woche war top, das Finale der Wermutstropfen", meinte er.
"Das Wichtige ist, dass ich es schaffe, jedes Mal so reinzugehen wie diese Woche. Dann habe ich die Chance, dass ich wieder Matches gewinne. Ich muss es schaffen, dass ich mit einer Anspannung, einer positiven Nervosität in Matches reingehe, die Matches auch so spiele. Ich bin auf keinen Fall weit weg. Andererseits gibt es Punkte, die ich verbessern muss, um konstanter mit denen ganz vorne mitzuspielen."