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Thiem: "Irgendwann geht mir natürlich die Geduld aus"

Dominic Thiem erklärt seinen Trainer-Wechsel und warum er von einer "letzten Chance" spricht.

Thiem: Foto: © GEPA

Zwar wurde in den vergangenen Wochen schon spekuliert, am Ende kam die Verlautbarung von Dominic Thiem, sich von seinem Trainer Benjamin Ebrahimzadeh zu trennen (Alle Infos >>>) dann aber doch etwas überraschend.

Schließlich bestritt der 30-jährige Niederösterreicher nach der Saisonvorbereitung erst ein richtiges Turnier auf der ATP-Tour. Bei den Australian Open scheiterte Thiem knapp in fünf Sätzen am starken Kanadier Felix Auger-Aliassime.

"Hast du schon länger über das Ende der Zusammenarbeit nachgedacht", wollte LAOLA1 demnach von Thiem bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Sebastian Ofner in Schörfling wissen.

Nachfolger bereits in Sicht

"Eigentlich nicht", so Thiem. Erst "nach dem Match gegen Auger-Aliassime" seien ihm "diese Gedanken zum ersten Mal gekommen. Es hat viele Matches und Turniere gegeben, bei denen es okay war – aber das letzte Stück hat einfach gefehlt. Ich habe ein paar Tage intensiv darüber nachgedacht und dann mit Bennie telefoniert und dann haben wir das so beschlossen."

Ein Nachfolger sei bereits in Sicht. Namen nennt Thiem noch keinen, es werde aber "kein Österreicher" sein. "Es wäre aber eine Toplösung. Wir befinden uns gerade in Verhandlungen. Ich hoffe, dass es in den nächsten Tagen oder Wochen bzw. bis zum nächsten Turnier passt."

Wobei der nächste Turnierauftritt von Thiem – ebenfalls überraschend – noch etwas auf sich warten lassen wird. Nach dem dieswöchigen Davis-Cup-Trip nach Irland wird Thiem "den Amerika-Trip dieses Jahr auslassen, zunächst ein Exhibition-Turnier in Oslo bestreiten und noch einmal zwei, drei Wochen trainieren. Dann werde ich im März mit drei Challenger auf Sand anfangen: Szekesfehervar, Zadar und Napoli."

Thiem peilt Rückkehr in die Top 50 an

Die aktuelle Nummer 90 der Welt will sich dort so schnell wie möglich im ATP-Ranking nach oben spielen. Für 2024 hat Thiem zumindest die Rückkehr in die Top 50 als Ziel ausgegeben.

Wenn ich 2024 wieder nur um die 100 beenden würde, müsste ich mir schon überlegen, ob sich das Ganze noch lohnt.

Thiem erwartet auf jeden Fall eine Steigerung von sich

"Wenn ich 2024 wieder nur um die 100 beenden würde, müsste ich mir schon überlegen, ob sich das Ganze noch lohnt", spricht Thiem selbst von einer "letzten Chance", die er sich mit dem neuen Trainer-Input geben wolle.

Grundsätzlich soll sich am System aber nichts ändern: "Es wird so sein, wie es vorher war. Wenn ich in Österreich bin, werde ich in Traiskirchen oder Oberpullendorf mit meinem Vater trainieren. Der Trainer wird dann mit mir auf die Turniere fahren. Vielleicht auch hin und wieder hier, aber das kommt darauf an, wer es schlussendlich wird und wie das Ganze anläuft."

Geht der Spaß verloren?

Klar ist jedenfalls, dass die Formkurve bald wieder deutlich nach oben zeigen soll. Beinahe zwei Jahre schon liegt sein Comeback nach seiner schweren Handgelenksverletzung zurück. Phasenweise ließ der ehemaligen Weltranglisten-Dritte sein altes Können aufblitzen, an seine großen Erfolge konnte der US-Open-Sieger von 2020 bislang aber nicht mehr anschließen.

Ob da nicht schön langsam auch der Spaß am Tennis verloren geht? "Spaß ist immer so eine Sache. Die Kitzbühel-Woche (Anm.: Final-Einzug) war zum Beispiel absolut sensationell. Auch das Match in Australien war ein geiler Fight vor einem sensationellen Publikum. Natürlich hat das Spaß gemacht. Aber die Ergebnisse müssen ganz klar besser werden. Es sind sonst zu viele Leerläufe dabei."

Zudem erschwere das schlechte Ranking das Leben auf der ATP-Tour. "Das Ranking-Ziel Top 50 habe ich auch deshalb, damit ich einfach mehr Planungssicherheit habe. Wenn ich so weit hinten stehe, ist es immer eine Zitterei, ob ich bei den Turnieren reinkomme oder nicht. Das ist alles mühsam. Deshalb will ich so schnell wie möglich weiter nach vorne. Denn irgendwann geht mir natürlich die Geduld aus."

"Es fehlen nur ein paar Prozente"

Den Grund für die fehlenden Erfolge sieht Thiem in einer Fülle an "Kleinigkeiten. Es gibt ein paar Teile in meinem Spiel, die einfach nicht zu 100 Prozent passen. Ich bin ein bisschen zu abhängig von meinem Aufschlag und fühle mich bei den Rallyes nicht mehr so wohl wie früher. Früher war es egal, gegen welchen Spieler ich gespielt habe – ich hatte immer das Gefühl, dass ich beim nächsten Ballwechsel als Sieger rausgehen werde. Es fehlen nur ein paar Prozente, aber genau um die geht es. Mit einem Schritt ins gewohnte Umfeld hoffe ich, dass ich die paar Prozente wieder kriege."

In erster Linie gehe es um das Spielerische, körperlich sei alles bestens. Das habe ihm auch die Fünf-Satz-Partie gegen Auger-Aliassime in Melbourne bestätigt. "Ich fühle mich genauso fit wie vor fünf Jahren. Auch die Werte passen. Ich habe in Australien auch fünf Stunden gespielt und mich dabei gut gefühlt.“

Er müsse aber einfach wieder diese gewisse "Selbstverständlichkeit" in sein Spiel zurückbekommen und sich "in den Rallyes wohlfühlen". Dafür benötige es freilich auch ein paar Siege. Kitzbühel sei im vergangenen Jahr schon "gut“ gewesen.

"Da ist auch danach einiges an Selbstverständlichkeit zurückgekommen. Auch in Amerika habe ich danach echt gut gespielt und ich war auch zufrieden mit meinem Spiel. Dann ist leider die Magengeschichte gekommen. Solche Wochen brauch ich", so Thiem, der aber auch die Siege in Kitzbühel in Relation setzen will.

"Ich hab dort zwar das Finale erreicht, trotzdem will ich besser spielen als in Kitzbühel, wo ich mich nur mit einem Fight über die ersten Runden drübergerettet habe. Sonst werde ich nachhaltig keinen Erfolg haben."

Nicht für Geld und Ruhm

Und darum gehe es in Thiem in erster Linie: "Ich will wieder so Tennis spielen, wie ich es kann. Das Maximum ausschöpfen." Wegen dem Geld betreibe Thiem, der in seiner Karriere alleine an Preisgeld über 30 Millionen Dollar erspielt hat, den aktuellen Aufwand mit Sicherheit nicht. "Das habe ich noch nie gemacht. Geld bedeutet mir nicht sehr viel und ist mir ziemlich egal."

Beweisen müsse sich Thiem ebenfalls nichts mehr. "Das Gefühl, nicht fertig zu sein, ist seit meinem US-Open-Titel weg. Wenn es morgen vorbei wäre, hätte ich dieses Gefühl nicht."

Sein einziges Ziel: "Ich will einfach noch einmal Matches haben, in denen ich richtig gutes Tennis spiele." Ein Wunsch, den ganz Tennis-Österreich mit ihm teilt.

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