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Warum Schwärzler kein zweiter Thiem werden wird

Der 18-jährige Vorarlberger wird seinen eigenen Weg gehen und selbst getretene Fußspuren hinterlassen. Ein Kommentar:

Warum Schwärzler kein zweiter Thiem werden wird Foto: © GEPA

Für etwas Unverständnis sorgte in der vergangenen Woche bei manchen Usern unsere Bilder-Strecke mit den aktuell im ATP-Ranking aufscheinenden Österreichern (DIASHOW: Diese ÖTV-Asse tummeln sich im ATP-Ranking>>>).

Da wir unsere Diashow mit dem Titel "Thiem-Nachfolge" versahen, stießen sich einige Leser an dem Umstand, dass wohl keiner der in der Weltrangliste aufscheinenden ÖTV-Akteure das Potenzial für eine ähnlich beeindruckende Karriere wie die ehemalige Nummer drei der Welt aus Lichtenwörth hat.

Diesbezüglich sei erwähnt, dass es in unserer Geschichte in erster Linie darum ging, angesichts des bevorstehenden Rücktritts von Dominic Thiem aufzuzeigen, welche rot-weiß-roten Tennis-Asse wir in Zukunft auf der ATP-Tour sehen und anfeuern werden können.

Es ging nicht darum, einen zweiten Dominic Thiem zu suchen. Denn diesen werden wir ebenso wenig bekommen, wie wir in der Vergangenheit einen zweiten Thomas Muster oder einen zweiten Jürgen Melzer bekommen haben.

Schwärzler wird kein zweiter Thiem

Auch ein Joel Schwärzler wird mit Sicherheit kein zweiter Thiem werden. Der 18-jährige Vorarlberger, der derzeit gerade bei den French Open im Junioren-Bewerb um seinen ersten Grand-Slam-Titel kämpft und mit seinem ersten Challenger-Titel in Skopje für ein großes Ausrufezeichen sorgte, gilt als Österreichs heißestes Eisen für zukünftige Erfolge auf der ATP-Tour.

Aber ganz egal, wie sich der Youngster in den kommenden Jahren entwickeln und was er erreichen wird: Er wird auch in Zukunft schlichtweg Joel Schwärzler sein und seinem Namen eine ganz eigene Note geben und seine eigenen Fußstapfen auf der Tour hinterlassen.

Er wird ein Spieler werden, über dessen Karriereverlauf wir einmal diskutieren werden und wir werden versuchen, ihn in der Liste bisheriger heimischer Tennis-Größen einzuordnen. Und wie schon in der Vergangenheit wird uns das nicht gelingen. Denn es ist so gut wie unmöglich, ein objektives Ranking der besten Österreicher aller Zeiten zu formen.

Jeder Spieler steht für sich alleine, feiert seine eigenen Erfolge, formt individuelle Fußstapfen, in die kein zweites Paar Füße hineinpassen wird. Ein objektiver Vergleich über mehrere Generationen ist vielleicht unterhaltsam, aber weder möglich noch sinnvoll.

Muster oder Thiem? Eine Frage ohne Antwort

Weder die Frage nach dem GOAT im Welttennis (Novak Djokovic, Rafael Nadal oder doch Roger Federer?), noch die Frage nach dem besten ÖTV-Ass wird jemals beantwortet werden können. Thomas Muster oder Dominic Thiem? Für beide Spieler gibt es gute Argumente.

Thomas Muster ist eine Tennis-Legende - ein Vergleich mit Thiem ist aber schwierig
Foto: © GEPA

Muster kann deutlich mehr Turniersiege vorweisen (44:17) und der Steirer führte kurzzeitig sogar die Weltrangliste an, während Thiem "nur" auf Rang drei vorstoßen konnte. Freilich gelang Muster dies gerade in einer Periode, in der es keine unumstrittenen Top-Spieler gab (längere Schwächephase von Pete Sampras, nachdem sein Coach Tim Gullikson überraschend an einem Hirn-Tumor verstarb) und er stand auch nur ein einziges Mal in einem Grand-Slam-Finale, das er eben 1995 in Roland für sich entscheiden konnte.

Thiem hatte in den sechs Jahren seiner Top-10-Zugehörigkeit hingegen immer gegen die legendären "Big Three" (Djokovic, Nadal, Federer) kämpfen müssen – eine Ära, die es im Welttennis wahrscheinlich nie wieder in dieser Form geben wird. Viele hochtalentierte Spieler wie ein Tomas Berdych, David Ferrer, Kei Nishikori oder Grigor Dimitrov – um nur ein paar zu nennen – scheiterten in dieser Zeit am großen Grand-Slam-Traum.

Thiem schaffte es in dieser Ära hingegen nicht nur in vier Grand-Slam- und zwei ATP-Finals-Endspiele, er gewann sogar als einer von nur einer Handvoll Spieler in dieser Ära ein Major-Event (US Open 2020). Ein kleiner Vergleich: Von 1980 bis zum Jahr 2000 gewannen 25 verschiedene Herren ein Grand-Slam-Turnier. Von 2003 bis 2023 hingegen nur elf – darunter eben Dominic Thiem.

Wer angesichts dieser eindeutigen Zahlen meint, dass nun eigentlich nur Thiem der beste ÖTV-Spieler aller Zeiten sein kann, sei allerdings darauf hingewiesen, dass die Belagsunterschiede in den 90ern deutlich größer waren, als es heutzutage der Fall ist bzw. es in den letzten 20 Jahren der Fall war.

Thiem-Nachfolge: Diese ÖTV-Asse tummeln sich im ATP-Ranking

Das Spiel auf Hartplatz und Rasen unterscheidet sich nur mehr in Nuancen zu jenem auf Sand – was für den damaligen Sandplatz-König Thomas Muster wohl einen erheblichen Unterschied ausgemacht hätte und heimische Tennis-Fans zum Träumen bezüglich möglicher Erfolge des Steirers auf anderen Plätzen dieser Erde, die nicht aus roter Asche bestehen, einlädt.

Spannende Zukunft für Rot-Weiß-Rot

Doch verweilen wir nicht in der Vergangenheit, sondern blicken wir in die Zukunft bzw. noch viel besser: Verfolgen wir gespannt die Gegenwart, wie sich die Karriere von Joel Schwärzler und seinen Landsleuten weiter entwickeln wird. Denn bei allem Hype um den Vorarlberger sollten wir nicht vergessen zu erwähnen, dass der junge Mann aus dem Ländle zum Glück nicht der rot-weiß-rote Alleinunterhalter sein wird.

Sebastian Ofner hat gerade erst in Roland Garros aufgezeigt, dass er sein kleines Formtief überwunden zu haben scheint. Zudem stehen mit Jurij Rodionov oder Lukas Neumayer durchaus noch weitere ÖTV-Asse bereit, um sich in Zukunft auch bei den großen ATP-Turnieren tiefer ins Feld hineinzuspielen.

Wir freuen uns auf jeden Fall schon darauf, die Spieler auf diesem Weg begleiten zu dürfen und euch über deren Karriere-Verläufe auf dem Laufenden halten zu können.

Die schönsten Momente in der Karriere von Dominic Thiem

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