Wie befürchtet hat es kein österreichischer Einzel-Spieler in die zweite Runde der Australian Open geschafft.
Mit Julia Grabher zog die einzige ÖTV-Spielerin gleich zum Auftakt gegen die Chinesin Wang Xiyu mit 1:6, 5:7 den Kürzeren – womit am Ende nicht einmal ein Satzgewinn in einem Single-Bewerb zu Buche steht.
Ein einmaliger Ausrutscher - oder drohen uns nach dem frühen Karriereende von Dominic Thiem und den verletzungsbedingten Rückschlägen von Sebastian Ofner, Grabher und Sinja Kraus in Zukunft ähnliche Grand-Slam-Bilanzen? Für einen fixen Platz im Hauptfeld eines Majors sollte es normalerweise zumindest einen Platz in den Top 100 benötigen.
Wir haben uns umgesehen und geben einen kleinen Überblick über Österreichs derzeit beste Einzel-Spieler (im Doppel ist der ÖTV in Melbourne schließlich noch mit Alex Erler und Lucas Miedler vertreten) bzw. versuchen einen Ausblick in die Zukunft zu geben.
Leichter Spoiler: In den Top 100 findet sich derzeit kein österreichischer Akteur - weder bei den Männern noch bei den Frauen.
Trotzdem gibt es keinen Grund dazu, alles schwarz zu sehen und in Selbstmitleid zu versinken. Einige Akteure geben durchaus Anlass zur Hoffnung auf eine erfolgreichere rot-weiß-rote Tennis-Zukunft.
Sebastian Ofner (ATP 115)
Sebastian Ofner hat sich nach der schweren Handgelenksverletzung von Dominic Thiem, die in dessen vorzeitigem Karriereende mündete, in den letzten Jahren zum derzeit besten österreichischen Tennisspieler etabliert. Dank starker Ergebnisse kletterte er Anfang des letzten Jahres sogar erstmals in die Top 40 bis auf Position 37 im ATP-Ranking.
Besonders beeindruckend war seine Leistung bei den French Open 2023, bei denen er bis ins Achtelfinale kam. 2024 lief allerdings nicht nach Wunsch für den vor allem aufgrund seiner Vorhand gefürchteten Steirer.
Obwohl er sich bereits im Jahr 2021 einer Operation unterzog, plagten ihn im Saisonverlauf immer schmerzhaftere Fersenprobleme. Nach dem Sommer zog Ofner die Konsequenzen und legte sich im September erneut unters Messer – diesmal an beiden Beinen und mit hoffentlich langfristiger Erfolgsquote. Derzeit arbeitet der 28-Jährige noch an seinem Comeback, im März will er wieder auf die Tour zurückkehren – zunächst allerdings auf Challenger-Ebene.
"Die Masters-Turniere in Amerika, das wär ein bisserl zu optimistisch", gab Ofner kürzlich gegenüber der APA eine Absage bezüglich möglicher Einsätze in Indian Wells oder Miami. Sein Protected Ranking wird er deshalb wahrscheinlich erst bei den Sandplatz-1000ern in Madrid oder Rom nehmen, wenn nicht sogar erst bei den French Open in Paris. Nach einer halbjährigen Verletzungspause wird es wohl noch etwas dauern, bis Ofner zurück in alte Ranking-Gefilde finden wird. Für 2025 peilt er eine Rückkehr in die Top 100 an. "Das wird schwierig genug", gibt sich Ofner nach seiner langen Auszeit keinen Illusionen hin.
Jurij Rodionov (ATP 162)
Wie schwer es ist, in die Top 100 zu kommen, weiß auch Jurij Rodionov. Im Februar des vergangenen Jahres stand der 24-jährige Niederösterreicher auf Rang 87 des ATP-Rankings.
Aktuell ist er als Nummer 162 von diesem auserlesenen Kreis wieder deutlich entfernt. Highlights waren im Jahr 2024 rar. In diese Saison startete Rodionov mit einem Halbfinal-Einzug beim Challenger-Turnier in Noumea zwar durchaus nach Wunsch, dafür setzte es in der Qualifikation für die Australian Open gleich in Runde eins das Aus.
Bevor es in der Weltrangliste wieder nach vorne gehen könnte, droht dem Niederösterreicher zudem zumindest kurzfristig noch ein kleiner Rückfall. Ende Jänner hat er aufgrund seines Challenger-Turniersiegs in Koblenz im Vorjahr 100 seiner 352 Weltranglisten-Punkte zu verteidigen. Dadurch ist sogar ein Fall aus den Top 200 nicht gerade unwahrscheinlich.
Diese 20 Österreicher knackten die Top 100 des ATP-Rankings
Lukas Neumayer (ATP 221)
Lukas Neumayer gilt als einer der Hoffnungsträger für die Zukunft des österreichischen Tennis. Zwar werden dem 22-jährigen Salzburger von einigen Experten immer wieder die fehlenden Waffen bemängelt, dafür überzeugt der Youngster schon seit Jahren mit seinem Willen und Trainings-Einsatz.
Diese Eigenschaften haben ihn im ATP-Ranking immerhin nahe an die Top 200 gebracht. Im Vorjahr gelang Neumayer, der schon seit einigen Jahren bei Günter Bresnik in der Südstadt trainiert, immerhin die Etablierung in den Top 300 und der eine oder andere Achtungserfolg auf Challenger-Ebene. So schaffte es Neumayer heuer unter anderem beim Challenger-Turnier in Tulln an der Donau ins Endspiel, wo er mit Jan Choinski einem Stallkollegen unterlag. Der Brite trainiert ebenfalls bei Bresnik.
Im Jahr 2025 hofft Neumayer auf den ersten Challenger-Titel, zudem soll es im Ranking weiter nach oben gehen. Die Ausgangsposition dafür ist im ersten Halbjahr gut. Nur 68 seiner insgesamt 262 Weltranglistenpunkte hat Neumayer bis Juli zu verteidigen. Gelingt ihm eine ähnliche Performance wie im zweiten Halbjahr 2024, würde der Salzburger wahrscheinlich den Sprung in die Top 150 schaffen. Dafür wird er wohl aber auch seine Performance auf Hartplatz verbessern müssen. In der Qualifikation für die Australian Open schaffte er es immerhin in die zweite Runde.
Filip Misolic (ATP 312)
Mit dem Spiel auf schnellen Hardcourts hat auch Filip Misolic noch so seine Probleme. Im Jahr 2022 sorgte der Steirer mit seinem sensationellen Final-Einzug beim Generali Open in Kitzbühel für Furore, die dadurch entstandenen hohen Erwartungen konnte er im Anschluss bislang aber leider nicht erfüllen.
Nach einem durchwachsenen letzten Jahr ist Misolic aktuell nur auf Position 312 des ATP-Rankings zu finden, womit er derzeit nicht einmal in den Grand-Slam-Qualifikationsbewerben sein Glück versuchen kann. 2025 soll es trotzdem wieder nach oben gehen. Der Grazer krempelte in den vergangenen Monaten sein Trainerteam um.
Nach der Trennung von Langzeit-Coach Ante Andric und einem Intermezzo mit dem kroatischen Davis-Cup-Kapitän Lovro Zovko trainiert er nun unter dem nur ein Jahr älteren Österreicher Luka Mrsic. Seine Saisonvorbereitung absolvierte Misolic unter Günter Bresnik auf Teneriffa an der Seite von Lukas Neumayer und Dennis Novak. Der Weg zurück nach oben wird für die ehemalige Nummer 126 der Welt kein leichter sein. Zum Saisonstart setzte es bei einem Challenger-Turnier in Nottingham schon das Aus im Achtelfinale – gegen die Nummer 416 der Welt.
Joel Schwärzler (ATP 330)
Keine Frage: Der 18-jährige Vorarlberger ist aktuell die größte rot-weiß-rote Hoffnung. Das wissen nicht nur alle Experten und Fans, sondern auch Joel Schwärzler selbst. Mit dieser hohen Erwartungshaltung umzugehen, wird neben der spielerischen und körperlichen Weiterentwicklung eine der größten Aufgaben des talentierten Mannes aus dem Ländle sein.
Im Herbst gab Schwärzler nach dreijähriger Zusammenarbeit die Trennung vom ÖTV und Coach Jürgen Melzer bekannt. Mit dem Spanier Juan Ozon-Lacer hofft er, die nächsten Schritte nach oben gehen zu können.
Ozon-Lacer kam auf Empfehlung von Manager Galo Blanco. Er hatte unter anderem schon den Chilenen Nicolas Jarry unter seinen Fittichen. Der Saisonstart ist geglückt: Beim Challenger-Turnier in Buenos Aires steht Schwärzler in dieser Woche vorläufig einmal im Achtelfinale.
Sandro Kopp (ATP 331)
Der 24-jährige Tiroler etablierte sich in den vergangenen beiden Jahren in den Top 400. Der Schützling von Hakan Dahlbo fährt auf Challenger-Ebene durchaus regelmäßig den einen oder anderen Achtungserfolg ein. Es fehlt allerdings noch die Konstanz, um einen größeren Sprung im ATP-Ranking zu schaffen.
Dennis Novak (ATP 351)
Der ehemalige Top-100-Spieler ist von seinem Career High mittlerweile weit entfernt und nur mehr auf Position 351 des ATP-Rankings zu finden. Im Vorjahr schaffte es der 31-jährige Wahl-Klosterneuburger auf Challenger-Ebene nur einmal über das Viertelfinale hinaus. Sollte es in diesem Jahr nicht besser für den zweifachen Familien-Vater laufen, wird sich die Zeit des ehemaligen Thiem-Trainings-Partners auf der ATP-Tour wohl schön langsam ebenfalls dem Ende zuneigen.
Nico Hipfl (ATP 1.180) und Thilo Bermann
Der 18-jährige Nico Hipfl gewann heuer die Spring Bowl in St. Pölten und schaffte es heuer in die Top 80 Junioren-Weltrangliste. Im ATP-Ranking ist er derzeit auf Platz 1.180 zu finden. Neben Onkel Markus Hipfl, der selbst einmal bis auf Rang 63 im ATP-Ranking kletterte und Vater Werner, die Trainer des Teenagers, kümmert sich Djokovic-Konditionstrainer Gebhard Gritsch um die Fitness des Youngsters.
Gemeinsam mit dem 16-jährigen Thilo Bermann, der in der Burgenland-Akademie unter Wolfgang Thiem trainiert, ist Hipfl einer der hoffnungsvollsten Jugend-Spieler in Österreich. Auch wenn beiden noch ein langer Weg bevorsteht, sollte man das Duo auf der Rechnung haben.
Sinja Kraus (WTA 211)
Die 22-jährige Wienerin rangiert als derzeit beste österreichische Tennis-Spielerin aktuell auf Platz 211 der WTA-Weltrangliste. Im Mai 2024 musste sich Kraus einer Operation am linken Handgelenk unterziehen. Bei ihr war im Gegensatz zu Thiem und Grabher aber nur ein kleiner Eingriff vonnöten. Dementsprechend schnell fand die ehemalige Weltranglisten-151. auch wieder in die Spur.
So konnte Kraus erstmals drei ITF-Turniere in einer Saison gewinnen – unter anderem das ITF-W-50-Event in Meerbusch. Zudem überzeugte sie beim Billie-Jean-King-Cup gegen die Ukraine, als sie beide Einzel für sich entscheiden und Österreich beinahe zu einem Überraschungssieg führen konnte.
Ihre Trainingsheimat ist weiterhin in Ludwigshafen, wo sie unter dem ehemaligen ATP-Profi Denis Gremelmayr trainiert. Mit dem Deutschen will sie mittelfristig den Sprung unter die Top 100 schaffen. "Dafür wäre es ganz wichtig, verletzungsfrei zu bleiben", weiß die Wienerin, die sich vor allem darauf freut, in ihrer Lieblingszeit, der Sandplatz-Saison, durchzustarten – denn genau diese verpasste sie 2024 wegen ihrer Handgelenksverletzung.
Tamira Paszek (WTA 369)
Die 34-jährige Vorarlbergerin ist ein Urgestein im österreichischen Tennis. Mehr als zwei Jahrzehnte vertritt sie bereits Österreichs Farben auf der WTA Tour. Und obwohl sie aktuell "nur" die Nummer 369 im WTA-Ranking ist, scheint sie soviel Freude am Tennis zu verspüren wie selten zuvor.
Die ehemalige Weltranglisten-26., die immerhin drei WTA-Titel in ihrer Karriere einsacken konnte und zudem zwei Mal im Viertelfinale von Wimbledon stand, bringt regelmäßig ihre Leistungen auf ITF-Turnieren. Nach oben hin wird aber voraussichtlich nicht mehr viel drin ist. Im ganzen Jahr 2024 konnte Paszek keine einzige Top-200-Spielerin schlagen.
Julia Grabher (WTA 415)
Die 27-jährige Vorarlbergerin war noch vor Kurzem Österreichs Nummer eins und kratzte im Juni 2023 als Nummer 54 am erstmaligen Sprung in die Top 50 der Welt. Dann warf sie allerdings eine Handgelenksverletzung aus der Bahn. Seit dem vergangenen März befindet sie sich auf dem mühsamen Weg zurück.
Im Herbst fuhr sie nach einer Reihe an Auftaktniederlagen endlich wieder erste Erfolge ein. So gewann sie das ITF-W35-Turnier in Santa Margherita. Zum Saisonauftakt feierte sie beim WTA-250 in Auckland auch endlich wieder einen Sieg auf der WTA-Tour, ehe gegen Naomi Osaka Endstation war.
Bei den Australian Open 2025 vertrat der Schützling von Günter Bresnik als einzige Österreicherin die Landesfarben im Einzelbewerb. In der ersten Runde traf sie auf die Chinesin Wang Xiyu und musste sich mit 1:6, 5:7 geschlagen geben.
Grabher war nach der Partie alles andere als zufrieden mit ihrer Vorstellung und ärgerte sich, dass sie ihre Trainingsleistungen nicht ins Match brachte. Noch vier Mal kann sie bis Ende März ihr Protected Ranking einsetzen. Daher werde sie bis dahin mindestens vier größere Turniere spielen. Sollte bis dahin kein größerer Sprung im WTA-Ranking gelingen, wird sie wieder bei kleineren Events ihr Glück versuchen müssen.
Tamara Kostic (WTA 532)
Erst 18 Jahre alt ist Tamara Kostic, die sich im vergangenen Jahr erstmals in die Top 500 des WTA Rankings nach vorne gespielt hat. Derzeit ist sie zwar nur mehr die Nummer 532 der Welt, die Wienerin bestritt in der zweiten Jahreshälfte aber nur wenige Turniere.
Arabella Koller (WTA 599)
Kontinuierlich spielte sich die 24-jährige Arabella Koller in den letzten Jahren im WTA-Ranking nach oben. Obwohl die Salzburgerin fast ausschließlich bei ITF-Turnieren in Tunesien unterwegs war (ein Turniersieg!), schaffte sie es heuer erstmals in die Top 600 der Welt. Setzt Koller ihren Aufwärtstrend fort, könnte es in den kommenden Jahren durchaus noch etwas weiter nach oben gehen.
Lilli Tagger (WTA 770)
Schon seit einiger Zeit haben Tennis-Insider die erst 16-jährige Lilli Tagger in ihren Notizbüchern notiert. Und bei ihren ersten zarten Versuchen auf der Tour wurde die junge Lienzerin den Erwartungen mehr als gerecht. Das in Mailand von Ex-French-Open-Gewinnerin Francesca Schiavone trainierte ÖTV-Toptalent beeindruckte 2024 zunächst bei einigen ITF-Turnieren, wo sie unter anderem die aktuelle Nummer 221 der Welt schlug.
Im Dezember bestritt sie in Limoges ihr erstes WTA-125-Turnier. Und prompt feierte Tagger den ersten Sieg: Der Youngster schlug mit Victoria Jimenez Kasintseva aus Andorra die Nummer 154 der Welt in drei Sätzen. Nicht schlecht für einen 16-jährigen Teenager, der eigentlich erst langsam auf der Junioren-Tour seine Schritte machen sollte.
Natürlich steht Tagger noch ein langer und weiter Weg in die Weltspitze bevor, die Voraussetzungen dafür sind allerdings schon sehr vielversprechend. Mit der erst 14-jährigen Tirolerin Anna Pircher gibt es übrigens ein weiteres noch jüngeres Top-Talent im rot-weiß-roten Frauen-Tennis.