Der Davis Cup kehrt im Jahr 2025 zurück zu alten Tugenden.
Nachdem der in den vergangenen Jahren praktizierte Turnier-Modus im Stile einer Fußball-Weltmeisterschaft nicht wie erwartet Anklang bei den Fans gefunden hat, geht es nun wieder ein bisschen zurück zu den Wurzeln.
In zwei Qualifikationsrunden (31. Jänner bis 2. Februar bzw. 12. bis 14. September) werden sieben Finalisten für das Final 8 in Bologna ermittelt (18. bis 23. November). Gemeinsam mit Gastgeber Italien, der dafür eine Wild Card erhält, wird dann ab dem Viertelfinale in einem klassischen K.O.-System der künftige Davis-Cup-Gewinner ermittelt.
Melzer schätzt die Chancen auf 50:50
Auch Österreich gehört zu den 26 Nationen, die sich in der kommenden Woche in der ersten Qualifikation-Runde versuchen werden und darauf hoffen dürfen, am Jahresende zu den acht auserkorenen Finalisten zu gehören. Dafür müssen allerdings zwei Siege her.
In Schwechat bekommt es die Truppe von ÖTV-Davis-Cup-Kapitän Jürgen Melzer in der kommenden Woche auf Sand zum Auftakt mit Finnland zu tun. "Es ist eine 50:50-Partie", erwartet der 43-jährige Niederösterreicher im LAOLA1-Gespräch ein ausgeglichenes Kräftemessen mit den Mannen aus dem kühlen Norden.
Gute Erinnerungen an Finnland
Geht es nach der Statistik, sollte Österreich eigentlich klarer Favorit sein: Alle bisherigen sechs Davis-Cup-Duelle mit den Finnen konnte Rot-Weiß-Rot gewinnen. Neben einigen Duellen aus Zeiten der Altvorderen gab es auch bereits zwei Aufeinandertreffen in diesem Jahrtausend – bei beiden war Melzer als Spieler mit dabei.
2003 kam es in St. Anton sogar zum direkten Aufeinandertreffen von Melzer mit dem heutigen finnischen Davis-Cup-Kapitän Jarkko Nieminen. "Das habe ich damals leider im fünften Satz knapp verloren. Dafür habe ich dann am Ende den entscheidenden Punkt zum 3:2-Sieg geholt", kann sich Österreichs ehemalige Nummer acht noch gut an das damalige Duell erinnern.
Als Doppel-Spieler war Melzer auch 2019 beim damaligen 3:2-Sieg in Finnland mit von der Partie. "Da hat Dennis Novak das 3:2 gemacht. Die Erinnerungen an Finnland sind also ziemlich gut", hofft Melzer auf eine Fortsetzung der rot-weiß-roten Erfolgsserie.
Beide Teams nicht in Bestbesetzung
Beide Länder können nicht auf ihre stärkste Formation zurückgreifen. Das ÖTV-Team muss auf Sebastian Ofner verzichten, der nach seinen Fersen-Operationen im September aktuell noch an seinem für den März geplanten Comeback arbeitet. Bei Finnland fällt Emil Ruusuvuori (ATP 131) aus.
Dadurch können die Nordländer mit Otto Virtanen (ATP 93) zwar den bestgerankten Spieler in Schwechat aufbieten, dessen Teamkollegen Eero Vasa (ATP 604) und der erst 17-jährige Oskari Paldanius (ATP 1594) fallen im Vergleich aber doch etwas ab. Die Doppel-Spezialisten Harri Heliovaara (amtierender Wimbledon-Sieger!) und Patrik Niklas-Salminen sind im ATP-Einzel-Ranking gar nicht vertreten.
Für Österreich treten Jurij Rodionov (ATP 162), Lukas Neumayer (ATP 221), Filip Misolic (ATP 312) sowie das bewährte Doppel-Duo Lucas Miedler/Alexander Erler an. "Dadurch, dass Ruusuvuori nicht nominiert ist, ist der zweite Einzelspieler mit einem ATP-Ranking von maximal 600 definitiv schlagbar für uns", so Melzer, der es durchaus für möglich hält, dass die Entscheidung im Doppel fallen könnte.
"Sie haben natürlich immer noch den Virtanen, der in den ersten 100 steht und unseren Spielern gegenüber zu favorisieren ist. Das Doppel könnte dann entscheidend sein – oder wir schlagen einmal den Virtanen. Im Endeffekt sehe ich es als eine absolut ausgeglichene Partie und hoffe auf den besseren Ausgang für uns", macht sich Melzer auf ein spannendes Davis-Cup-Wochenende bereit.
Durchwachsene ÖTV-Starts ins neue Tennis-Jahr
Die Formkurve der heimischen Tennis-Asse zeigt aktuell zwar nicht unbedingt steil nach oben, Melzer sieht aber durchaus einige positive Tendenzen. "Luci (Anm.: Miedler mit Doppel-Partner Santiago Gonzalez) hat in Hongkong und Melbourne jeweils eine Runde gewinnen können. Er ist definitiv passabel in Form, ist gut ins Jahr gestartet und hat bereits Matches gewonnen."
Rodionov stand zu Jahresbeginn im Halbfinale des Challenger-Turniers von Noumea, scheiterte dann aber in der ersten Qualifikationsrunde für die Australian Open.
"In Australien hat Jurij dann leider nicht das erreicht, was er sich vorgestellt hat. Aber auch er hat heuer schon Match-Siege gefeiert." Neumayer kann ebenfalls ein Challenger-Viertelfinale vorweisen und einen starken Quali-Erstrunden-Sieg in Melbourne. "Nur Misolic und Erler kommen ohne Sieg. Aber eine DC-Woche ist immer auch dazu da, um den Leuten Selbstvertrauen zu geben und den Teamgedanken in den Vordergrund zu stellen."
Das größte Ass im ÖTV-Ärmel sei vermutlich das Doppel: "Erler/Miedler sind in der Vergangenheit immer ihren Mann gestanden. Was nicht heißt, dass sie immer automatisch gewinnen. Aber wenn die beiden auf dem Platz stehen, habe ich automatisch immer ein gutes Gefühl", blickt Melzer mit Zuversicht auf das wie eingangs schon erwähnte möglicherweise entscheidende Doppel.
Schwärzler war kein Thema
Kein Thema für den Davis-Cup-Kader war übrigens Ex-ÖTV- und Melzer- Schützling Joel Schwärzler, der aktuell in Südamerika mit seinem neuen spanischen Trainer Juan Ozón-Llácer bei Challenger-Turnieren auf Punktejagd geht.
Der Kontakt mit Melzer, der ihn drei Jahre lang als Chef-Trainer betreute, bestehe aber weiterhin: "Wir hören uns immer wieder mal und ich bin auch mit seinem Trainer in Kontakt. Zu Saisonbeginn sind wir auch seinen Turnierplan gemeinsam durchgegangen – auch bezüglich des Davis Cups."
Auch aufgrund seiner Südamerika-Reise sei dieser diesmal aber kein Thema gewesen. "Wir hören uns natürlich nicht mehr jeden Tag und ich bin auch nicht mehr zuständig für ihn, aber ich erkundige mich als Sportdirektor und Davis-Cup-Kapitän natürlich nach ihm wegen meinem Kader, für den ich verantwortlich bin. Deshalb stehe ich natürlich auch mit ihm in Kontakt."
Gut möglich also, dass der bald 19-jährige Vorarlberger im Falle eines Sieges über Finnland bei einer dementsprechenden Weiterentwicklung seiner Spielstärke also im September ins ÖTV-Team zurückkehren könnte. In der zweiten Qualifikationsrunde würde es gegen Kanada oder in Ungarn um ein Ticket für das Finalturnier in Bologna gehen.
Tickets für den Davis Cup
Vorerst gilt aber die ganze Konzentration den Finnen in der kommenden Woche. Am Freitag, 31. Jänner, stehen ab 15 Uhr die ersten beiden Einzel auf dem Programm. Am Samstag beginnt das Doppel um 12 Uhr, ehe im Anschluss die abschließenden Einzel gespielt werden (live auf Tennis Channel, ORF Sport+ und ÖTV TV).
Tickets für den Länderkampf sind bei Ö-Ticket online erhältlich und kosten 38,- Euro pro Tag, für Lizenzkartenspieler:innen und NÖ-Card-Besitzer:innen 30,- Euro pro Tag, für Kinder bis 14 Jahre 19,- Euro pro Tag. Zweitages-Karten sind zum Vollpreis von 70,- Euro erhältlich, für Kinder bis 14 Jahre um 32,- Euro.