Erleichtert und glücklich zeigte sich Österreichs Davis-Cup-Doppel Alex Erler/Lucas Miedler nach dem denkwürdigen Drei-Satz-Sieg über Kaukovalta/Niklas-Salminen
Nach 2:54 Stunden setzte sich das ÖTV mit 4:6, 7:6 (7), 7:6 (6) durch und holte damit den entscheidenden Siegpunkt zum 3:0 über Finnland.
"Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal ein so langes Doppel-Match gespielt zu haben", lachte Erler nach der Partie.
Nicht nur die Spielzeit, sondern vor allem der Matchverlauf werden den beiden Doppel-Spezialisten noch lange in Erinnerung bleiben.
Unglaubliche Aufholjagd im Entscheidungs-Tiebreak
Im zweiten Satz wehrten die Österreicher im Tiebreak einen Matchball ab, im Entscheidungs-Satz lagen die beiden im Tiebreak schon 0:5 zurück, ehe sie mit sechs Punkten in Folge den Spieß noch umdrehen konnte.
Ähnliche Stehaufmanderl-Qualitäten bewiesen Erler/Miedler bereits im vergangenen Jahr bei ihrem Heimsieg bei den Erste Bank Open in der Wiener Stadthalle.
"Man denkt schon an solche Aufholjagden zurück wie zuletzt in Wien. Im Match bleibt aber wenig Zeit für etwas anderes", meinte Erler.
Miedler: "Ein bisschen Glück ist bei so etwas natürlich dabei, ein 0:5 schaut nicht gut aus. Wenn du deine zwei Service-Punkte bei so einem Spielstand machst und auf 2:5 verkürzt, hilft es natürlich. Trotzdem war es natürlich ein Wahnsinn."
Finnen überraschten mit vollem Risiko
Erler/Miedler gingen zwar als Favoriten in die Partie, die Finnen ließen sich davon aber wenig beeindrucken und überraschten mit einem extrem risikoreichen Spiel. Auch beim zweiten Aufschlag zogen die Nordmänner meistens voll durch.
Im Tiebreak des Entscheidungs-Satzes servierte Niklas-Salminen zwei Asse beim zweiten Aufschlag in Folge. "Unglaublich war das", kommentierte Erler diese Spielsituation.
Im ersten Satz ging das Konzept der Finnen voll auf. Danach versuchten die Österreicher unter der Führung ÖTV-Kapitän Jürgen Melzer eine taktische Änderung.
"Wir wollten ihnen eine bisschen andere Aufgabenstellung geben, damit sie zum Denken anfangen. Deshalb haben wir mehr von hinten gespielt. Wir haben etwas verändern müssen", so Miedler.
Der Plan ging schlussendlich knapp, aber verdient auf.
"Hut ab vor Alex und Luci", lobte auch ÖTV-Kapitän Jürgen Melzer seine Schützlinge. "Sie haben sich über den Kampf reingebracht und sind immer dabei geblieben- das machen gute Doppel. Das du ein 0:5 drehst, da gehört natürlich auch Glück dazu. Sie waren aber auch dem Break im dritten näher als die anderen."
Wie schon in den beiden Freitags-Einzeln hatte das ÖTV-Team im Entscheidungs-Satz das bessere Ende für sich.
Das ÖTV-Team und die Gummibärenbande
Den Ausschlag könnte der gute Mannschaftsgeist innerhalb des österreichischen Teams gegeben haben. Immer wieder betonen alle Spieler, dass sie sich im Davis-Cup-Team extrem wohl fühlen würden. Jeder stehe laut Miedler hinter jedem.
"Bei engen Matches macht das sicher etwas aus. Man wird es nicht messen können. Ich persönlich glaub aber dran, dass es einen Unterschied ausmachen kann, wenn jeder hinter jedem steht."
Die gute Laune im ÖTV-Team spiegelte sich auch in der Einmarschmusik der rot-weiß-roten Mannschaft wieder. Anstelle einer dramatischen oder patriotischen Variante ertönte bei den Österreichern die Titelmelodie der Gummibärenbande – eine Zeichentrickserie aus den 80ern.
Lukas Neumayer verwies schon am Freitag schmunzelnd auf Lucas Miedler als Ideengeber. "'I am from Austria' spielen sie eh die ganze Zeit", erklärte sich der Niederösterreicher.
"Ich wollte irgendwas Deutsches haben. Ich probier' es mit diesem Vorschlag eh schon seit zwei, drei Jahren. Jetzt haben sie es endlich gespielt. Und weil wir so erfolgreich waren, werden wir es wohl beim nächsten Mal wieder hören", machte sich für Miedler auch abseits des Platzes seine Hartnäckigkeit bezahlt.
"Wir sind die Gummibärenbande. Der Saft bringt die Kraft", erinnerte Miedler an den Gummibärensaft der TV-Serie, der die Protagonisten immer wieder aus der Bredouille rettete.
Chance auf das große Final-Turnier lebt
Auch wenn Gummibären im echten Leben wahrscheinlich nur selten den entscheidenden Ausschlag geben: "Wir haben uns als Team diesen Erfolg verdient, wir haben immer eine gute Stimmung in der Mannschaft. Wir haben die Chance echt genutzt – darauf können wir stolz sein", sagte Miedler über den erfolgreichen Aufstieg in die zweite Qualifikationsrunde.
In dieser geht es im September um die Qualifikation für das große Final-Turnier der besten acht Mannschaften in Bologna. Gastgeber Italien ist fix dabei, die restlichen sieben Teilnehmer werden von 14 Mannschaften in der zweiten Quali-Runde ermittelt.
Ungarn oder Kanada
Österreich bekommt es entweder daheim mit Kanada oder auswärts mit Ungarn zu tun. Die Nordamerikaner wären mit Spielern wie Denis Shapovalov und Felix-Auger Aliassime in der Bestbesetzung sicherlich ein harter Brocken.
Aber auch Ungarn ist mit Fabian Maroszan und Marton Fucsovics keine leichte Aufgabe. Die Partie startet Samstag Nacht in Kanada.
In Schwechat sorgte am Ende übrigens Filip Misolic noch für den perfekten Abschluss dieses Davis-Cup-Länderkampfes: Im bedeutungslosen letzten Einzel siegte der Steirer 6:4, 6:0 gegen den Finnen Eero Vasa – womit am Ende ein klares 4:0 für Österreich stand - untermalt vom Gummibären-Titellied.