Österreichs Tennis-Asse kämpfen in dieser Woche in Seoul gegen Gastgeber Südkorea um die erneute Qualifikation für das große Davis-Cup-Finalturnier im September (Freitag und Samstag täglich ab 3 Uhr MEZ exklusiv im im Stream auf LAOLA1.at oder im linearen TV-Programm von LAOLA1).
Erstmals agiert bei diesem Länderkampf Jürgen Melzer als Kapitän des ÖTV-Teams. Mit 38 absolvierten Davis-Cup-Wochenenden ist der 40-jährige Niederösterreicher der rot-weiß-rote Rekordspieler in diesem Bewerb.
"Es war schon immer etwas Besonders für mich, für mein Land zu spielen und genauso ist es jetzt, die Mannschaft anzuführen", fiebert Melzer im LAOLA1-Interview seiner Premiere am Freitag entgegen.
Südkorea bietet mit dem Weltranglisten-65. Soonwoo Kwon den klar besten Spieler an diesem Wochenende auf, die Chancen auf einen Erfolg sieht Melzer aber trotzdem gegeben. "Kwon ist sicher der stärkste Spieler an diesem Wochenende und in seinen beiden Einzelspielen auch zu favorisieren. Das Schöne am Davis Cup ist aber auch, dass er alleine nicht gewinnen kann. Geht man nach der Papierform, könnten wir es uns sogar leisten, dass wir die beiden Einzel gegen Kwon verlieren – das würde sich auch ausgehen."
Zudem erklärt Melzer, was ihm in seiner neuen Funktion als Davis-Cup-Kapitän besonders wichtig ist, wieso er sich für die beiden Debütanten Miedler/Erler entschied und warum es so wichtig ist, dass der Länderkampf auf LAOLA1 zu sehen ist.
LAOLA1: Du stehst vor deinem ersten Davis-Cup-Länderkampf als ÖTV-Kapitän. Der Davis Cup hatte für dich in deiner Karriere immer schon einen extrem hohen Stellenwert. Wie fühlst du dich vor deiner Premiere?
Jürgen Melzer: Es war schon immer etwas Besonders für mich, für mein Land zu spielen und genauso ist es jetzt, die Mannschaft anzuführen. Ich habe mich gut darauf vorbereitet und gemeinsam mit Tamara Schandl (Anm.: ÖTV-Sportsekretärin) das Organisatorische auf die Beine gestellt. Das war natürlich neu für mich, da ich in dieser Position natürlich noch nie in diese Abwicklungen involviert war.
LAOLA1: Gibt es irgendetwas worüber du überrascht warst, was da in deiner neuen Position auf dich zukommt?
Melzer: Der ganze Ablauf mit Einreisebestimmungen, Hotel und Trainingszeiten war für mich schon neu, aber auch interessant. Man muss sich halt für sein Team einsetzen, sonst bist du überall Zweiter und hast die Sachen nicht so, wie es für das Team ideal wäre. Es war sehr interessant, auch einmal die andere Seite kennenzulernen. Als Spieler war man oft ungeduldig, wenn das Ganze nicht immer so funktioniert hat, wie man es gerne gehabt hätte.
Sehr wichtig ist auch ein gewisses Level an Kommunikationsfähigkeit, weil du immer mit den Spielern in Kontakt stehen musst.
LAOLA1: Welche Qualitäten muss ein Davis-Cup-Kapitän deiner Meinung nach mitbringen?
Melzer: Es gehört ein gewisses organisatorisches Talent dazu. Man muss an viele Sachen denken, die man als Spieler als selbstverständlich ansieht. Ob es ein Rad in der Garderobe ist oder wie sich die Trainingszeiten aufteilen und wie es mit dem Essen ausschaut. Sehr wichtig ist auch ein gewisses Level an Kommunikationsfähigkeit, weil du immer mit den Spielern in Kontakt stehen musst. Du musst schauen, was sie für einen Turnierplan haben und wie ihnen der Davis Cup in diesen reinpasst. Man muss sie natürlich auch bisschen davon überzeugen, wie wichtig so ein Final-Einzug wäre. Ich bin aber sehr froh und dankbar darüber, dass die Spieler mit uns diesen Weg nach Korea gehen. Man muss schon sagen, dass es alles andere als ein perfekter Zeitpunkt ist, um in Korea zu spielen. Ansonsten braucht es natürlich auch ein gewisses Verständnis für den Sport. Auf der Bank sollte man ein taktisches Verständnis rüberbringen – schauen wir mal, ob mir das gelingt. Ich aber ganz guter Dinge.
LAOLA1: Du bist mit 38 Spielen Österreichs Rekord-Starter im Davis Cup. Was war dir als Spieler bei einem Davis-Cup-Wochenende immer wichtig?
Melzer: Für einen Spieler sind in erster Linie die Trainingszeiten wichtig. Wieviel wird trainiert, wie wird auf einen eingegangen. Der eine benötigt gerade ein bisschen weniger, der andere vielleicht ein bisschen mehr. Da ist es wichtig, den Dialog mit den Spielern zu suchen, damit man individuell auf die Spieler eingehen kann. Ich habe natürlich den Vorteil, dass ich die alle gut kenne. Wir haben gemeinsam schon die eine oder andere Schlacht geschlagen, deshalb fällt mir das natürlich leichter. Es ist auch wichtig, Vertrauen in den Mann auf der Bank zu haben. Ich glaube, dass das bei allen gegeben ist.
LAOLA1: Was waren dein schönster bzw. dein schlimmster Davis-Cup-Moment?
Melzer: Russland war schon extrem cool (Anm.: 3:2-Auswärtssieg in der 1. Davis-Cup-Runde 2012). Damals bin ich direkt von einer Verletzung zurückgekommen und habe dann den entscheidenden Punkt geholt. Auch der Länderkampf im Hangar, als wir im Flughafen Wien vor 6.000 Leuten gespielt haben, war erinnerungswürdig (Anm.: 2:3-Niederlage gegen Frankreich). Die Partie gegen Gilles Simon war einfach super. Der bitterste Moment war sicher Deutschland in Garmisch, als ich gegen Philipp Kohlschreiber eine 2:0-Satz-Führung aus der Hand gegeben habe. Ich habe aber viel daraus lernen können. In diesem Moment war es aber sicherlich sehr, sehr schmerzhaft.
LAOLA1: Dominic Thiem ist in Korea nicht mit dabei – angesichts der langwierigen Verletzungs-Geschichte wirst du aber wahrscheinlich eh nicht wirklich mit ihm gerechnet haben, oder?
Melzer: In erster Linie ist es bitter, dass er immer noch nicht spielen kann. Wir hoffen alle, dass er in Indian Wells zurückkommt. Soweit ich weiß, schaut es jetzt ganz gut aus. Wenn man sich die Videos anschaut, die er so postet, geht es schon die richtige Richtung. Ich habe ganz am Anfang mit seinem Manager Galo Blanco, mit dem ich ja auch sehr gut kann, gesprochen und er hat relativ früh ein Zeichen gegeben, dass ihm Korea in der Woche vor Indian Wells nicht wirklich gut reinpasst. Das kann ich auch verstehen – vor allem nach so einer langen Verletzungspause. Dementsprechend war Domi relativ früh kein Thema. Ich glaube aber, dass wir auch so ein relativ starkes Team haben, um in Korea gewinnen zu können.
LAOLA1: Du hast mit Lucas Miedler und Alexander Erler zwei Debütanten im Team. Wie kannst du ihnen als Kapitän den Einstieg erleichtern?
Melzer: Ich werde sicher viele Gespräche mit ihnen führen. Es wird eine gewisse Grundnervosität bei den beiden da sein, da aber keine Zuschauer zugelassen sind und deshalb auch keine Anti-Stimmung herrschen wird, mache ich mir da relativ wenig Sorgen, dass da einer von den beiden überdrüber nervös sind.
LAOLA1: Hast du lange über die Aufstellung gegrübelt? Mit Gerald Melzer und Filip Misolic gibt es zwei Spieler, die sich in ähnlichen Ranking-Regionen wie Miedler und Erler bewegen.
Melzer: Natürlich war vor allem Gerald ein Thema, weil er über sehr viel Erfahrung verfügt. Durch die Belagswahl – es soll in Südkorea sehr schnell sein – sind für mich ganz klar Dennis und Jurij zu favorisieren. Wenn alle gesund bleiben, würde Gerald damit ein Wochenende auf der Bank verbringen, da er für das Doppel auch kein Thema wäre. Da sollte er meiner Meinung nach lieber Turniere spielen – er fliegt jetzt für acht Wochen nach Südamerika. Zudem können im Einzel auch Luci Miedler und Alex Erler einspringen, die die Nummer zwei von Korea sicher schlagen können. Ich habe aber sicher gut darüber nachgedacht und auch mit allen gesprochen – zum Beispiel auch mit Lucas Neumayer.
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
LAOLA1: Wie siehst du die Aufstiegschancen?
Melzer: Kwon ist sicher der stärkste Spieler an diesem Wochenende und in seinen beiden Einzelspielen auch zu favorisieren. Das Schöne am Davis Cup ist aber auch, dass er alleine nicht gewinnen kann. Geht man nach der Papierform, könnten wir es uns sogar leisten, dass wir die beiden Einzel gegen Kwon verlieren – das würde sich auch ausgehen. Ein Sieg über Kwon wäre so gesehen also ein Bonus – gegen die Nummer zwei von Korea sollten wir natürlich schon jeweils einen Sieg einfahren.
LAOLA1: Was erwartest du dir von Südkorea? Warst du da schon überhaupt einmal?
Melzer: Ich war noch nie dort. In Asien war ich eigentlich nur in China und Japan unterwegs. Luci war schon mal dort und er hat mir gesagt, dass dort eigentlich alles ganz okay ist. Die Anlage ist schon ein bisschen veraltet. Zudem muss das dortige Organisationsteam mit sehr strengen Corona-Maßnahmen umgehen. Wir sind dort in einer vollkommenen Bubble, wo wir nur zwischen Tennisplatz und Hotel hin und her dürfen.
LAOLA1: Aufgrund der Zeitverschiebung beginnt der Spieltag in Österreich immer schon um 3 Uhr in der Früh. Auf LAOLA1 ist es aber trotzdem LIVE zu sehen. Wie wichtig ist das für die heimischen Tennis-Fans bzw. das heimische Tennis?
Melzer: Das ist extrem wichtig, dass wir den Tennis-Fans in Österreich bewegte Bilder vom Davis Cup zeigen können. Das ist alleine schon deshalb wichtig, um den Menschen zu zeigen, welchen Stellenwert diese Partie hat. Es geht um den Einzug ins Davis-Cup-Finale, wo es dann um richtig viel geht. Ich hoffe, dass sich alle Fans vor dem Stream kleben und mitfiebern, damit wir die Energie auch ein bisschen rüber kriegen. Es macht für einen Spieler auf jeden Fall einen Unterschied zu wissen, dass es auch daheim im TV gezeigt wird. Das ist schon eine gewisse Wertschätzung gegenüber dem Team, dass bewegte Bilder nach Österreich kommen.