Die aktive Tennis-Karriere von Jürgen Melzer ist zu Ende.
Der 40-jährige Niederösterreicher, der bereits seine zweite Karriere als ÖTV-Sportdirektor begonnen hat, verliert am Mittwochabend an der Seite von Olympiasieger Alexander Zverev in der ersten Runde der Erste Bank Open.
Die österreichisch-deutsche Paarung muss sich dem als Nummer 3 gesetzten Duo John Peers/Filip Polasek (AUS/SVK) mit 6:7(3), 5:7 geschlagen geben. Melzer hatte angekündigt, in Wien sein letztes Turnier zu spielen.
"Ich habe ein bisserl Angst gehabt, dass doch nicht so viele kommen. Vielen Dank, es war mir eine Riesenehre, hier abzutreten", wandte sich Melzer, dessen Doppel nicht in der Stadthalle, sondern auf dem Court B diesmal auf dem Heumarkt ausgetragen wurde, an die Fans. Melzer bedankte sich explizit bei Zverev. "Er hat keine fünf Sekunden gezögert, um hier mit mir zu spielen, das ist nicht selbstverständlich, wenn man auf Nummer vier steht und kurz vor dem Masters steht. Es war leider ein kurzes Unterfangen, aber danke."
"Es war eine unglaubliche Reise"
Der seit Anfang Jänner für den ÖTV als Sportdirektor tätige Melzer arbeitet schon fast ein Jahr in seiner zweiten Karriere. Doch sein Herz gehörte auch als aktiver Sportler noch dem Tennis. "Vor knapp 22 Jahren ist hier meine Karriere auf internationaler Ebene losgegangen, 1999 hier in der Stadthalle, wo ich zum ersten Mal träumen durfte, wirklich den Weg als Tennisprofi zu gehen. Im Endeffekt stehe ich jetzt 22 Jahre später da und hätte alles unterschrieben, was ich erreicht habe. Es war eine unglaubliche Reise, die mit dem heutigen Tag zu Ende geht. Die ich mir besser nicht erträumen konnte", meinte Melzer in seiner Rede.
Melzer bilanziert mit fünf ATP-Einzel-Titeln, darunter zwei Wien-Siege (2009, 2010), und acht Einzel-Finali, und stand 2010 nach einem Viertelfinalsieg bei den French Open über Novak Djokovic nach 0:2-Satzrückstand in einem Major-Semifinale. Im Doppel holte er gleich 17 Titel, darunter auch zwei Grand-Slam-Triumphe in Wimbledon (2010) und bei den US Open (2011/jeweils mit Philipp Petzschner/GER).
Seine höchsten Rankings waren im Einzel Nummer 8 bzw. Doppel Nummer 6. 2011 hielt er sich 17 Wochen in beiden Rankings parallel in den Top Ten. 2020 stand er bei den ATP Finals in London mit Edouard Roger-Vasselin im Spätherbst seiner Karriere noch im Endspiel.
"Klar hofft man immer noch, ganz oben zu stehen, aber irgendwann ist man realistisch genug, einschätzen zu können, für das wird es nicht reichen. Es war eine unglaubliche Reise, die verdammt viel Spaß gemacht hat. Es ist vorbei, aber es ist auch gut so."
Tipps an Junge
In der Pressekonferenz war Melzer nach seinem letzten Auftritt nicht unzufrieden. "Das Match war noch auf einem Niveau, für das ich mich nicht genieren muss. Das ist doch eines der besten Doppel der Welt gewesen und wir waren da voll dabei." Eigentlich hatte er gar nicht mehr damit gerechnet, dass er sich in Wien verabschieden kann, doch sein Ranking machte es noch möglich. "Wenn du dich am Schluss verabschiedest, klar wird es da emotional. Ich hätte das Turnier gern fertig gespielt, aber dass ich sage, ich würde gern nächste Woche noch eines spielen, das habe ich nicht mehr. Da habe ich den richtigen Zeitpunkt gefunden, um den Schläger an den Nagel zu hängen."
Seine drei Highlights im Rückblick verriet Melzer auch noch: Der Wimbledonsieg mit 'Petzsche', gegen Djokovic 0:2-Sätze aufholen und einen Wien-Sieg würde ich schon auch mit reinnehmen", sagte der Vater eines Sohnes. Im Davis Cup sei sein Höhepunkt im Hangar auf dem Flughafen gegen Frankreich gewesen. "Definitiv das 0:2-Sätze aufholen gegen Gilles Simon auf dem Flughafen, das war mein persönliches Highlight."
Was er den jungen Spielern mitgeben wird nach seiner langen Karriere? "Dass man früh draufkommen soll, was es bedeutet, dem Tennis alles unterzuordnen. Dass es ein Beruf ist. Andere sitzen zum Teil zehn Stunden am Tag im Büro, du solltest dich auch mehr Stunden als die zwei bis vier, die du auf dem Platz stehst, mit dem Tennis beschäftigen. Das versuche ich unseren Jungen so gut wie möglich beizubringen. Je früher sie das verstehen, umso schneller werden sie gut."
Eines Tages wird Melzer wohl mit seinem Sohn nach Wimbledon reisen. Erreicht man bei einem Grand-Slam-Turnier die letzten acht, bekommt man Tickets auf Lebenszeit. "Da freue ich mich darauf, wenn es meinen Kleinen interessiert."