Am Freitag kämpft Dominic Thiem bei den French Open gegen Überraschungsmann Marco Cecchinato um den erstmaligen Einzug in ein Grand-Slam-Endspiel.
"Ich will dieses Jahr den weiteren Schritt ins Finale machen", stellt der nunmehr dreifache Paris-Halbfinalist am Mittwoch nach einem 70-minütigen Training auf der Roland-Garros-Anlage gegenüber einer kleinen österreichischen Medienschar klar.
Der 24-jährige Niederösterreicher wirkte dabei wie immer in diesen Tagen locker und entspannt. Keine Spur von Star-Allüren oder einer besonderen Anspannung, die ihn wortkarg machen würde, wie folgendes Interview beweist:
Frage: Sie haben als erster Österreicher hier drei Semifinali erreicht und Tennis-Geschichte geschrieben. Haben Sie das schon realisiert?
Dominic Thiem: "Ich habe es schon realisiert, aber es geht weiter. Ich habe 2016 und 2017 die letzten zwei Halbfinali verloren und das will ich unbedingt vermeiden. Ich will dieses Jahr den weiteren Schritt ins Finale machen. Deshalb ist es richtig schön, was bis jetzt passiert ist, aber trotzdem bin ich in den letzten zwei Jahren vor dem Halbfinale ein bisschen eingegangen und genau das will und werde ich vermeiden."
Frage: Ändert es etwas, dass Sie erstmals als Favorit in ein Major-Halbfinale gehen?
Thiem: "Nicht wirklich. Es haben viele das Match gestern gesehen, der (Marco Cecchinato, Anm.) spielt unmenschlich zur Zeit. Wie er das gestern gegen Djokovic fertig gespielt hat, war allererste Klasse. Das heißt, ich bin komplett vorgewarnt. Der ist vollgepumpt mit Selbstvertrauen, war in der ersten Runde schon fast draußen, jetzt ist er im Halbfinale. Dass ich Favorit bin, ist klar, auch durch die Weltrangliste, aber ich lasse mich da jetzt nicht blenden, sondern werde genauso fokussiert wie in die letzten Matches reingehen."
Frage: Haben Sie die Stärken und Schwächen des Gegners studiert?
Thiem: "Ich kenne ihn, ich habe ein paar Mal gegen ihn gespielt. Einmal bei einem Future 2013 und 2014 in Doha in der Quali. Ich kenne ihn überhaupt schon sehr lange von gemeinsamen Juniorenzeiten. Er macht sehr viel mit der Vorhand. Ich glaube, die Rückhand ist ein bisserl schwächer, aber die hat er gestern auch schön 'reingezimmert'. Ich werde einfach auf mich schauen und mein Spiel aufziehen."
Frage: Trägt die Liebe zu den Bedingungen in Paris sehr viel bei?
Thiem: "Hundertprozentig. Ich mag die Bälle extrem, ich mag den Sand sehr, ich habe in den Juniorenzeiten da schon extrem gut gespielt. Ich bin immer jedes Jahr da in Höchstform und das speichere ich natürlich auch ab im Kopf, dass ich zu der Zeit immer sehr gut spiele und ich da keinen Gegner fürchte. Das hilft."
Zwei Matches bin ich noch davon entfernt. Das ist einerseits nah, andererseits extrem fern.
Frage: Wie sehr lassen Sie Gedanken an einen möglichen Titel zu?
Thiem: "Zwei Matches bin ich noch davon entfernt. Das ist einerseits nah, andererseits extrem fern. Wenn ich ganz ehrlich bin, konzentriere ich mich nur auf das Match morgen, weil sobald ich irgendwelche andere Gedanken verschwende, dann geht das Ganze bergab."
Frage: Ist Cecchinato fast der unangenehmere Spieler, weil viele Leute jetzt wohl sagen, na den muss er jetzt auch schlagen?
Thiem: "Nein, wenn das in der dritten oder vierten Runde wäre, würde ich es schon sagen, aber das ist ein Halbfinale. Wenn man bei einem Grand Slam so weit kommt, dann muss man eine gewisse Klasse haben, das hat er jetzt schon dreimal bewiesen gegen richtig starke Gegner, von dem her ist es für mich sicher nicht die Gefahr, dass ich jemand unterschätze oder happy bin, dass ich nicht gegen den Djokovic spielen muss."
Frage: Warum schaffen es beim härtesten Grand Slam immer wieder "Nobodys" in die Schlussphase?
Thiem: "Es schiebt sich auf Sand alles ein bisschen mehr zusammen, weil die ganz großen Aufschläger und die, die extrem schnell spielen, die kann man besser entschärfen. Ich glaube nicht, dass es ein Cecchinato auf einem anderen Belag so weit schaffen würde. Weil er da mehr Zeit hat, weil auch viele Spieler, die jetzt nicht so weit vorne sind, extrem fit sind und das genau hier halt hilft bei relativ langsamen Bedingungen. Deshalb sind immer wieder Überraschungen drinnen."
Frage: Ihre Freundin Kiki Mladenovic spielt heute Doppel-Viertelfinale: Bleibt da Zeit zum Zuschauen?
Thiem: "Unwahrscheinlich, es ist ein bisserl viel Stress und ich vertraue ihr, dass sie es ohne mich schafft." (schmunzelt)
WAS FEHLT THIEM NOCH ZUM SUPERSTAR?
Ist Dominic Thiem zu fad, um ein echter Superstar auf der ATP-Tour zu werden? Und was fehlt ihm spielerisch noch? LAOLA1 on Air - der Sport-Podcast hat mit Dominic und Wolfgang Thiem gesprochen und geht in einer von Moderator Bernhard Kastler geführten Diskussionsrunde mit Kurier-Tennis-Journalist Harald Ottawa und LAOLA1-Experte Christian Frühwald diesen Fragen nach. Viel Spaß beim Reinhören!
Frage: Was sagen Sie dazu, dass mit Oliver Marach und Alexander Peya noch zwei Österreicher im Halbfinale stehen?
Thiem: "Ich bin im regen Kontakt in der Umkleide mit dem Oli und dem Alex und während der Behandlung schaue ich immer auf den Fernseher, auf dem man alle Plätze sieht. Ich habe die zwei Matches gestern gesehen und man kann nur den Hut ziehen. Es wäre natürlich ein Traum, wenn wir da alle weiterkommen und zweitens wäre es geil, wenn drei Österreicher im November in London sind."
Frage: Gibt es bei Ihnen irgendwelche Routine/Aberglaube?
Thiem: "Nein, überhaupt nicht. Ich war einmal ein bisserl abergläubisch, aber das habe ich abgestellt, weil ich gesehen habe, dass es nichts bringt."
Frage: Wie fühlt es sich an, dass es nun in der Kabine und dem Players-Bereich ruhiger wird?
Thiem: "Es ist vor allem ein gutes Zeichen, wenn man noch da ist, wenn in der Umkleide nichts mehr los ist. Es ist immer geil bei einem Grand Slam, wenn ich noch da bin, wenn die Legenden und die Junioren kommen."
Frage: Hat Ihnen eigentlich Thomas Muster gratuliert?
Thiem: "Er hat dem Alex (Stober, sein Physio, Anm.) geschrieben, habe ich gehört, und ihm gratuliert."