Dominic Thiem hat seine 6. French Open hinter sich und seine Bilanz kann sich sehen lassen. Vier Semifinal-Teilnahmen in Folge und zwei Endspiele in Roland Garros hat der 25-jährige Niederösterreicher schon in den Beinen.
Sein neuer Manager Herwig Straka sieht viel Positives, auch wenn Major-Titel-Nummer-1 weiter auf der To-do-List steht. "Das war alles andere als ein normales Turnier für ihn. Er hat abseits des Courts und am Court viel erlebt, was es sonst normalerweise nicht gibt", konstatiert Straka im Gespräch mit der APA.
Damit spielt er unter anderem auf die Diskussionen nach dem Abbruch von Thiems Pressekonferenz zugunsten von Serena Williams, die in den sozialen Netzwerken für viel Getöse gesorgt hatten, an.
Auch das habe Thiem gut weggesteckt und letztlich bravourös gemeistert, genauso wie das dramatische Semifinale gegen Novak Djokovic.
"Dominic ist als Persönlichkeit reifer geworden"
"Es waren Bedingungen, die einen mental starken Spieler gefordert haben und das hat er, glaube ich, bewiesen. Es ehrt und edelt ihn umso mehr. Es ist ein toller Weg, den er jetzt gegangen ist und es zeigt auch, dass er als Persönlichkeit reifer geworden ist. Das war in den letzten Wochen und Monaten schon zu bemerken", erklärte der 53-jährige Steirer.
"Die Art und Weise wie sich Dominic abseits des Platzes präsentiert hat, ist sehr überzeugend und auch mit einer nötigen Portion Humor. Ich glaube, das geht schon in Richtung eines Champions."
Mit seinem Schützling will er sich demnächst auch in Sachen Schärfung des Profils zusammensetzen. "Aber die Art und Weise wie er sich hier abseits des Platzes präsentiert hat, ist sehr überzeugend und auch mit einer nötigen Portion Humor. Ich glaube, das geht schon in Richtung eines Champions."
Das kann auch von Medienvertretern bestätigt werden. Es herrscht die Meinung, dass sich Thiem nun auch bei Pressekonferenzen, sowohl im englischen, als auch im deutschen Teil weit besser verkauft. Auch sein Englisch ist besser geworden und er hatte selbst nach seiner Final-Niederlage noch ein Lächeln übrig.
"Dominic wird eine neue Armada anführen"
Ein Journalist aus Italien hatte Novak Djokovic vor dem Halbfinale gefragt, ob Dominic Thiem ein neuer Andy Murray werden kann, der die "Großen Vier" sozusagen anstelle des Schotten ergänzt. Was sagt Straka dazu? "Ich glaube, er kann mehr werden, als der neue Andy Murray. Er kann der neue Nadal, Federer, Djokovic der neuen Generation werden, die zehn Jahre jünger sind."
Tatsächlich? Spricht Straka da von zweistelligen Grand-Slam-Erfolgen? "Wie viele Grand-Slam-Erfolge es werden, ist keine Maßzahl. Die Frage ist, schafft er es, sich unter den Top 3 bis 5 in der Zukunft zu etablieren, das muss das Ziel sein. Das ist ohnehin sein Ziel, jeder will Nummer 1 werden, aber ich glaube, dass es mehr ist als Andy Murray. Er wird dieses Quartett nicht komplettieren, sondern vielleicht eine neue Armada der nächsten Generation anführen oder mit dabei sein."
Die Wachablöse erwartet Straka in etwa drei Jahren. "Ich sehe Roger und Rafa nicht mehr viel länger spielen. Bei Novak weiß man nicht, irgendwann werden die Jungen nachdrängen. Es sind ja viele andere auch, die schon auf dem Level spielen, aber noch nicht in der Konstanz."
Aus Managersicht kann Straka jedenfalls verkünden, dass das Interesse an seinem Schützling auch aus Sponsorensicht groß ist. "Fakt ist, dass auch international langsam erkannt wird, dass es eben eine neue Generation geben wird und dass ein Dominic, ein Tsitsipas, ein Zverev ganz vorne dabei sein werden."
Gegen die durch Wetterkapriolen hervorgerufene, weniger als 24-Stunden-Pause zwischen Halbfinale und Finale für Thiem konnte Straka weder als Manager noch als ATP-Tour-Board-Mitglied etwas tun. "Es gibt ein Regulativ, und laut Regulativ gibt es eben keinen Platz dafür, dass man am Montag spielt, sofern nicht Regen eintritt. Es ist kein Wunschkonzert. Es sind zu viele Punkte wie Verträge mit TV-Anstalten ausgemacht. Ich versuche mich einzubringen, aber natürlich gibt es Grenzen."
Zudem versteht Straka, der ja auch selbst Turniere und Davis-Cup-Länderkämpfe veranstaltet, wie vielschichtig die Aufgabe der Organisatoren sind. Auch die Tatsache, dass es in Paris noch immer kein Dach gibt und man eigentlich wie bei den anderen drei Grand-Slam-Turnieren zumindest zwei Dächer brauchen würde, will er dem französischen Verband nicht vorwerfen. "Das wissen sie selbst. Nur gab es hier mehr als sonst bei anderen Grand Slams Probleme mit den Nachbarn."
Das Turnier wäre ja seinerzeit beinahe verlegt worden, damals waren Versailles oder gar die Gegend um Euro-Disneyland im Gespräch. Mittlerweile gibt es aber einen gewissen Standard bei einem Grand-Slam-Turnier, das gibt auch Straka zu. "Man überdacht den Center Court und idealerweise auch einen zweiten Court, damit man eine gewisse Planungssicherheit hat und damit eben genau das nicht passiert. Es ist eigentlich nicht ganz fair, aber es ist Tennis", so der Steirer.