Es ist wieder soweit: In den kommenden beiden Wochen kann sich Dominic Thiem bei den French Open seinen großen Lebenstraum erfüllen, einen Grand-Slam-Titel zu gewinnen.
Nirgendwo ist die Chance dafür größer als in der Stadt der Liebe.
Im Vorjahr scheiterte der 25-jährige Niederösterreicher in Paris erst im Endspiel an Sandplatz-König Rafael Nadal, die Jahre davor war jeweils im Halbfinale Endstation.
Bei den anderen Majors schaffte er es nur bei den US Open einmal über das Achtelfinale hinaus. Thiem bewies zwar heuer mit seinem Turniersieg beim 1000er-Turnier in Indian Wells, dass mit ihm auch auf anderen Belägen zu rechnen ist, dies ändert allerdings nichts daran, dass die rote Asche das natürliche Habitat des jungen Lichtenwörthers darstellt.
„Sand ist mein natürlicher Belag“
„Ich habe mit acht, neun Jahren angefangen, richtig zu trainieren und habe dann die weiteren acht oder neun Jahre ausschließlich auf Sand gespielt – sei es draußen oder in der Halle. Sand ist einfach mein natürlicher Belag“, erklärt Thiem dementsprechend in einem Video auf der offiziellen French-Open-Seite.
„Ich weiß, wie ich mich darauf bewegen muss und wie ich auf meine Gegner Druck ausüben kann. Deshalb liebe ich den Sand auch so und deshalb fühle ich mich einfach wohl darauf“, so Thiem, der sich dank seiner letztjährigen Erfolge eine große Fan-Gemeinde in Paris aufbauen konnte.
Sympathien dank Freundin
Zudem ist der Weltranglisten-Vierte schon seit über einem Jahr mit Kristina Mladenovic liiert. Ein romantischer Umstand, der Thiem schon im Vorjahr viele Sympathien der französischen Fans einbrachte.
Da der Niederösterreicher schon seit längerem die Sprache büffelt, stehen die Chancen gut, dass Thiem heuer erstmals die Sieger-Interviews am Court in Französisch beantwortet. Womit er sich wohl endgültig in die Herzen der Pariser befördern würde.
Vor allem in Roland Garros kann die Unterstützung des Publikums am Ende den entscheidenden Ausschlag geben. Einige Spieler sind bereits am Widerstand der bekannt emotionalen und kritischen französischen Zuschauer gescheitert.
Erinnerungen an Gugas Herz
Wie eng die Verbindung zwischen den Fans in Roland Garros und den Athleten sein kann, zeigen Thiems Kindheits-Erinnerung an seine ersten bewusst wahrgenommenen French Open: „Meine erste Erinnerung an die French Open ist der Turniersieg von Gustavo Kuerten im Jahr 2001, als er ein Herz auf den Center Court zeichnete.“ Damals legte sich der charismatische Brasilianer mit dem Rücken in das aufgemalte Herz und ließ sich von den Fans feiern.
Als Spieler war Paris hingegen keine Liebe auf den ersten Blick für Thiem. Bei seinem Debüt im Jahr 2010 verlor er im Junioren-Bewerb gleich sein Auftaktspiel gegen den Australier Ashley Hewitt, der es in Folge im ATP-Ranking nicht einmal unter die Top 300 schaffen sollte.
„Ich kam damals gerade in die Top 10 gekommen und war super motiviert, doch dann habe ich gleich in der ersten Runde verloren und richtig angefressen“, kann sich Thiem an diesen enttäuschenden Premieren-Auftritt noch gut erinnern.
Trotzdem sei es eine wichtige erste Erfahrung gewesen. „Bei den Junioren spürt man auch schon die besondere Atmosphäre eines Grand-Slam-Turniers“, so Thiem, der im Folgejahr ins Endspiel stürmte und dort nur knapp den Titelgewinn verpasste.
„Step-by-Step“-Mentalität
Schon in der Juniorenzeit war die „Step-by-Step“-Mentalität Thiems erkennbar. Während andere große Spieler einen raketenartigen Durchbruch in die Weltspitze verzeichneten, arbeitete sich der bodenständige Lichtenwörther in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt voran.
Nach zwei Mal Halbfinale und einem Endspiel wäre es somit klar, was von Thiem heuer oder im kommenden Jahr in Roland Garros zu erwarten ist.
„Habe vom Vorjahr viel lernen können“
„Ich habe von der Vorjahres-Niederlage gegen Nadal extrem viel lernen können“, weckt Thiem selbst dementsprechende Erwartungen. „Zuallererst habe ich gespürt, dass zwei Wochen bei einem Grand-Slam-Turnier eine sehr lange Zeit sein können, weil man während diesem Zeitraum unter voller Anspannung steht.“
„Dann im Endspiel dem stärksten Spieler gegenüberzustehen, war einfach eine großartige Erfahrung und es hat mir auch gezeigt, wie schön es ist, so ein Finale auf der allerhöchsten Ebene bestreiten zu dürfen. Das hat mich extrem motiviert, noch öfters solche Matches bestreiten zu wollen.“
„Natürlich war ich nach der Niederlage ziemlich frustriert. Ich war allerdings auch nicht der erste Spieler, der in Roland Garros gegen Rafael Nadal verlor, deshalb war es jetzt nicht die allerschlimmste Niederlage meines Lebens. Nach zwei, drei Tagen ging es mir wieder besser und ich bin zuversichtlich, dass ich noch einmal ein Endspiel bei einem Grand-Slam-Turnier erreichen kann.“
Dass ein Nadal für Thiem auf Sand nicht unschlagbar ist, hat der ÖTV-Daviscupper mittlerweile bereits vier Mal unter Beweis gestellt. Vor einem Monat feierte er im Halbfinale von Barcelona einen glatten Zwei-Satz-Sieg über den spanischen Sandplatz-König.
Paris scheint bereit zu sein für eine neue Liebe.