Wenige Tage vor dem Beginn der French Open (Auslosung), dem wohl wichtigsten Turnier des Jahres für Dominic Thiem, lässt Günter Bresnik mit der endgültigen Trennung von seinem ehemaligen Schützling aufhorchen.
Nachdem sich die sportlichen Wege schon vor einigen Wochen trennten, erklärte der 58-jährige Niederösterreicher per Aussendung nun auch seinen Rücktritt als Manager des Weltranglisten-Vierten.
Herwig Straka, Turnierdirektor der Erste Bank Open, ATP-Tour-Board-Mitglied und erfahrener Manager, übernimmt zukünftig das operative Tagesgeschäft.
„Ein Projekt wie Dominic kann nur unter gewissen Voraussetzungen funktionieren. Wenn die nicht gegeben sind, dann möchte ich nicht dabei sein“, erklärt Bresnik im LAOLA1-Interview seine Entscheidung.
Er wolle seinem ehemaligen Schützling nicht im Wege stehen: „Ich möchte, dass er die bestmögliche Chance hat, seinen Weg bis zum Grand-Slam-Sieg zu Ende zu gehen.“
Wie schwer die Trennung war, warum es keine andere vernünftige Lösung gab und wie die künftige Beziehung zu Thiem aussehen wird, erklärt Bresnik im Interview:
LAOLA1: Hast du die Zusammenarbeit auf eigenen Wunsch beendet?
Günter Bresnik: Solche Entscheidungen fallen niemals einseitig. Ein Projekt wie Dominic kann nur unter gewissen Voraussetzungen funktionieren. Wenn die nicht gegeben sind, dann möchte ich nicht dabei sein. Außerdem könnte ich ja sogar hinderlich sein, wenn ich darauf bestehe. Man muss sich nur den Zverev anschauen, was der aktuell für einen Einbruch aufgrund seiner Management-Streitigkeiten hat.
LAOLA1: Wenn man sich die aktuell herrschende Schlammschlacht um Alexander Zverev ansieht, scheint ihr bezüglich Management-Wechsel vieles richtig gemacht zu haben.
Bresnik: Die Zverev-Geschichte ist eine Katastrophe. Mit dem ganzen Blödsinn hat er wahrscheinlich ein halbes oder sogar ein ganzes Jahr seiner Karriere ruiniert. Wenn Erfolg, Anerkennung und viel Geld im Spiel sind, wollen alle mitnaschen. Da gibt es Leute, die kennst du gar nicht und plötzlich sind sie da. Mit solchen depperten Dingen sollte sich ein Sportler eigentlich nicht auseinandersetzen müssen.
LAOLA1: War es schwer für dich, die Trennung von deinem Langzeitprojekt zu vollziehen?
Es interessiert mich aber gar nicht, dass ich nur darauf warte, dass die Pressekonferenz losgeht und sein Sponsoren-Badge richtig sitzt. Dafür ist mir meine Zeit zu wertvoll.
Bresnik: Ich möchte, dass Dominic die bestmögliche Chance hat, seinen Weg bis zum Grand-Slam-Sieg zu Ende zu gehen. Ich sage schon seit zwei, drei Jahren, dass ich meine Reisetätigkeit auf ein Minimum reduzieren werde, sobald er seinen ersten Grand-Slam-Titel gewinnt. Es tut mir sicherlich leid, dass ich jetzt nicht mehr bis zum Schluss dabei sein werde. Ich fühle mich wie ein Bergsteiger, der 50 Meter vor dem Gipfel des Mount Everest wegen eines Schlechtwettereinbruchs umdrehen muss. Ich werde mich deshalb aber nicht an jemand anderen festkrallen, um dessen Aufstieg auch zu behindern. Außerdem war es ja nicht mein Ziel selbst den Mount Everest zu besteigen, sondern jemandem dabei behilflich zu sein.
LAOLA1: War die endgültige Trennung schon länger absehbar?
Bresnik: Für mich selber ja. Wie hätte das funktionieren sollen? Du musst in so einer Funktion ja auch vor Ort sein. Es interessiert mich aber gar nicht, dass ich nur darauf warte, dass die Pressekonferenz losgeht und sein Sponsoren-Badge richtig sitzt. Dafür ist mir meine Zeit zu wertvoll. Herwig hat auch noch andere Interessen und muss aufgrund seiner Funktion als Turnierdirektor der Erste Bank Open sowieso vor Ort sein. Für ihn ist es nicht so zeitvernichtend wie für mich.
LAOLA1: Hast du bei der Entscheidung für Herwig Straka mitgesprochen?
Bresnik: Nein. Wenn sich jemand mit jemandem wohlfühlt, wäre es absurd, etwas anderes zu machen. Ich hoffe einfach, dass das funktioniert. Sowohl im sportlichen als auch im geschäftlichen Bereich. Es wäre bitter anzusehen, wenn es nicht mehr so rund weiterläuft wie bisher.
LAOLA1: Wie siehst du deine künftige Beziehung zu Dominic?
Bresnik: Ich schau mir die Matches von Dominic mit der gleichen Leidenschaft wie zuvor an. Das wird sich nicht ändern. Wenn er von mir was braucht, wird er bei mir immer auf eine offene Tür stoßen. Es war – und das habe ich in der Vergangenheit schon oft genug gesagt – schon immer mein Anspruch, dass ich mich als Trainer unnötig mache. Ich wollte ihn zu einer Person machen, die ihre Entscheidungen selber trifft. Eine Ausbildung ist gut gelungen, wenn der Schüler ohne Zutun des Ausbilders funktionstüchtig ist. Das kommt sehr selten vor. Als Lehrer habe ich ihn quasi von der Volksschule bis zum Studienabschluss begleitet. Jetzt hat er alle Werkzeuge in der Hand und muss selbst abliefern. Ein Genie ist nicht jemand, der einmal eine Sache gut macht, sondern jemand, der eine gute Sache dauerhaft wiederholen kann.
LAOLA1: Wie wirst du deine gewonnene Zeit in Zukunft nützen?
Bresnik: Ich habe genauso 24 Stunden am Tag zur Verfügung wie vorher. Es gibt keine gewonnene Zeit. Ich habe zum Glück kein Problem damit, meine Zeit sinnvoll zu gestalten. In solchen Momenten wird einem auch mehr bewusst, was überhaupt sinnvoll ist. Mir macht Sport nun mal einen Riesenspaß. Und der Spaß liegt für mich nicht darin, dass ich irgendwo dabei bin, sondern das Schöne für mich ist es, diese Voraussetzung für etwas zu schaffen. Um den Bergsteigervergleich wieder zu bringen: Ich will mich nicht am Mount Everest fotografieren lassen, weil ich mich mit dem Hubschrauber rauffliegen habe lassen, sondern weil ich den Gipfel selber erklimme. Und da drehe ich lieber nach 8.700 Metern um, als dass ich mich rauffliegen lasse.