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Die Winter-Misere: Tennis-Hallen dringend gesucht!

Tennis boomt in Österreich, doch im Winter schaut es vor allem im Westen schlecht aus. Was tun? Eine LAOLA1-Analyse:

Die Winter-Misere: Tennis-Hallen dringend gesucht! Foto: © GEPA

Heutzutage zählt Tennis zu den größten und beliebtesten Sportarten auf der ganzen Welt.

Rund um die Erdkugel wird der gelbe Filzball mit Begeisterung über das Netz gedroschen. Dabei galt der "weiße Sport" vor einigen Jahrzehnten noch als Sport der Elite und der Reichen.

In Österreich setzte sich Tennis ab den 70er Jahren in der breiten Bevölkerung durch, ehe die Begeisterung in den 90ern vor allem dank der Erfolge von Thomas Muster einen neuen Höchststand erreichte. Einen ähnlichen Boom löste in den 2010er Jahren Dominic Thiem aus.

Der vom Niederösterreicher ausgelöste Aufwärtstrend hält noch immer an. In 1.700 österreichischen Vereinen sind mittlerweile knapp 200.000 Mitglieder registriert. Nur Fußball kann in Österreich noch mehr Mitglieder vorweisen.

Schwierige Hallen-Situation vor allem im Westen

Trotzdem droht das Tennis nun wieder in etwas elitärere Bereiche abzugleiten. Denn vor allem im Winter kann es je nach Bundesland ein schwieriges Unterfangen werden, seinem Lieblings-Sport weiter zu frönen. Abgesehen von Stundenpreisen von 20 bis teilweise über 40 Euro ist es nämlich alles andere als leicht, sich zur Abendzeit einen der begehrten Plätze in einer Tennis-Halle zu sichern.

"Es schwierig mit der Hallen-Situation. Und das betrifft vor allem die westlichen Gebiete, wo im Winter viel Schnee liegt – da droht Tennis zur Halbjahres-Sportart zu werden", weiß auch ÖTV-Geschäftsführer Thomas Schweda im Gespräch mit LAOLA1.

"Dabei ist Tennis weiterhin eine beliebte Sportart. Die Mitgliederzahlen gehen in die Höhe und die Hallenplätze sind gerade mal gleichbleibend", erklärt Schweda das Dilemma. "Und das ist schade, da der Sport eigentlich boomt."

Aktuell stehen in Österreich etwa 320 Tennis-Hallen zur Verfügung – der Großteil davon steht im Osten Österreichs, der mit einer relativ guten Hallendichte überzeugen kann.

Im Westen sieht es hingegen eher mau aus. Und der Trend ist teilweise sogar rückläufig: In Salzburg beispielsweise sank die Zahl der Hallenplätze in den vergangenen 15 Jahren um 40 Prozent.

ÖTV-Präsident sieht "dramatische Situation"

Auch in Tirol, Kärnten oder Vorarlberg sieht es wenig rosig aus. ÖTV-Präsident Martin Ohneberg bezeichnete im Vorjahr die Hallen-Situation in einigen Bundesländern als "dramatisch".

So mancher Elternteil aus dem Westen erzählt davon, dass es unmöglich sei, an einem Wochenende mit seinem Kind eine Stunde Tennis spielen zu gehen – alle verfügbaren Plätze seien per Abo über den ganzen Winter hinaus ausgebucht.

ÖTV-Sportdirektor Jürgen Melzer ist sich im Gespräch mit LAOLA1 der wenig zufriedenstellen Situation bewusst: "Wir sprechen eigentlich in jeder Präsidentenkonferenz über die aktuelle Hallen-Situation und was es für Lösungs-Möglichkeiten geben könnte wie zum Beispiel Traglufthallen. Die Bundesländer arbeiten da ganz gut zusammen. Man muss aber sagen, dass das Angebot zu gering ist."

Indoor-Spielplätze anstelle von Tennisplätzen

Vereinzelt werden zwar immer wieder neue Hallen gebaut, auf der anderen Seite fallen jedoch auch immer einige Betreiber weg, weil der Besitzer die Ertragschancen in anderen Tätigkeitsfeldern höher sieht.

"Immer wieder werden Tennisplätze auf Indoor-Spielplätze umgearbeitet. Wir haben sicherlich auch Tennisplätze an den Padelsport verloren", erklärt Melzer.

Seit Monaten wird beispielsweise in den Salzburger Regionalmedien über die drohende Schließung der Tennis-Halle in Anif berichtet. Eigentümer Erich Quehenberger will die Halle, eine der größten in Salzburg, in einen Trampolinpark verwandeln.

Derzeit laufen Planungen, um Freiplätze in Anif mit einer Traglufthalle winterfest zu machen. Diese Variante ist zwar günstiger, je nach Stand der Energiepreise sind aber die Heizkosten nicht zu unterschätzen.

Doch benötigt es unbedingt Hallen, um auch in den kälteren Monaten Tennis in Österreich spielen zu können? Durch den vorherrschenden Klimawandel sind die Winter in den letzten Jahrzehnten deutlich milder geworden. Schnee ist im Osten beinahe schon zur seltenen Ausnahmesituation geworden.

Wolfgang Thiem sieht Allwetter-Courts als gute Ergänzung

"Im Westen bist du wegen dem stärkeren Winter stark auf die Hallenplätze angewiesen. Im Osten kann man immerhin bis Ende Oktober reinspielen und ab März geht es auf Allwetter-Courts auch schon wieder", sagt Schweda.

Wolfgang Thiem, Leiter der Burgenland-Akademie in Oberpullendorf, glaubt im Gespräch mit LAOLA1, dass man im Osten noch stärker auf Außenplätze setzen könnte.

Die hierzulande eher seltenen Outdoor-Hardcourts wären schließlich auch im Winter bespielbar. Ganz im Gegensatz zu den gebräuchlichen Sandplätzen, die im Herbst immer eingewintert werden müssen, um Frostschäden zu vermeiden.

"Man kann definitiv die Saison verlängern, wenn man im Freien spielt. Wenn es nicht super feucht ist, kann man auch im Jänner auf Hardcourt spielen. Das ist ein Belag, der das ganze Jahr benützbar ist", so Thiem, der bei seiner Tennis-Akademie in Traiskirchen erst vor zwei Jahren einen Outdoor-Hartplatz bauen hat lassen. "Da haben wir nicht das geringste Problem."

Thiem sieht aber auch in "Semi-Indoor-Plätzen", wie sie in Spanien oder Frankreich verwendet werden, eine Zukunft. "Diese Plätze sind oben zu und auf der Seite offen."

"Natürlich haben sie dort ein anderes Klima, aber ich schätze, dass das in Österreich sicherlich um die zwei Monate nützbar ist. Das könnte die Zukunft sein. Da kannst du auch bei fünf bis zehn Grad Außentemperatur spielen. Die werden nicht nass. Der Belag wäre dann sogar egal."

Klassische Tennis-Halle bleibt alternativlos

Initiativen in diese Richtung gebe es laut Melzer bereits: "Im Westen gibt es Projekte. Der Tennis-Spieler ist halt auch ein Gewohnheitstier und wenn das ein bisschen anders ist, wird das vielleicht nicht so angenommen. Grundsätzlich kann Österreich aber sicherlich auch mehr Hardcourts vertragen, damit man wetterunabhängiger ist."

Klar sei aber auch: "Im Endeffekt liegt es trotzdem am Betreiber, ob er den baut oder nicht. Wir haben in den Bundesländern darüber gesprochen. Manche haben es gemacht, aber definitiv nicht viele. Man hilft sich im Endeffekt nur über ein, zwei Monate drüber. Das Kernproblem im Dezember, Jänner und Februar löst du damit nicht."

Auch Thiem stellt klar, dass derartige Outdoor-Konzepte nur eine Ergänzung und keine vollwertige Alternative sein können. "Ich denke schon, dass wir in Österreich mehr Hallenplätze brauchen. Wenn du im Leistungsbereich tätig bist, brauchst du sowieso eine langfristige Planungssicherheit. Da kann ich nicht einen Trainingsplan mit sechs Plätzen machen, wovon zwei im Freien sind und dann regnet es."

An klassischen Tennis-Hallen wird also in Österreich auch in den nächsten Jahrzehnten kein Weg vorbeiführen – vor allem im schneereichen Westen. Doch was kosten diese Einrichtungen überhaupt? Warum gibt es nicht mehr Hallen, um den scheinbar vorhandenen Bedarf decken zu können?

Wer baut Tennis-Hallen? "Man muss ein bisschen ein Narr sein"

LAOLA1 hat sich diesbezüglich bei Andreas Munk erkundigt. Der 38-jährige Niederösterreicher hat im Jahr 2021 in Perschling selbst eine Tennis-Halle errichtet und nutzt diese unter anderem auch als Muster-Konzeptlösung für seine Buchungs-Software "eTennis", mit der die meisten aktiven Tennis-Spieler hierzulande höchstwahrscheinlich schon einmal in Kontakt gekommen sind.

Eines müsse ambitionierten Betreibern einer Tennis-Halle laut Munk zunächst einmal klar sein: Die großen Millionen werde man damit nicht abstauben können.

Eine Tennis-Halle zu bauen, um viel Geld zu verdienen ist leider der verkehrte Ansatz. Man muss ein bisschen ein Narr sein und ein Herz für den Sport haben.

Der Weg zum schnellen Geld führt nicht über eine Tennis-Halle

"Eine Tennis-Halle zu bauen, um viel Geld zu verdienen ist leider der verkehrte Ansatz. Man muss ein bisschen ein Narr sein und ein Herz für den Sport haben. Meine Tennishalle ist vielleicht meine Altersvorsorge, aber kurzfristig werde ich damit kein Geld verdienen", so Munk, der vor vier Jahren 1,3 Millionen Euro in den Bau seiner drei (automatisierten) Hallenplätze investierte ("Mittlerweile wird’s wohl etwas teurer sein"). In 15 Jahren soll sich die Investition amortisiert haben.

"Es kommt natürlich auch immer auf das Einzugsgebiet an oder sonstige Einflüsse. Letztes Jahr hatten wir Hochwasser im Gebäude – das ist natürlich schlecht für die Planung."

"Ich finde es cool, wenn sich Leute trauen, eine Tennis-Halle zu bauen. Ich hatte zum Glück den Informations-Background und die Finanzerungs-Möglichkeiten", würde sich Munk mehr Kollegen wünschen. Der Einstieg ist freilich alles andere als leicht.

Munk will potenziellen Betreibern "die Angst nehmen"

"Wenn man noch nie eine Tennis-Halle betrieben hat, ist die erste Schwierigkeit schon einmal, wie ich zu den ganzen Informationen komme. Es gibt Firmen, die Hallen bauen, aber keine Erfahrungen mit Tennis-Hallen haben. Auch bei Beleuchtungsfirmen habe ich schon schlechte Erfahrungen gemacht. Da muss man in allen Bereichen die passenden Anbieter finden. Deshalb gebe ich da gerne meine Erfahrungen weiter“, so Munk, der diesbezüglich auch offen zugibt: "Jede Halle, die mit unserem Konzept gebaut wird, wird auch unser System verwenden. Dementsprechend verlange ich auch nichts, wenn ich mich mit den Leuten treffe."

Den Bedarf sieht Munk auf jeden Fall gegeben. Und auch das Interesse sei durchaus vorhanden. Immer wieder bekäme er Anfragen, bei denen sich Leute über einen Neubau bei ihm informieren wollen würden. Munk ist überzeugt, dass es noch mehr Menschen geben würde, für die ein derartiges Investment eventuell interessant wäre.

"Du musst einfach die Leute finden, die das nötige Geld und den Background haben und etwas für den Sport machen wollen. Denen muss man mit fertigen Konzepten die Angst nehmen, dass sie irgendwelche Fehler machen."

Munk: "Meiner Meinung nach müsste man Kampagnen machen, um die Vorteile einer Tennis-Halle zu zeigen. Dass es ein Mehrwert für die Region und die Gesundheit der Gesellschaft ist. Traut’s euch das, wir unterstützen euch, indem wir die Erfahrungen weitergeben. Man muss den Leuten die Angst nehmen, aber auch realistisch bleiben und ihnen nicht versprechen, dass sie sich damit eine goldene Nase verdienen. Es ist ein langfristiges Investment, das super für die Region ist."

Wunsch nach staatlicher Unterstützung

Melzer glaubt ebenfalls, dass das Geld in Tennis-Hallen gut angelegt wäre. Ihm ist aber auch bewusst, dass die Finanzierung für viele Menschen zu schwierig werden könnte. Dementsprechend würde er sich hier mehr Unterstützung aus öffentlichen Mitteln wünschen.

"Da muss man einen Appell an die Politik richten, damit Tennis nicht zur Halbjahres-Sportart wird. Eine Tennis-Halle ist natürlich teuer zu bauen, aber wenn man sich das anschaut, sind eigentlich alle ausgebucht. Insofern hoffe ich schon, dass es mehr werden. Dazu braucht es aber die öffentliche Hand. Das kann ein Privater nur sehr schwer alleine stemmen. Und auch der Verband kann keine Hallen bauen. Wir kämpfen selber mit dem Budget", meint der ÖTV-Sportdirektor.

Melzer ist sich aber auch bewusst, dass die Zeiten aktuell nicht die leichtesten sind. Dementsprechend erwartet der ehemalige Weltranglisten-Achte mittelfristig auch keine Wunder.

"Ich glaube nicht, dass sich die Ist-Situation in den nächsten ein, zwei Jahren – vor allem wenn man sich das Spar-Budget anschaut - drastisch verbessern wird. Ich hoffe, dass ein bis zwei Hallen dazu kommen. Es werden aber nicht auf einmal 30 Hallen aus dem Boden wachsen."

Schade, eigentlich. Der Bedarf wäre wohl da. Vor allem im Westen.

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