Es brodelt hinter den Kulissen des Tennis-Sports.
Einerseits gibt es Gerüchte um ein zwei Milliarden Dollar schweres Angebot aus Saudi-Arabien zur Übernahme aller ATP- und WTA-1000er-Turniere, andererseits die Idee der vier Grand-Slam-Turniere gemeinsam mit den 1000ern eine eigene Premier-Tour zu veranstalten.
Um eben auch genau das zu vermeiden, was dem Golf-Sport mit dem Einstieg der Saudis mit der LIV-Tour passiert ist: eine Spaltung oder zumindest einen Riesenstreit.
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Zwei Milliarden? Zahl sei "falsch"
Der saudische Staatsfonds Public Investment Fund (PIF), der seit Jahren Aufsehen erregend u.a. in Fußball, die Formel 1 und Golf investiert, bietet einem Bericht der britischen Zeitung "Telegraph" zufolge zwei Milliarden US-Dollar für die Masters-Turniere.
Dabei handelt es sich um Events der zweithöchsten Kategorie hinter den vier Grand Slams, die bisher von ATP und WTA getrennt veranstaltet werden. Angeblich ist dieses Angebot nur 90 Tage gültig. Klar ist: Es wäre eine Konkurrenz für ein mögliches Premier-Tour-Modell, über das die vier Major-Veranstalter diskutiert haben.
Österreichs Langzeitfunktionär in der ATP, Herwig Straka, hat im Gespräch mit der APA am Dienstag zumindest einiges davon zerstreut. Die kolportierte Zahl sei "falsch", allerdings könne er mehr dazu nicht sagen, um Vertraulichkeiten nicht zu verletzen.
Von Saudi-Arabien gebe es an die ATP ein Angebot für ein 10. Masters-1000 im Jänner. Die Aufstockung auf zehn 1000er-Events ist schon länger Gesprächsthema in der ATP, und da war der Jänner oder der Juni (auf Rasen) ein Thema.
"Wenn es ein zehntes Tausender gibt, dann werden wir dazu eine Ausschreibung machen", sagte Straka. Diese habe es zuletzt auch für drei neue 500er-Turniere gegeben. "Da war auch viel Interesse, es gibt ab nächstem Jahr drei neue 500er. Der gleiche Prozess ist auch zu überlegen, ohne, dass wir es beschlossen hätten, wenn wir das wirklich in der ersten Woche machen würden."
ATP ist für Saudi-Engagement offen
Dass Saudi-Arabien aber in den Tennis-Sport drängt, ist lange kein Geheimnis mehr, und die ATP steht dem auch offen gegenüber - wie Partnerschaften für das U21-Turnier "Next Gen" oder ein Sponsorship für das ATP-Ranking auch zeigen.
Das von Menschenrechtsorganisationen stark kritisierte Saudi-Arabien von vorneherein auszuschließen, war für die ATP kein Thema. "Weil wir der Meinung sind, dass man durch Sport auch die Welt verändern kann. Dass man nicht nur darüber redet und es als 'sportwashing' beschreibt, sondern wirklich was tut."
Sämtliche andere kolportierten Summen seien Spekulation.
"Haben die Slams alleine rausgeschossen"
Die Idee der vier Grand Slams, eine Premier Tour oder auch Super Tour genannte Serie zu formen, hat laut Straka aber nichts mit den kursierenden Geldsummen aus Saudi-Arabien zu tun. Und war auch nicht mit ATP oder WTA abgesprochen. "Das haben die Slams alleine rausgeschossen."
Dabei gibt es im Gegenteil seit Jahren die Absicht, dass die vielen Tennis-Kräfte enger zusammenzurücken. ATP, WTA, internationaler Tennisverband ITF und die vier Majors sind sieben Player, gerade bei den Grand-Slam-Turnieren wachsen die Zuschauerzahlen nahezu ins Unermessliche.
"Seit Andrea Gaudenzi (ATP-Boss seit 2020, Anm.) begonnen hat, ist es unser Ziel, dass wir ATP, WTA, ITF und die Grand Slams zusammenhalten. Unsere größte Schwäche im Tennis ist, dass es so viele Governances gibt."
Ein Beispiel dafür sei die TV-Rechte-Situation. "Da hast du bei einem Grand-Slam-Turnier den Sender, beim nächsten den, beim 1000er den. Dadurch verlieren wir viele Fans und Interesse und das ist schade. Deswegen wollen wir näher zusammenrücken. Es ist nach wie vor das Ziel der ATP. Alles, was jetzt daherkommt, werden wir versuchen, dem unterzuordnen."
Spaltung droht wohl nicht
Dass dem Tennis nun eine Spaltung wie im Golf drohe, verneinte Straka. "Nein, ich glaube eben nicht. Ich glaube, dass wir alle aus Golf gelernt haben und wir alle nicht so weit gehen. Sowohl was die Saudis betrifft, als auch dieser Premium-Gedanke. Ich bin guter Dinge, dass sich das wieder einpendelt, aber es sind zur Zeit eben mehrere Initiativen."
Umgekehrt sei es nichts Neues, so habe vor 30 Jahren die Vermarktungsfirma ISL ein Milliarden-Angebot gemacht. "Beim Davis Cup war es das Gleiche. Nur mit viel Geld zu arbeiten, ohne zu überlegen, was fürs Produkt gut ist, hat noch nie gut funktioniert."
Dass die zweifelsohne über offenbar endlose Finanzmittel verfügenden Saudis nun einen Keil zwischen Majors und ATP, WTA treiben könnten, kann freilich auch Straka nicht ausschließen.
"Es kann passieren, aber es geht uns gut, es geht den Slams gut. Ich glaube nicht, dass wir auf das Geld angewiesen sind, Geld ist für uns kein Gamechanger. Wenn wir so eine Lösung dann anstreben würden, würde man natürlich versuchen, das Maximum rauszuholen, aber nur für jemanden mit viel Geld alleine, lassen wir nicht alles liegen und stehen und ändern unsere Prinzipien."
Fakt ist, der bald 58-jährige Steirer ist in dieser Causa und wegen natürlich herrschender Verunsicherung "aktuell sehr viel unterwegs". "Da muss man einiges auf Schiene bringen und beruhigen. Die Spieler sind noch relativ ruhig, die vertrauen uns da."
Mehr Klarheit erhofft sich Straka, seit vielen Jahren im "Board of Directors" der ATP, bei großen Boardmeetings im April in Madrid. Ob es eine Ausschreibung für ein zehntes Masters-Turnier vielleicht schon vorher gibt, ist nicht ausgeschlossen. Schlagend würde dies ohnehin noch nicht für das kommende Jahr.