Gratulationen sind von seinen Erzrivalen Roger Federer und Rafael Nadal sowie vielen anderen Tennisgrößen gekommen: Kein Wunder, denn Novak Djokovic hat am Sonntag mit dem 6:7(4),6:4,6:4,6:3 über Matteo Berrettini im Wimbledon-Finale den nächsten Meilenstein seiner großartigen Karriere gesetzt: Sechster Wimbledon-Titel, 20. Major-Titel und die Chance, am 12. September mit einem US-Open-Triumph als dritter Spieler nach Don Budge und Rod Laver den Kalender-Slam zu schaffen.
Die Frage, ob er der beste Spieler aller Zeiten ist, beantwortete er - zumindest für die gegenwärtige Ära - mit einem Ja. "Ich halte mich für den Besten und glaube, dass ich der Beste bin, sonst würde ich nicht selbstbewusst darüber sprechen, Slams zu gewinnen und Geschichte zu schreiben", sagte Djokovic und schränkte dann doch noch ein: "Aber ob ich der Größte aller Zeiten bin oder nicht, diese Debatte überlasse ich anderen."
Es sei sehr schwierig, die Epochen im Tennis zu vergleichen. "Wir haben verschiedene Schläger, Technik, Bälle, Plätze. Es sind einfach völlig andere Bedingungen, unter denen wir spielen, daher ist es sehr schwer, das Tennis von vor 50 Jahren mit heute zu vergleichen."
Doch nach seinem sechsten Wimbledon-Titel, mit dem er übrigens auch den legendären Fünffach-Sieger Björn Borg übertrumpfte, scheint für den 34-jährigen Djokovic noch mehr möglich. Rafael Nadal ist knapp ein Jahr älter und wird ihm noch etwas länger im Weg stehen. Der Dritte aus dem Bunde der "Big Three" mit je 20 Grand-Slam-Triumphen, Roger Federer, wird hingegen am 8. August 40 Jahre alt. Seine Karriere könnte vielleicht noch dieses Jahr enden.
McEnroe glaubt an Gewinn von "zumindest vier oder fünf weiteren Majors"
Dass Djokovic von der körperlichen Substanz her Chancen hat, vielleicht sogar den Gesamt-Major-Rekord von Margaret Court (24 Titel) zu toppen, daran glaubt US-Legende John McEnroe. "Wenn er gesund bleibt, dann kann er wahrscheinlich noch zumindest vier oder fünf weitere Majors gewinnen", sagte "Mac". Aus Sicht des siebenfachen Grand-Slam-Siegers hat Djokovic zuletzt "besser als je zuvor gespielt".
Djokovic könne auch unter sehr viel Druck abliefern. "Man kann erwarten, dass das noch zwei Jahre so weitergehen kann, außer jemand anderer erscheint, und erkennt wie gut er selbst ist", orakelt McEnroe.
Olympia-Start wackelt
Djokovic-Coach Goran Ivanisevic meinte, dass die Debatte um den "Größten aller Zeiten" (GOAT - Greatest of all time) vorbeisein könnte, wenn der Serbe die US Open gewinnt und den Kalender-Grand-Slam schafft. Rod Laver hatte dies zuletzt in einer komplett anderen Zeit 1969 (davor 1962) geschafft. "Er ist der Einzige, der alle vier hintereinander im selben Jahr gewinnen kann", glaubt der Ex-Wimbledonsieger Ivanisevic.
Ob Djokovic auch den "Golden Slam" anvisiert, ist seit Sonntag hingegen unsicher: Das wäre der Kalender-Grand-Slam plus Olympia-Gold - das ist noch gar keinem Mann gelungen, sondern "nur" Steffi Graf 1988. Die Chancen, dass Djokovic in Tokio antritt, bezifferte er dieser nach dem Titel auf dem "Heiligen Rasen" aber nur noch mit 50:50. Der Ausschluss des Publikums sowie zu erwartende sehr strenge Auflagen haben seine Olympia-Lust stark reduziert.