Englands Gazetten hat am Dienstag sportlich vor allem das Semifinale der "Lionesses" bei der Fußball-WM und Wimbledon beschäftigt.
Da aber nicht so sehr das Auftakt-Out von Naomi Osaka, der Startsieg von Titelverteidiger Novak Djokovic, der Erstrundenauftritt von Roger Federer oder ein Brite, sondern Cori "Coco" Gauff. Die 15-Jährige sorgte mit ihrem 6:4,6:4 über Venus Williams für Aufsehen.
Die US-Amerikanerin wurde am 13. März 2004 geboren, da hatte ihre 39-jährige Landsfrau Williams zwei ihrer fünf Wimbledon-Titel schon in der Tasche. Scheinbar ungläubig jubelte Gauff am späten Montagabend am modernisierten Court 1, dabei sei der Sieg für sie gar nicht so unerwartet gewesen. "Ich war nur überrascht, weil so viele für mich geschrien haben. Ich habe nie auf so einem großen Platz gespielt."
"Ich will die Größte werden. Mein Vater hat mir gesagt, dass ich das kann, als ich acht Jahre alt war"
Aufgrund der späteren Stunde war der große Interviewraum beim Termin mit Gauff nicht gerammelt voll, aber doch sehr gut besucht. Die Teenagerin beeindruckte auch da mit einem selbstsicheren Auftreten und ihrer Zuversicht, was das Sportliche betrifft. "Ich will die Größte werden. Mein Vater hat mir gesagt, dass ich das kann, als ich acht Jahre alt war. Wenn ich mir gegen Venus vorgenommen hätte, nur ein paar Games zu holen, hätte ich nicht gewonnen."
"Es ist nur ein Turnier"
Sie glaube, dass sich viele zu enge Ziele setzen. Ist das Vorhaben umgesetzt, frage man sich, was jetzt. "Ich setze meine Ziele lieber höher." Dementsprechend ist das Ziel der Junioren-Siegerin der French Open 2018 sehr optimistisch formuliert: "Mein Ziel ist es, das Turnier zu gewinnen. Ich meine, es ist nur ein Turnier. Ich habe schon viele davon gespielt. Sicher ist es ein bisschen anders, aber jetzt relaxe ich mal vor Runde zwei."
In der trifft die Weltranglisten-313. am Mittwoch auf die doppelt so alte Magdalena Rybarikova, die Slowakin hat Aryna Sabalenka (BLR-10) ausgeschaltet. Marschiert Gauff weiter, könnten als nächstes Madison Keys (USA-17), Simona Halep (ROU-7) oder die Ex-Weltranglistenerste Viktoria Asarenka (BLR) auf sie warten. Gauff hat ihr Hauptfeldticket nach einer Wildcard für die Qualifikation geholt und wurde so die jüngste Spielerin im Wimbledon-Hauptbewerb in der "open era".
Vor der Auslosung hatte sich Gauff ein Erstrunden-Duell mit einer der Williams-Schwestern gewünscht. "Ich war dann super-geschockt. Ich habe mein Traumlos bekommen und habe dann auch noch gewonnen." Nervös sei sie aber nicht gewesen, gegen eines ihrer Idole zu spielen. "Ich habe da nicht an Venus gedacht, sondern nur mein Spiel gespielt. Egal, gegen wen ich spiele, ich will gewinnen. Daran habe ich die ganze Zeit gedacht."
Auch die WTA wurde von Gauffs Coup offenbar überrumpelt, denn das Spielerin-Profil der Newcomerin aus Delray Beach in Florida war noch ohne Foto. In Miami stand sie heuer schon in Runde zwei und holte dabei ein gutes Drittel ihres bisherigen Karriere-Preisgelds von 75.011 Dollar (rund 66.100 Euro). Für ihren Sieg über Williams gibt es 45.000 Pfund (rund 50.100 Euro) drauf. Mit einem Drittrundeneinzug würde Gauff ihr Karriere-Preisgeld mehr als verdoppeln.
Navratilova ist beeindruckt
Der neue US-Jungstar hat Venus Williams nun nicht nur auf ihrer Abschussliste, sondern auch einige Parallelen mit ihr. Sie ähnelt der älteren der beiden Williams-Schwestern vom Spiel und von der Statur, und auch bei ihr spielt ihr Vater eine große Rolle. Corey coacht seine Tochter und hält sie trotz des Aufstiegs am Boden, wie etwa Ex-Top-Ten-Spielerin Chanda Rubin sagt.
"Sie wird gut unterstützt, besonders von ihrem Vater, der für das Coaching in Übersee zuständig ist", erklärte Rubin nach einem Gespräch mit der Familie. "Bei dem, was sie braucht, geht er sehr methodisch vor. Es gibt in ihrem Privat- und Familienleben viel Positives." Auch Martina Navratilova war beeindruckt: "Cori Gauff hat sich der Tennis-Welt mit Stil vorgestellt."