„Ich bin einfach nur glücklich“, strahlte Sinja Kraus am Montag nach ihrem packenden Drei-Satz-Fight über die Schweizerin Viktorija Golubic in der zweiten Quali-Runde beim Upper Austria Ladies in Linz.
Mit 7:6 (3), 3:6, 6:4 bugsierte sich die 22-jährige Wienerin nach Wild-Card-Starterin Julia Grabher als zweite ÖTV-Spielerin in den Hauptbewerb des WTA-500-Turniers (Bericht>>>).
Keine Selbstverständlichkeit für eine junge Spielerin außerhalb der Top 200.
"Ich habe hier in der Qualifikation zwei super Matches gespielt und meine Leistung sehr gut auf den Platz bringen können. Zwei Siege gegen zwei ehemalige Top-100-Spielerinnen – das ist schon sehr, sehr gut.“
Enttäuschung über Wild-Card-Entscheidung
Nun darf sie sich auf ein weiteres Kräftemessen mit einer Top-Spielerin freuen. Dabei musste sie noch vor wenigen Tagen einen ordentlichen Rückschlag verkraften. Schließlich durfte sich Kraus durchaus Hoffnungen auf eine Hauptbewerbs-Wild-Card machen.
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Turnierdirektorin Sandra Reichel entschied sich schlussendlich, die letzte noch verfügbare "Freikarte" an Julia Grabher zu vergeben. Im Endeffekt eine goldrichtige Entscheidung für alle Beteiligten.
"Ich war schon sehr enttäuscht, als ich die Hauptfeld-Wild-Card nicht bekommen haben, aber die Sandra musste nun mal eine Entscheidung treffen und sie hat anscheinend die richtige Entscheidung getroffen", so Kraus.
"Sandra hat mir aber auch gesagt, dass ich das schaffen werde und ich habe alles gegeben und gezeigt, was ich kann. Für mein Selbstvertrauen war es auf jeden Fall sehr gut, die zwei Matches zu gewinnen."
Mutiges Spiel machte sich bezahlt
Vor allem die Perfomance gegen Golubic konnte sich wahrlich sehen lassen. Mit ihrem aggressiven Spiel dominierte Kraus immer wieder das Spielgeschehen und ließ sich dabei auch von dem einen oder anderen Fehler nicht aus der Bahn werfen.
"Es war ein unfassbares Match mit vielen guten Ballwechseln. Ich habe versucht, mutig zu spielen und an mich zu glauben und das Heft in die Hand zu nehmen. Ich habe auch nach Fehlern weiter versucht dranzubleiben und ihr mein Spiel aufzuzwingen. Das hat bis zum Ende gut geklappt", freute sich die Weltranglisten-220.
Rückschlag nach Handgelenks-Operation
Vor zwei Jahren kratzte Kraus als Nummer 151 schon an den Top 150. Eine Handgelenks-Operation im Vorjahr stoppte allerdings den Aufwärtstrend. "Die Probleme kamen quasi über Nacht. Irgendwann hab ich mich dann zur Operation entscheiden."
Drei Monate verlor Kraus durch ihre Verletzung. Nach ein paar Wochen fand sie dann langsam wieder in die Spur. "Irgendwann hat’s dann wieder geklappt und ich habe nichts mehr gespürt. Ich habe seitdem auch keine Probleme mehr." Ein Tape habe sie zwar noch auf dem linken Arm, dass sei aber "rein für den Kopf."
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Nur ein paar Schmerzen in der Schulter seien in den letzten Tagen aufgetreten. "Das ist aber auch schon wieder besser geworden", so Kraus, deren vorangiges Ziel in dieser Saison die eigene Gesundheit ist.
"Ich habe mir letztes Jahr auch schon Ziele vorgenommen und dann war ich wegen meiner Handgelenksverletzung drei Monate raus. Deshalb will ich auf meinen Körper hören und schauen, dass da alles funktioniert. Einfach step-by-step und schauen was geht."
Kraus arbeitet an Aufschlag und Übergang zum Netz
Zumindest in Linz hat dieses Rezept bislang perfekt funktioniert. Dass es in Zukunft aber noch weiter nach oben gehen soll, sei ebenfalls klar. Darum arbeite sie auch weiterhin fleißig an einer Verbesserung des eigenen Spiels.
Derzeit stehen vor allem der Aufschlag, der bereits gegen Golubic ein Grundstein zum Erfolg war, und die Transition zum Netz im Vordergrund. "Ich will öfter den Weg zum Netz suchen und dort meine Punkte beenden."
In der nur knapp dreiwöchigen Saisonvorbereitung sei dafür zumindest ein bisschen Zeit gewesen.
"Meine Saisonvorbereitung war relativ kurz, weil ich Anfang Dezember noch ein Turnier in Frankreich gespielt habe und direkt nach Weihnachten nach Australien geflogen bin. Es waren also nur so 2-3 Wochen. Da ist es schwierig, Großes zu bewirken. Jeder weiß, dass man Sachen viel üben muss, damit es dann auch einmal klappt. Zudem haben wir Kondi, Ausdauer, Schnelligkeit gemacht."
Kraus bleibt ihrer Spielphilosophie treu
Nichts ändern will Kraus auf jeden Fall an ihrer grundsätzlichen Spielphilosophie. Die lebensfrohe Wienerin sucht gerne das Risiko und will ihren Kontrahentinnen ihr eigenes Spiel aufzwingen.
"Dieses aggressive Spiel zeichnet mich auf jeden Fall aus. Ich bin eine Spielerin, die draufgeht und das Heft selbst in die Hand nimmt. Entweder mache ich die Fehler oder den Winner – so ist mein Spiel."
Angesichts der immer größer werdenden Dichte im Frauen-Tennis sicherlich kein schlechtes Rezept. In der ersten Runde des Hauptbewerbs bekommt es Kraus am Mittwoch mit der Weltranglisten-86. Anna Blinkova aus Russland zu tun.