Wie schnell es im Tennis in beide Richtungen gehen kann, hat in den letzten Wochen Eva Lys erleben können.
Als Lucky Loserin stürmte die 23-jährige Deutsche bei den Australian Open sensationell ins Achtelfinale und spielte sich dabei in die Herzen vieler Tennis-Fans.
Nur eine Woche später war beim Upper Austria Ladies in Linz bereits in der ersten Runde gegen die Qualifikantin Petra Martic Endstation.
"Man muss sich ja jede Woche wieder auf ein neues Turnier fokussieren. So schön die Australian Open waren, so schnell muss man sich auf die neuen Matches vorbereiten", weiß die Tochter von ukrainischen Einwanderern um die Schnelllebigkeit dieses Sports.
Aus den Fehlern der Vergangenheit lernen
Rückschläge und Niederlagen gehören zum täglich Brot. Wichtig sei es, aus diesen negativen Erlebnissen zu lernen.
"Wenn ich etwas scheiße mache, dann muss ich daraus lernen, es beim nächsten Mal besser zu machen", gibt Lys offen zu, in der Vergangenheit auch vieles nicht auf Anhieb richtig gemacht zu haben.
So habe sie gelernt, dass sie sich in der Vergangenheit oft zu sehr wegen finanzieller Gedanken aus der Konzentration bringen habe lassen.
Gecoacht wird Lys von ihrem Vater Wolodymyr – einem ehemaligen ukrainischen Davis-Cup-Spieler, der sich in Deutschland eine Existenz als Tennis-Trainer aufbaute.
Eine vergleichsweise günstige Lösung, trotzdem ist das Leben auf der WTA Tour natürlich kostspielig. Der finanzielle Druck ist bei Spielern außerhalb der Top 100 das tägliche Brot. Als Lys 2023 bei den US Open erstmals in der zweiten Runde eines Grand-Slam-Turniers stand, setzte sich die Deutsche damals selbst zuviel unter Druck.
Finanzielle Dinge stehen zu oft im Vordergrund
"Da habe ich zum ersten Mal eine Summe gesehen, bei der ich wusste, dass ich es die nächsten zwei, drei Monate einfacher haben werde. Das Match war dann eine absolute Katastrophe. Ich habe keinen einzigen Ball reingespielt. Seitdem versuche ich, mit diesen Situationen mental besser klarzukommen", erzählte Lys in Linz im Gespräch mit LAOLA1.
Was für einen "Kopfmensch", wie sie sich selbst bezeichnet, nicht immer so einfach sei. "Ich mache mir viele Gedanken über solche Themen."
"Die Erfahrungen, damit schlecht umzugehen, haben mir deshalb sicher geholfen, damit nun besser umzugehen. Wenn du nicht Top 100 bist, dann sind Finanzen immer ein riesiges Thema. Vor allem wenn du Schwierigkeiten hast, Sponsoren zu finden. Meine Eltern haben da eine große finanzielle Last getragen", so Lys, die für ihren Achtelfinale-Einzug in Melbourne immerhin 250.000 Euro Preisgeld bekam.
Preisgeld von Melbourne wird in Sport investiert
"Ich bin sehr froh, dass ich meinen Tennis-Sport nun selbst finanzieren kann. Der Weg ist aber noch lang, um mein Team ordentlich bezahlen zu können. Mein Vater macht das eher auf einem Charity-Level", fügt sie lächelnd hinzu.
"Ich werde mein gewonnenes Preisgeld aber auf jeden Fall weiter in den Sport investieren, um professioneller und besser werden zu können."
Durch ihren Erfolg in "Down Under" schaffte es Lys erstmals in die Top 100 der Welt. Durch ihren Überraschungslauf wurde die Deutsche in ihrer Heimat schlagartig populär. Ein Umstand, der die extrovertierte 23-Jährige aber eher erfreute als belastete.
"Man ist natürlich nicht vorbereitet auf solche Ereignisse. Ich bin super happy, dass ich mehr Fans gewonnen habe und mehr Menschen jetzt einmal ein Tennis-Match gesehen habe. In Australien hat man das nicht ganz so mitbekommen, was für Wellen geschlagen hat. Mich macht das alles extrem glücklich", freut sich Lys, die auf ihrem Instagram-Account mittlerweile über 160.000 Follower vorweisen kann.
"Jetzt ist die Zeit gekommen, das alles in die richtigen Schubladen zu stecken, zu verarbeiten, hungrig zu bleiben und weiter hart zu arbeiten."
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Modisches Ausrufezeichen
Das Zeug zum Star hat Lys allemal. Neben ihrer offenen Art setzt der Youngster auch modische Ausrufezeichen, wie das mittlerweile schon traditionelle zuknöpfen des Tennis-Shirts im Hüftbereich.
"Ich liebe Mode. Über den Knoten im Leibchen denke ich gar nicht mehr darüber nach. Es hat damit begonnen, als mir die Shirts immer zu lang geworden sind. Wenn da irgendwas herumfliegt, dann stört mich das einfach im Spiel. Deshalb hab ich das eigentlich in erster Linie gemacht. Ich mag aber auch Outfits, die eher feminin sind", scheut sie sich nicht, den Ausrüstern auch den einen oder anderen Tipp zu geben.
Knallig lackierte Fingernägel gehören ebenso zum Pflichtprogramm. "Wenn ich mich gut fühle, kann ich auch besser spielen", lautet ihr Motto.
Diese Feel-Good-Mentalität merkt man auch in ihren Matches: "Ich habe eine große Leidenschaft auf dem Platz und das habe ich glaub ich auch gezeigt. Es klingt relativ primitiv, aber Spaß ist im Endeffekt das, was mir mein gutes Tennis bringt. Dadurch, dass ich locker geblieben bin, egal welche Situation gekommen ist, habe ich einfach weiter an mich geglaubt und dieser Glaube hat mich dann auch weiter gebracht."
Wir sind gespannt, wo sie dieser Glaube noch hinführen wird.