Kalil Thomas kam im Sommer als einer von vier Rookies zu den Oberwart Gunners – mit bereits reichlich Erfahrung im Gepäck: Der 24-jährige Flügelspieler (1,96 m) gewann mit Morehead State gleich zweimal die Regular Season und krönte seine College-Karriere mit dem Conference-Titel sowie einer Nominierung ins OVC All Tournament Team 2024.
In seiner ersten Saison in Österreich war Thomas mit 14 Punkten, 5 Rebounds und beeindruckenden 46 Prozent von der Dreierlinie ein absoluter Leistungsträger – ehe ihn eine schwere Verletzung ausbremste.
Im Interview mit LAOLA1 spricht er über seine Rolle abseits des Courts, seinen Reha-Fahrplan und warum er sich in Oberwart dennoch am richtigen Ort fühlt.
LAOLA1: Wenn man sich im Team umhört, schwärmen alle von deiner Rolle – trotz Verletzung. Wie hilfst du der Mannschaft?
Thomas: Ich unterstütze das Team auf jede erdenkliche Weise. Während der Spiele beobachte ich viel und gebe meinen Mitspielern in den Auszeiten Hinweise, was sie besser machen könnten oder welche Optionen sie in bestimmten Situationen gehabt hätten. Die Coaches nennen mich inzwischen schon den "dritten Coach". Ich analysiere auch unsere Gegner sehr genau – besonders im Anschluss an die Spiele bei der Videoanalyse. Und ich versuche, der größte "Cheerleader" zu sein, der das Team auf dem Weg zum Titel anfeuert.
LAOLA1: Bist du nach der Verletzung zurück in die USA geflogen? Wo wurdest du operiert? Viele Legionäre wären in so einer Situation längst daheim.
Thomas: Nein, ich wurde hier direkt von unserem Teamarzt Martin Reschl operiert – nur zwei Tage nach der Verletzung. Es ging also alles sehr schnell, was perfekt war. Ich bin der gesamten Gunners-Organisation unglaublich dankbar für den Umgang mit meiner Verletzung. Andere Teams hätten ihren Spieler womöglich direkt nach Hause geschickt. Aber sie wollten, dass ich bleibe, sich hier gut um mich kümmern und sicherstellen, dass sowohl meine Reha als auch mein mentales Wohlbefinden optimal verlaufen. Das war für mich sehr wertvoll.

LAOLA1: Wie geht es dir aktuell? Wann kann man dich wieder auf dem Court sehen?
Thomas: Mit einem Achillessehnenriss war es sehr unwahrscheinlich, dass ich in dieser Saison noch zurückkomme. Aber laut dem Arzt war es ein "perfekter" Riss – was bedeutet, dass die OP gute Voraussetzungen für eine schnelle Heilung geschaffen hat. Und tatsächlich fühle ich mich bereits wieder gut, ich kann ganz normal gehen, trainiere kontinuierlich und arbeite intensiv an meinem Reha-Programm. Mein Ziel, vielleicht doch noch in dieser Saison zurückzukommen, hat mich enorm motiviert, wirklich fokussiert zu arbeiten. Realistisch gesehen könnte ein Einsatz vielleicht möglich sein, wenn wir das Halbfinale oder Finale erreichen. Aber ich will nichts überstürzen. Das Team hat im richtigen Moment eine tolle Chemie entwickelt. Ich arbeite weiter, und wenn sich die Möglichkeit ergibt, werde ich sie vielleicht nutzen – aber ohne Druck.
LAOLA1: Wie hast du diese schwere Verletzung verarbeitet? Was hält dich motiviert – gerade bei so einer Verletzung, die Karrieren beenden kann?
Thomas: Mir war es wichtig, beim Team zu bleiben und nah am Basketball dran zu sein. Ich hatte gerade erst begonnen, so viel über den europäischen Basketball zu lernen – das wollte ich nicht verlieren. Auch wenn die Verletzung groß war, will ich stärker zurückkommen. In den USA zu sein, wäre sicher auch möglich gewesen, aber dann wäre ich raus aus dem gewohnten Umfeld gewesen. Mental war es natürlich nicht leicht. Es gab Momente, in denen ich überlegt habe, zu meiner Familie zu fliegen. Aber mein Gefühl hat mir gesagt, dass es langfristig besser ist, hier in Oberwart zu bleiben.
LAOLA1: Warst du bis zu deiner Verletzung zufrieden mit der Saison?
Thomas: Ja, absolut. Meine erste Saison in Österreich hat richtig Spaß gemacht. Ich liebe meine Teamkollegen, wir verstehen uns super, und die Saison lief in die richtige Richtung. Ich habe mich wohlgefühlt, konnte Stück für Stück mehr Verantwortung übernehmen und hatte ein gutes Verhältnis zu den Coaches. Natürlich war die Verletzung ein Rückschlag – aber so etwas gehört zum Spiel. Es ist mein erstes Profi-Jahr in Europa, und wenn schon eine Verletzung passieren musste, dann bin ich fast froh, dass sie jetzt war. Ich habe noch viel Zeit in meiner Karriere. Die Meisterkultur hier ist auf jeden Fall etwas Besonderes – das habe ich in jedem Training gespürt. Für mein erstes Jahr in Europa war das genau der richtige Ort.
LAOLA1: Was macht euch als Team in dieser Saison so stark?
Thomas: Unsere Defensive und unser selbstloses Spiel. Wir haben viele Spieler mit unterschiedlichen Stärken. Auch wenn nicht jeder jedes Spiel sein Bestes zeigt, bringt jeder etwas Wertvolles ein. Ein Beispiel: Flo (Köppel, Anm.) hatte im ersten Spiel elf Punkte bei 100 Prozent von der Dreierlinie – und das als Nicht-Starter. Das war nicht unbedingt zu erwarten, aber genau dieser Impuls hat uns weitergebracht. Unsere Vielseitigkeit und unser Teamgeist machen uns jedes Mal zu einem Team, das entweder das beste am Feld ist – oder zumindest bis zum Ende voll im Spiel bleibt.
LAOLA1: Wie fällt dein Resümee zu Spiel eins aus?
Thomas: Das war der Basketball, den wir spielen wollen – auch wenn noch Luft nach oben ist. Ich bin gespannt, wie die Reise weitergeht. Kapfenberg ist ein sehr gutes Team, das sich zur Saisonmitte stark verändert hat. Es sind hoffentlich noch zwei Spiele übrig – wir wollen die Serie zuhause beenden und dann sehen, wie weit es gehen kann.
LAOLA1: Was planst du für die Zukunft?
Thomas: Momentan versuche ich, nicht zu weit vorauszudenken, um mir selbst keinen Stress zu machen. Ich nehme es Tag für Tag und konzentriere mich auf meine Genesung. Was die Zukunft bringt, weiß ich noch nicht – aber es wäre großartig, hierher zurückzukommen. Ich liebe die Fans und die Stadt.
Spiel 2 findet heute, Donnerstag, um 19 Uhr in Kapfenberg statt.
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