Svetlana Moshkovich ist in Sibirien geboren und hatte im Alter von 21 Jahren einen Autounfall, der zu einer inkompletten Querschnittslähmung führte.
Mit 25 Jahren zog sie nach Deutschland und entdeckte kurz danach das Handbiken, zuerst als Hobby und Bewegungsmöglichkeit neben dem Studium. 2014 zog sie nach Österreich und kombinierte ihr Training in Innsbruck mit dem Bachelorstudium der Sportwissenschaft.
Seit 2022 ist sie offiziell Österreicherin und hat 2023 ihre erste Saison fürs Paracycling Team Austria mit dem Gesamtweltcupsieg und dem Sieg bei den Österreichischen Staatsmeisterschaften im Zeitfahren absolviert.
Geburtstag: 04.06.1983
Wohnort: 6020 Innsbruck, Tirol
Website: https://www.svetlanamoshkovich.com
Instagram: https://www.instagram.com/svetlankafly/
Facebook: https://www.facebook.com/svetlankafly/
Frage: Was bedeutet Erfolg für dich?
Moshkovich: Mich über meine eigenen Limits zu trauen und konsequent an meinem Ziel zu arbeiten. Mit Stärken und Schwächen zurecht zu komme,n um am Tag X zu sagen, ich habe mein Bestes gegeben.
Frage: Was war dein größtes Erfolgserlebnis im vergangenen Jahr?
Moshkovich: Am Anfang der Rennsaison war alles neu und ungewiss für mich. Mein erstes Jahr im Paracycling Team Österreich und der Wiedereinstieg ins Renngeschehen nach eineinhalb Jahren Pause. Ich habe versucht, mich auf das Wesentliche und mein Ziel zu konzentrieren, auf das, was in dem Moment zählte. Und somit konnte ich den Gesamtweltcup in Paracycling gewinnen, mit zweimal Gold, zweimal Silber und einmal Bronze in den einzelnen Weltcup-Rennen. Ich bin sehr stolz auf diesen Erfolg.
Frage: Wie bist du zu deinem Sport gekommen?
Moshkovich: Als ich mein Praktikum in einem Aktiv-Hotel in Deutschland absolvierte, habe ich dort das Ottobock Handbike Team kennengelernt. Das Team wollte Querschnittsgelähmte an das Handbiken heranführen. Also habe auch ich es versucht und mich sofort in diese Sportart verliebt. Sie gibt mir als Rollstuhlfahrerin viel von meiner Bewegungsfreiheit zurück.
Frage: Was ist das Faszinierende an deinem Sport bzw. warum sollten Sportfans vermehrt auch dich anfeuern und nicht nur die oft millionenschweren Kicker?
Moshkovich: Ich gönne den Fußballern ja ihren Publikumserfolg und habe bei der EM selbst mitgefiebert. Beim Handbiken geht es mehr um die Überwindung der individuellen Grenzen. Sowohl die Erschöpfung als auch die Geschwindigkeit verschaffen faszinierende Erfahrungen. Im Wettkampf spielen natürlich auch Taktik und Risikobereitschaft eine Rolle. Man lernt dabei viel, auch über sich selbst.
Frage: Wie würdest du Kinder für deinen Sport bzw. mehr Bewegung generell begeistern?
Moshkovich: Freude ist ansteckend, nicht nur, aber besonders für Kinder. Na klar, wir Sportler haben da eine Vorbildfunktion. Und wir sollten Kindern Erfahrungen mit unterschiedlichen Sportarten ermöglichen, damit sie erleben können, was ihnen am meisten Spaß macht. Ob sie dann später eher Freizeit- oder Leistungssport machen, das werden sie auf ihrem Lebensweg selbst entscheiden.
Frage: Wer ist dein größtes Vorbild und warum schaust du zu ihm/ihr auf?
Moshkovich: Walter Ablinger, mein Teamkollege, der immer Fair Play zeigt und der es schafft, auch mal Rückschläge zu verkraften und dann größte Herausforderungen als Sieger zu meistern. Er ist bodenständig und ein absoluter Teamplayer!
Frage: Mit welchem Sportler/Sportlerin würdest du gerne einen Abend verbringen?
Moshkovich: Mit Filippo Ganna, der aktuell der Stunden-Rekordhalter auf dem Velodrome ist. Ich würde gerne mehr über seine Vorbereitung und die wichtigsten Schritte auf dem Weg zu diesem großartigen Rekord wissen. Für nächstes Jahr plane ich ja, einen solchen Stunden-Weltrekord für Frauen im Handbike aufzustellen und damit einen neuen Wettbewerb ins Leben zu rufen, den es für Männer längst gibt.
Frage: Wer ist dein größter Fan?
Moshkovich: Neben meiner Familie ist das sicher mein Freund, der selbst Paracycling-Sportler ist und mich auch deswegen gut versteht.
Frage: Findest du es toll oder nervig, wenn man dich auf der Straße erkennt und nach einem Selfie fragt?
Moshkovich: Ist mir noch nie passiert. Aber ich fände es sicher toll und würde es als Anerkennung für meine sportliche Leistung verstehen.
Frage: Was wäre dein wichtigstes Anliegen, wenn du die Sportpolitik in Österreich revolutionieren könntest?
Moshkovich: Ich bin nach Innsbruck gezogen, weil dort für mich als Para-Sportlerin die besten Voraussetzungen bestehen. Ich starte in Paris für Österreich und bin dankbar, Teil dieser Mannschaft zu sein und gut unterstützt zu werden. Warum bitte sollte ich da die Sportpolitik revolutionieren wollen?
Frage: Stell dir vor, du hast für die nächste Saison ein unerschöpfliches Budget und könntest dir sämtliche Trainings- und Materialwünsche erfüllen. Worin würdest du investieren?
Moshkovich: In einen Windtunnel-Test, um mein Handbike und meine Körperhaltung maximal aerodynamisch zu machen. Außerdem würde ich meinen Masseur und meinen Konditionstrainer am liebsten immer zu meinen Trainingslagern einladen. Ich würde meinen Freund als Mechaniker und Personal Trainer fest anstellen. Und ich würde drei bis vier Mal pro Jahr ein Höhentraining durchführen. Außerdem würde ich viele Trainingslager auf dem Velodrome einplanen, wo auch mein Bahntrainer dabei sein kann. Wie gesagt, nächstes Jahr will ich einen Stunden-Weltrekord im Velodrom aufstellen, im Februar.
Frage: Als Profisportler:in musst du im Alltag oft bei gewissen Dingen zurückstecken. Was fällt dir dabei besonders schwer?
Moshkovich: Ich würde gern mehr Freizeit mit meinen Freunden verbringen.
Frage: Worauf freust du dich nach einer harten Trainingssaison am meisten?
Moshkovich: Meine Familie wiederzusehen und ihr meine Zeit zu widmen, spielt eine wichtige Rolle. Überhaupt das Reisen, ohne immer an die Trainingspläne zu denken.
Frage: Wer Erfolge feiert, muss auf dem Weg dorthin auch Misserfolge einstecken. Wie motivierst du dich danach wieder?
Moshkovich: Auf dem Weg zu einem Ziel Fehler zu machen, ist zulässig. Statt das Ziel aufzugeben, ist es besser, aus den Fehlern zu lernen und so das eigene Verbesserungspotenzial zu erkennen. Ich habe gelernt, damit umzugehen und so mich selbst zu akzeptieren, auch wenn es mal nicht rund läuft. Entscheidend ist zu handeln statt zu hadern.
Frage: Als du das erste Mal von der Sporthilfe bezüglich einer Unterstützung kontaktiert wurdest, was ging dir da durch den Kopf?
Moshkovich: Ich war überglücklich, diese Unterstützung zu bekommen. Ein Jackpot für meinen sportlichen Weg! Und es war eine riesige Erleichterung, die hohen Kosten in meiner Sportart zu decken.
Frage: Wie wichtig ist diese Unterstützung der Sporthilfe für dich und wofür verwendest du diese Zuwendung?
Moshkovich: Sie hat mein Leben sehr positiv verändert. Bevor ich Sporthilfe erhalten habe, hatte ich kein regelmäßiges Einkommen. Jetzt kann ich mir ein Trainingslager leisten und auch leichter in mein Wettkampf-Material investieren, was im Vorfeld der Paralympics eine großartige Hilfe ist.
Frage: Welche drei Worte beschreiben dich am besten?
Moshkovich: Resilient, fröhlich, neugierig.
Frage: Was hätten wir dich noch fragen sollen bzw. wolltest du schon immer loswerden?
Moshkovich: Wieviel Kilometer willst du beim Ein-Stunden-Weltrekord im Handbike schaffen? Antwort: Die Minimum-Marke, die ich mir gesetzt habe, ist 38 km/h.