Wird die Spitze des heimischen Frauen-Biathlons bald zum "Dreimäderlhaus"?
Die 21-jährige Anna Andexer hat das Potenzial, in den nächsten Jahren zu Lisa Hauser und Anna Gandler aufzuschließen und mit ihnen die Speerspitze im ÖSV-Team zu bilden.
Dass sie einmal bei "den Großen", wie sie es nennt, mittendrin sein würde, hätte sie vor nicht allzu langer Zeit gar nicht für möglich gehalten. Noch sei der Weltcup "eine komplett andere Liga" für sie.
Bei ihrem ersten Verfolger in Hochfilzen habe sie am Start, als die Athletinnen vor ihr losstarteten, gedacht: "Boah, die sind ab der ersten Runde weggeschweißt." Das Top-Talent bewies Tags zuvor, dass der Schritt in den Weltcup genau richtig kam, als sie mit Rang 25 beste Österreicherin wurde.
Ihr Vorbild, Lisa Hauser, hatte die starke Leistung ihrer Teamkollegin sogar vorhergesagt >>>
Im Interview bei LAOLA1 spricht die 21-Jährige über die Unterschiede zwischen IBU- und Weltcup, warum ihr die Rolle als Österreichs Top-Talent sogar Spaß macht und warum ein Umzug dafür mitverantwortlich war, dass sie Biathletin wurde.
LAOLA1: Willkommen im Weltcup, Anna! Wie geht es dir nach deinem Debüt?
Anna Andexer: Ich muss sagen, es ist eine komplett andere Liga. So hätte ich es mir nicht vorgestellt. Ich habe schon gewusst, dass es ein wirklich großer Sprung vom IBU- in den Weltcup ist, das hat man mir immer schon gesagt. Im Verfolger habe ich mir gedacht: 'Boah, die sind ab der ersten Runde weggeschweißt.' Das war für mich wie ein Sprint (lacht). Aber es hat mega Spaß gemacht.
LAOLA1: Was ist der bisher größte Unterschied zwischen IBU-Cup und Weltcup?
Andexer: Es ist natürlich von den Zuschauern her komplett anders. Hochfilzen ist wahrscheinlich noch einmal eine andere Hausnummer. Auch von den Medien her, das ist im IBU-Cup absolut gar nicht so. Die ganzen Interviews, das ist im Weltcup einfach viel mehr. Das Niveau ist auch ein ganz anderes, vor allem läuferisch. Da sind wirklich die Besten der Besten und da merkt man noch einmal einen enormen Klassenunterschied.
"Ich genieße das auch ein bisschen. Ich mag es, wenn man ein bisschen mediale Aufmerksamkeit hat. Gott sei Dank kann ich mit dem Druck auch umgehen"
LAOLA1: Du wirst als Österreichs größtes Biathlon-Talent bezeichnet, wie geht es dir mit solchen Zuschreibungen?
Andexer: Also eigentlich nehme ich das voll locker (lacht). Ich lese das ja auch ziemlich oft, aber ich denke mir: Ich mach' einfach meine Sache. Ich genieße das auch ein bisschen. Ich mag es, wenn man ein bisschen mediale Aufmerksamkeit hat. Gott sei Dank kann ich mit dem Druck auch umgehen. Ich mag das auch gerne, wenn mir Leute zuschauen. Mir kommt sogar vor, ich schieße in Drucksituationen besser, wie im Sprint in Hochfilzen zum Beispiel.
LAOLA1: Ich habe gehört, dass du eigentlich zunächst eher in Richtung einer Karriere als Langläuferin tendiert hast. Stimmt das so?
Andexer: Ja, genau. Ich habe vorher im Pongau gewohnt und da gibt es eigentlich nur Langlauf und Schießen war gar nicht so richtig möglich. Meine Familie und ich sind dann nach Saalfelden umgezogen. Da bin ich dann im Verein das erste Mal dabeigewesen und da lebt auch Biathlon mehr. Das hab ich dort dann zum ersten Mal probiert und es hat mir eigentlich viel mehr Spaß gemacht. Natürlich langlaufe ich auch gerne. Aber beim Biathlon tut sich so viel und es kann sich so viel ändern. Das ist schon cool, weil das ist im Langlauf eben nicht so. Teresa (Stadlober, Anm.) ist schon gut dabei, aber es sind halt dort meistens die gleichen vorne. Im Biathlon wechselt sich das ab. Wenn du gut schießt und gut läufst, dann können auch wir vorne dabei sein.
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
LAOLA1: Das heißt, du wärst du ohne den Umzug vielleicht gar nicht Biathletin geworden. Kann man das so sagen?
Andexer: Ein bisschen kann man das vielleicht schon so sagen. Dort, wo ich vorher gewohnt habe, hätte ich nach Hochfilzen rund zwei Stunden gebraucht. Dann müsstest du unter der Woche dort schlafen und ich bin aber sehr gerne zuhause bei meiner Familie. Mit gibt das echt viel. Eigentlich könnte es für mich nicht besser sein, als es ist.
LAOLA1: Für dich geht es jetzt ja voll hinein in deine Karriere als Profisportlerin. Was würdest du beruflich machen, wenn du nicht Sportlerin wärst?
Andexer: Das ist total schwer, ich habe mir das schon sehr oft gedacht, was ich dann machen würde. Ich bin jetzt beim Polizeisport dabei und ich könnte mir gut vorstellen, danach bei der Polizei zu bleiben. Ich bin zwar noch in der Ausbildung, aber es gefällt mir bisher sehr gut. Als Kind wollte ich immer Krankenschwester werden, so wie meine Mutter.
LAOLA1: Verfolgst du einen gewissen Karriere-Plan? Dass du zu gewissen Zeitpunkten etwas Bestimmtes erreicht haben willst oder lässt du lieber alles auf dich zukommen?
Andexer: Ich nehme das eher locker und lasse es auf mich zukommen. Heuer habe ich mir auch nicht viel gedacht und bin einmal die Quali (in Obertilliach, Anm.) gelaufen. Für mich war es dann voll cool, dass ich im IBU-Cup eingestiegen bin. Ich brauche Rennen, um vom Läuferischen her besser zu werden. Von daher hat es gut gepasst, dass man mich dann angerufen hat, dass ich in Hochfilzen starten darf. Weil wenn ich läuferisch nicht dabei gewesen wäre, macht es im Weltcup einfach keinen Sinn. Wenn du dann hinten herumläufst, kannst du noch so gut schießen, das ist dann nicht lustig.
LAOLA1: Du hast zuletzt gesagt, Lisa Hauser ist dein großes Vorbild. Was fasziniert dich so an ihr?
Andexer: Mich fasziniert, dass sie immer so offen und freundlich ist. Vor allem, wenn ich als junge Sportlerin nachkomme und Fragen habe, kann ich immer auf sie zukommen. Auch früher, als ich sie im Fernsehen gesehen habe, habe ich mir gedacht: Sie hat schon so viele Medaillen und ich möchte das auch einmal schaffen. Ich hätte wirklich nie gedacht, dass ich einmal mit oder gegen solche Leute laufen darf. Ich schätze die Lisa wirklich sehr, sie ist ein großer Name.
LAOLA1: Bei den Frauen sicher der größte, den wir in Österreich bisher hatten.
LAOLA1: Ja, absolut. Sie hat schon so viel erreicht. Ich möchte auch gerne einmal eine Einzelmedaille gewinnen. Das ist mein Traum, aber ich weiß, dass ich dafür noch ein paar Jahre brauche. Da muss alles zusammenpassen und dafür bin ich auch im Schießen noch ein bisschen zu langsam und instabil. Das geht nicht von heute auf morgen. Bei Reini (Gössweiner, Anm.) bin ich da in besten Händen, er ist ein super Schießtrainer.
LAOLA1: Was möchtest du in dieser Saison noch erreichen? Welche Ziele hast du dir gesetzt?
Andexer: Ich bin ja noch das letzte Jahr Juniorin und darf bei der WM mitmachen. Es ist noch ein Ziel, dort eine Einzelmedaille zu holen. Letztes Jahr haben wir in der Mixed-Staffel Bronze geholt und ich war immer knapp an der Einzelmedaille dran. Das wäre noch richtig cool, wenn ich das schaffen würde. Aber sonst lasse ich auch da alles ein bisschen auf mich zukommen. Ich möchte läuferisch und im Schießen konstant sein, dann ergibt sich das eigentlich eh alles. Und ich möchte viel Erfahrung sammeln, vor allem bei den Großen.
LAOLA1: Was wünscht sich Anna Andexer vom Christkind?
Andexer: Bei uns wird das nicht so großgeschrieben. Als Sportler muss man ja zu Weihnachten eh immer ein bisschen aufpassen.
LAOLA1: Du meinst, sich nicht mit irgendetwas anzustecken?
Andexer: Ja, genau. Bei mir ist es immer das wichtigste, mit der Familie zusammenzukommen, aber konkrete Wünsche habe ich nicht. Dass man gesund bleibt, ist immer das wichtigste.