Wenn Katharina Innerhofer spazieren geht, ist das für sie anstrengend.
Es fühlt sich an wie eine harte Trainingseinheit auf den Skirollern, im Fitnessraum oder auf Langlaufskiern. „An echtes Training ist derzeit nicht zu denken“, erklärt sie gegenüber LAOLA1.
Die 24-Jährige durchlebt derzeit das Schlimmste, das einem Spitzensportler passieren kann: Berufsverbot!
Innerhofer wurde immer wieder krank
Rückblick: Bereits während der letzten Saison wurde die Salzburgerin krank und erholte sich nur langsam. Wenn es einen Schritt nach vorne ging, folgten zwei zurück.
So ging das auch über den ganzen Sommer. „Eine gute Einheit war möglich, dann ist das System wieder zusammengefallen“, blickt sie zurück. So war es zwar möglich, bei Leistungstests gute Ergebnisse zu erzielen, über einen längeren Zeitraum konnte sie das Niveau allerdings nicht halten.
"Niemand weiß, wie mein Körper darauf reagiert."
Der letzte Akt war schließlich der Weltcup im letzten Dezember auf der Pokljuka. Wieder wurde Innerhofer krank, wieder konnte sie ihr zweifellos großes Potenzial nicht abrufen.
Die erste österreichische Siegerin eines Biathlon-Weltcuprennens (Pokljuka 2014) unterzog sich ausführlichen Untersuchungen. Zwar ergaben diese keine angenehme Diagnose, schafften aber Gewissheit.
Epstein-Barr-Virus legt ÖSV-Biathletin lahm
Innerhofer ist am Epstein-Barr-Virus erkrankt, einem Virus, der immer wiederkehrt und das Immunsystem der ÖSV-Loipenjägerin in unregelmäßigen Abständen lahmlegt. Aufgrund der späten Diagnose ist es wahrscheinlich, dass sie ihrem Körper aufgrund der großen Belastung zusätzlichen Schaden zugefügt hat, der das Virus begünstigte.
Ab sofort ist damit Schluss. Innerhofer ist zum Nichtstun gezwungen, abgesehen von Spaziergängen ist Schonung oberste Prämisse. Zwar wird sie von den ÖSV-Teamärzten betreut, doch eine Prognose über ihre Rückkehr können auch sie nicht abgeben.
„Niemand weiß, wie mein Körper darauf reagiert.“ Die Ungewissheit ist für die starke Läuferin nur schwer erträglich. Auch das Stillsitzen belastet sie zunehmend. „Ich halte es fast nicht aus. Ich kann nicht nur rumliegen, da fühle ich mich noch kranker.“
Es fällt ihr auch schwer, ihren Kolleginnen im TV zuschauen zu müssen. „Wenn ich sie laufen sehe, ist das nicht einfach für mich.“ Innerhofer weiß aber, dass ihr derzeit nichts anderes übrig bleibt. Der eigene Körper zwingt sie dazu.
Innerhofer: "Das komplette System ist zusammengebrochen"
„Das komplette System im Körper ist zusammengebrochen“, erklärt sie. Endlich Gewissheit zu haben, bringt aber auch das Gefühl der Erleichterung mit sich, denn über Monate hinweg rätselten die bald 25-Jährige (17. Jänner) und das Trainerteam, warum es auf der Loipe nicht nach Wunsch lief.
„Zum Glück weiß ich jetzt, was los ist. Das ist positiv, denn jetzt ist klar, warum ich nie an meine Leistungen rangekommen bin, oder eben nur ab und zu mal.“ Innerhofer ist nicht die einzige aus dem Biathlon-Zirkus, die sich mit einem solchen Virus herumplagen muss.
Im Sommer 2014 erkrankte etwa Martin Fourcade am Pfeifferschen Drüsenfieber, im Jahr darauf erwischte es Darya Domracheva. Ob die hohe Belastung bei Ausdauersportlern ein Mitgrund ist, lässt sich nicht zweifelsfrei beantworten, auffällig ist es allemal.
Fourcade und Domracheva ebenfalls außer Gefecht
"Ich war fünf Jahre nie krank, ich hatte nichts, und dann kommt sowas!"
„Bisher habe ich mich nie damit beschäftigt“, rätselt auch Österreichs Premieren-Siegerin. „Ich war fünf Jahre nie krank, ich hatte nichts, und dann kommt sowas!“ Der Heilungsprozess solcher Krankheiten ist individuell völlig unterschiedlich.
Während Fourcade nach wenigen Wochen wieder fit war und im darauffolgenden Winter die übliche Dominanz ausstrahlen konnte, entschied sich Domracheva dazu, einen Winter zu pausieren, um dem Körper die nötige Zeit zu geben, die Akkus vollständig aufzuladen.
„Ich hoffe, bei mir geht es schnell“, meint die Athletin des SC Maria Alm. „Ich wusste aber nicht, dass ich den Virus hatte, deshalb habe ich wohl (mit dem Training, Anmerk.) zu früh wieder angefangen.“
ÖSV steht hinter Innerhofer
Eine große Last wird ihr vom österreichischen Team genommen, das voll hinter der Salzburgerin steht und sie in dieser schwierigen Zeit unterstützt. „Ich bekomme die Zeit, die ich brauche, deshalb mach ich mir auch keinen Stress.“
Mit dem Trainerteam um Walter Hörl und Sandra Flunger ist sie in regem Austausch, auch die Kolleginnen, die längst zu Freundinnen wurden, unterstützen sie tatkräftig. „Meine Familie ist eine große Hilfe“, sagt sie. „Sandra hilft mir auch, die Mädels fragen immer nach wie es mir geht.“
Ein baldiges Comeback scheint derzeit unwahrscheinlich, die Hoffnung gibt sie allerdings nicht auf, auch wenn ihr langsam die Zeit davon läuft. „Das Ziel ist, dass ich heuer noch laufen kann. Ich will mich aber nicht festlegen, dass es bis zur WM ist.“
Innerhofer muss Geduld beweisen und ihrem Körper Zeit geben. Es ist ein Wettkampf der anderen Art, allerdings einer, der genauso schwierig ist wie der Kampf gegen die Uhr und Strafrunden.
Christoph Nister