Er ist der große Hoffnungsträger im heimischen Männer-Biathlon, auf seinen großen Durchbruch wartet er aber noch: Felix Leitner. Der 26-Jährige galt und gilt als Nachfolger von "Evergreen" Simon Eder.
Der 40-Jährige ist für Leitner ein wichtiger Ratgeber, wie er im LAOLA1-Talk erklärt. Einer, der ihm auch dabei helfen kann, wieder auf jenes Niveau zu kommen, das ihn in Oberhof 2020 erstmals aufs Weltcup-Stockerl laufen ließ.
Im Vorwinter brach Leitner seine Saison im Jänner frühzeitig ab, nun nennt er die Gründe dafür und lässt auch hinter die Kulissen blicken.
Außerdem spricht er darüber, ob und wie Österreich in der Staffel wieder ein Podestkandidat werden kann, er geht auf die aktuell schwache rot-weiß-rote Performance in der Loipe ein und erklärt, was der Felix Leitner von heute jenem von 2016 voraus hat.
LAOLA1: Du bist zu Beginn der Saison in den Weltcup zurückgekehrt, nachdem du die vergangene Saison im Jänner vorzeitig beendet hast. Was war damals los bei dir?
Felix Leitner: Da ist vieles zusammengekommen. Läuferisch war es zäh, dann ist es mental richtig schwer geworden. Zudem hatte ich Schwierigkeiten mit dem Ski, mit unserem Chefwachsler war es zwischenmenschlich schwierig. Ich habe dann bemerkt, dass es mit dem Körper nicht mehr richtig funktioniert, mental war es zäh und dann hätte es keinen Sinn mehr gemacht.
LAOLA1: In dieser Saison läuft es etwas besser, speziell im Schießen bist du einer der besten im Weltcup. An welchen Schrauben hast du über den Sommer gedreht?
Leitner: An ähnlichen wie in den letzten Jahren. Im Sommer haben wir geschaut, dass wir bis zum ersten Schuss schnell arbeiten und danach die Serien gut und konstant schießen. Sam (Simon Eder, Anm.) hat die ganze Gruppe da immer gepusht. Vor allem mir hat er viel geholfen. Es ist noch früh in der Saison, aber bisher funktioniert es sehr gut.
LAOLA1: Simon ist mit seiner Expertise für euch sicher Goldes wert.
Leitner: Auf jeden Fall, man schaut sich da extrem viel ab. Er hilft einem auch stets. Wenn ich etwas brauche, ist er immer da. Dafür bin ich sehr dankbar.
"Damals war ich immer bei etwa 20 bis 30 Sekunden Rückstand in der Laufzeit, manchmal auch besser. Da wäre ich aktuell gerne."
LAOLA1: Dein Trainer Vegard Bitnes hat vor Kurzem gesagt, du strahlst wie dein Ehering. Welchen positiven Einfluss hat deine Heirat tatsächlich auf deine Leistungen?
Leitner: Es war einfach der Beginn einer total lässigen Zeit. Wir haben im Mai geheiratet, sind dann auf Hochzeitsreise gefahren, so hat das Trainingsjahr super angefangen. Leistungsmäßig war es gut und im Team war eine tolle Atmosphäre. Das war wahrscheinlich der Grund für dieses Strahlen, das er da erkannt hat.
LAOLA1: Vor knapp drei Jahren hast du in Oberhof mit Rang zwei im Massenstart dein erstes Podest geholt. Was fehlt aktuell noch, um wieder der Felix Leitner zu werden, der du damals warst?
Leitner: Schwer zu sagen, ich weiß es selber nicht. Aber wenn man es analytisch betrachtet, dann fehlt ganz klar das Läuferische. Da war ich einfach auf einem anderen Niveau. Damals war ich immer bei etwa 20 bis 30 Sekunden Rückstand in der Laufzeit, manchmal auch besser. Da wäre ich aktuell gerne. Das Schießen ist dafür konstanter geworden. Aber was mir fehlt, ist ganz klar im Laufen zu holen. Ich tue mir aber noch schwer, das einzuordnen. Ich glaube, es muss jetzt erst einmal das erste Trimester vorbeigehen. Dann werden wir zurückschauen und mit Vegard (Trainer Bitnes, Anm.) reden, wie wir weitermachen.
LAOLA1: Du hattest dein Weltcupdebüt ganz früh. Im Jahr 2016, mit damals noch 19 Jahren. Wie hast du dich seither als Persönlichkeit weiterentwickelt und wie hilft dir das gerade in solchen Phasen wie jetzt oder in der Vorsaison?
Leitner: Zur Zeit meines Debüts war der Sport ganz klar die Nummer eins, da hat es für mich nur das gegeben. Der Sport steht für mich immer noch ganz, ganz oben, aber mittlerweile gibt es auch andere Sachen. Da sieht man dann, vor allem, wenn man durch schwere Zeiten geht, dass Familie und Freunde das Wichtigste sind und der Sport, wenn es gut läuft, dazu kommt. Wenn es nicht gut läuft, kommt es darauf an, wie du dastehst und ob du neben dem Sport auch noch ein gutes Leben haben kannst. Das hatte ich zwar früher auch, habe es aber nicht so geschätzt wie heute. Da musste ich auch erst draufkommen.
LAOLA1: Das heißt, dass du früher vielleicht zu verbissen warst?
Leitner: Ja, das kann man so sagen. Dahingehend bin ich sicher lockerer geworden. Jetzt gerade, wo es mit dem Laufen nicht hinhaut, werde ich alles dafür tun, dass es besser wird. Aber früher hätte mich das sicher viel mehr fertig gemacht.
LAOLA1: Du meinst, dass du mental sehr gereift bist?
Leitner: Ja, vor allem durch das letzte Jahr. Ich habe heuer viel Mentaltraining gemacht, vor allem, nachdem ich die letzte Saison vorzeitig beendet habe. Ich denke, dass ich da einfach reifer geworden bin.
"Bei ihm merkt man nicht, dass er schon Anfang 40 ist. Man muss wirklich sagen, dass er jung geblieben ist."
LAOLA1: Du bist jetzt seit sieben Jahren regelmäßig im Weltcup dabei. Dein Teamkollege Simon Eder, über den wir vorher schon kurz gesprochen haben, schon seit rund 20 Jahren. Welche Bedeutung hat es für euch als Team, dass er immer noch dabei ist?
Leitner: Bei ihm merkt man nicht, dass er schon Anfang 40 ist. Man muss wirklich sagen, dass er jung geblieben ist. Er kann sich auch super in die Gruppe einbinden. Wir haben die gleichen Interessen, führen super Gespräche. Da merkt man jetzt nicht, dass er so viel älter ist wie andere. Es ist auch seine Herangehensweise im Allgemeinen. In Hochfilzen, als er mit Halsweh kämpfte, hat er gesagt: ‘Okay, ich werde jetzt nicht laufen.’ Weil er genau weiß, dass er danach noch viel kränker wird. Dann könntest du Lenzerheide auch abhaken. Das und sein Schießen - da merkt man einfach, wieviel er erlebt hat. Er macht da wie dort kaum noch Fehler.
LAOLA1: Gibt es etwas, dass du dir von ihm abgeschaut hast und das du heute genauso machst wie er?
Leitner: Beim Schießen habe ich mir sehr, sehr viel abgeschaut. Wie er herangeht, welche Einstellung er hat. Er haut ja die Schüsse auch nicht mehr so raus wie früher. Er geht hin, arbeitet schon vorm ersten Schuss sehr schnell. Währenddessen stresst er sich nicht und arbeitet Schuss für Schuss ab. Das ist es, was ich mir versuche, abzuschauen. Da ist er ein riesen Vorbild.
LAOLA1: In der Staffel seid ihr beide quasi Fixstarter. Dort wart ihr in Östersund als Vierte schon wieder knapp dran am Stockerl. Was fehlt euch aktuell noch, um wieder, so wie früher, ein Podestkandidat zu werden?
Leitner: Da fehlt es läuferisch, ganz klar. Im Schießen passt es ja, in Östersund hatten wir kaum Nachlader (zwei, Anm.). Das war ein fast perfektes Rennen, was das betrifft. Wir müssen auf Fehler von anderen hoffen und selber ein super Rennen machen, um so etwas wie Rang vier nochmal zu schaffen. Wenn jeder um ein paar Prozent besser wäre, könnten wir immer um solche Platzierungen mitkämpfen und vielleicht auch einmal aufs Podest laufen. So wie beispielsweise 2020 (in Ruhpolding, Anm.), als Landi (Dominik Landertinger, Anm.) und Julian (Eberhard, Anm.) noch dabei waren. Aber da fehlt es uns aktuell einfach in der Loipe. Vom Training her haben wir heuer aber sehr viel richtig gemacht. Dass es jetzt noch so schlecht ausschaut, verstehen wir alle nicht. Ich glaube aber, dass sich das über die Saison hinweg regulieren wird. Ich hoffe, dass wir dann besser dastehen.