Nun ist es also da, das große Biathlon-Beben im ÖSV. Spartenchef Franz Berger, Männer-Chefcoach Vegard Bitnes und Berater Dominik Landertinger sind demnächst Geschichte (Hier nachlesen>>>).
Eine ganz so große Überraschung, wie viele denken, ist der Umbruch aber nicht. Spätestens mit dem Amtsantritt von Mario Stecher als Sportdirektor war klar, dass eher früher als später Veränderungen anstehen werden.
Schon während der Saison kommunizierte der Ex-Kombinierer klar, dass eine Ablöse von Bitnes ein denkbares Szenario ist, sollte die Formkurve nicht steil nach oben gehen. Die Entscheidung stand allerdings schon länger fest, wie LAOLA1 erfuhr. Das Aus des Norwegers war bereits seit der WM fix.
Zu vieles im Argen
Dass auch Bergers Position als Spartenchef neu besetzt wird, ist auch nur auf den ersten Blick überraschend. Sieht man sich die Entwicklung in den letzten Jahren an, verwundert es nicht, dass man hier neue Impulse setzen will.
Offiziell tritt der OK-Chef des Hochfilzen-Weltcups von seinem Amt zurück, hinter vorgehaltener Hand ist aus dem ÖSV aber zu hören, dass Berger von sich aus lieber weitergemacht hätte.
Zusammengefasst lag bei den rot-weiß-roten Biathlon-Männern zuletzt einfach zu vieles im Argen. Stagnierende Leistungen, fehlender Nachwuchs, Material-Probleme, interne Unstimmigkeiten. Nicht alles davon - insbesondere was den Nachwuchs betrifft - kann man dem geschassten Trio eins zu eins vorwerfen. Berger und Bitnes aber stehen an der Spitze der Hierarchie und haben es nicht geschafft, für eine Trendumkehr zu sorgen.
Der Schnitt, der nun gemacht wird, ist schmerzhaft und genau deswegen nötig. Es braucht eine maßgebliche Veränderung in der Herangehensweise. Die Bereitschaft dazu war aber in der Vergangenheit zu wenig erkennbar - nicht erst seit Berger 2019 übernahm, aber er hat eben auch nicht für jene zukunftsorientierte Ausrichtung gesorgt, die es gebraucht hätte. Man müsse eben Geduld haben, dieses Tal nun durchschreiten, um wieder an alte Erfolge anknüpfen zu können, war von ihm oft zu hören.
Eine Lücke, die keine Ausrede sein darf
Natürlich, und da hat Berger recht, ist spätestens nach den Karriereenden von Leistungsträgern wie Julian Eberhard und Dominik Landertinger eine Lücke aufgegangen, die durch das Leistungstief des designierten Nachfolgers als Teamleader, Felix Leitner, noch größer wurde. Landertinger selbst betonte ja, dass es zur Zeit der "Goldenen Generation" enorm schwer war, sich im Weltcup-Team zu etablieren. Einstige Hoffnungsträger wie Sven Grossegger und Lorenz Wäger können ein Lied davon singen.
Es ist nicht zielführend, immer wieder (mehr oder weniger) das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.
Doch das darf nicht als Ausrede herhalten. Denn auch danach wurde zu sehr an bestehenden und nicht mehr zeitgemäßen Ideen festgehalten. Es ist nicht zielführend, immer wieder (mehr oder weniger) das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten, wie ein Zitat sagt, das Einstein zugeschrieben wird (aber gar nicht von ihm stammt). Man war bestimmt nicht planlos, aber es wirkt, als habe man sich auf dem Weg zum Ziel verloren.
Ja, wir haben personell nicht mehr die Qualität von vor 15 Jahren und können vom derzeitigen Männer-Team nicht den großen Wurf erwarten. Man darf sich in den Ansprüchen nicht an 2010 orientieren, Understatement bringt uns aber auch nicht weiter. Wie sich punktuell immer wieder zeigt, ist durchaus Potenzial vorhanden und es wäre auch mit den bestehenden Möglichkeiten mehr drin gewesen.
Aber wir sind halt Österreicher und reden uns eben gerne schlechter, als wir sind >>>
Sumann als (geeigneter) Berger-Nachfolger?
Für frischen Wind soll nun Österreichs erfolgreichster Weltcup-Athlet der Geschichte sorgen: Christoph Sumann wird als Kandidat Nummer eins für die Nachfolge von Franz Berger genannt.

Im Gespräch mit LAOLA1 zeigt sich der 49-Jährige offen dafür. Es habe bereits vor eineinhalb Jahren ein Gespräch mit ÖSV-Generalsekretär Christian Scherer gegeben, in dem er betont habe, dass er offen dafür sei, "wieder etwas für den Verband zu machen, nachdem ich jetzt schon zehn Jahre weg bin", so Sumann. Es gebe zudem immer wieder Kontakte zu Sportdirektor Stecher, mit dem der Ex-Athlet ein gutes Verhältnis pflegt. "Wir sind immer wieder in Kontakt."
Bezüglich des Postens als Biathlon-Chef habe es aber noch kein Gespräch gegeben. "Das kann sich aber ändern", offenbart Sumann.
Es wird nicht leichter
Der Olympia-Silberne von Vancouver 2010 ist den heimischen Biathlon-Fans seit Jahren als ORF-Experte bekannt, der sich selten ein Blatt vor den Mund nimmt und den Finger in die Wunde legt. Scherer und Stecher haben das Skalpell angesetzt und selbige freigelegt, Sumann hat die Expertise und Erfahrung, um sie nach und nach einer Heilung zuzuführen.
Doch, wie das bei großflächigen Wunden so ist, kann und wird auch das nicht über Nacht geschehen. Man wird die Geduld brauchen, speziell nach den bevorstehenden Karriereenden von Simon Eder und bald darauf womöglich David Komatz, über unerfreuliche Ergebnisse hinwegzusehen und die Gesamtentwicklung im Auge zu behalten.
Es wird nichts anderes übrig bleiben, als dem Berger-Erben Zeit zu geben, auch wenn man die kaum noch hat.