Österreichs Biathlon-Team plagt ein Materialproblem.
Das lässt sich nüchtern so festhalten. Auch die Athlet:innen selber machen daraus kein Geheimnis mehr. Simon Eder sprach es nach der sonntägigen Staffel in Hochfilzen klar an: Schon wieder eine "Watschn" in der Loipe, so macht das Dasein als Biathlet nur wenig Spaß.
Keine Frage: Läuferisch hat der ÖSV speziell bei den Männern Aufholbedarf. Das ist die eine Seite. Doch es nutzt einem der beste Läufer nichts, wenn die Arbeitsgeräte nicht passen.
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Doch woran hakt es? Fragt man die ÖSV-Verantwortlichen, liegt es nicht am Know-How. Biathlon-Chef Franz Berger und ÖSV-Sportdirektor Mario Stecher betonten unabhängig voneinander, dass man in der Technologieabteilung gut aufgestellt sei.
LAOLA1-Informationen zufolge ist man in Sachen Material aber nicht mehr so führend, wie in früheren Jahren. Wenn eine Situation verfahren ist, hat das meist aber nicht nur einen einzigen Grund. So auch in diesem Fall.
Berger will niedrigere Fluor-Grenzwerte
Seit der vergangenen Saison gilt das EU-Verbot von Fluorwachs. Das machte den ÖSV-Technikern von Anfang an zu schaffen, weil man schlichtweg nicht die Möglichkeiten der großen Nationen wie Norwegen, Frankreich oder Deutschland hat.
Franz Berger kritisierte gegenüber LAOLA1 die hohen Grenzwerte in diesem Bereich. "Ich traue mir das zu sagen: Warum setzt man den Wert nicht herunter? Woanders setzen sie ihn herunter, im Biathlon nicht", hat er dafür wenig Verständnis.
Andere (kleinere) Nationen kommen damit aber dennoch deutlich besser zurecht. Man frage nach bei Belgien, Tschechien oder Italien. Oder bei den anderen ÖSV-Sparten, wo Langläufer und Kombinierer kaum über derlei Probleme klagen.
Wie Mario Stecher betonte, gebe es hier einen Austausch. Fraglich, wie gut dieser klappt und falls doch, warum der Übertrag auf die Strecke derart hapert.
Hapert es (nur) in der Kommunikation?
Auch Berger sieht die Krux in der Geschichte eher in der Kommunikation. Allerdings mehr zwischen Athleten und Wachs-Team. In Hochfilzen seien David Komatz und Simon Eder deswegen mit dem Wachs-Team zusammengekommen, um ihre Sicht der Dinge klarzulegen.
Nur, dass dabei nicht wirklich etwas herausgekommen sein soll. Berger dagegen betont demonstrativ, dass es nach dem Gespräch "keine offenen Punkte" gegeben habe. "Sie waren sich dann einig", so der Biathlon-Chef.
"Wenn ausgemacht ist, dass man danach in die Wachshütte kommt und sagt, was ist…das haben Lisa (Hauser, Anm.) und Anna (Andexer, Anm.) scheinbar getan, die anderen sind nicht gekommen."
Wie er erklärte, gäbe es einen klaren Handlungsleitfaden in Sachen Material. Athlet:innen seien dazu aufgefordert, ihre Erfahrungen mit dem Material in dafür vorgesehene Listen einzutragen und darüber dem Wachs-Team Feedback zu geben. Auch sei vorgesehen, dass die Athlet:innen persönlich im Wachs-Container erscheinen und dort Bericht erstatten.
Das geschehe aber zu wenig, wie Berger betonte. "Wenn ausgemacht ist, dass man danach in die Wachshütte kommt und sagt, was ist…das haben Lisa (Hauser, Anm.) und Anna (Andexer, Anm.) scheinbar getan, die anderen sind nicht gekommen", erklärte er nach den Staffel-Bewerben beim Heimweltcup in Hochfilzen.
Allgemein wirken alle Beteiligten eher ratlos. Die Athleten erwecken den Eindruck, als fühlten sie sich im Stich gelassen. Fehlt es an gegenseitiger Akzeptanz? "Man muss schon auch die Athleten-Seite sehen", betonte Eder.
Berger hat an alle Beteiligten einen klaren Auftrag: "Nächste Woche muss das miteinander gemacht werden." Man solle nicht machen, "was man da oder dort hört. Es gibt auch viele Einsager", ärgert er sich.
Es bleibt zumindest die Hoffnung
Es gilt nun wohl, vor dem Weltcup in Le Grand Bornand (beginnend mit dem Männer-Sprint am Donnerstag, 14:20 Uhr) noch die Köpfe zusammenstecken und die Aussprache zu suchen, denn nach dem Heimweltcup hängt offenbar der Haussegen schief.
Simon Eder und Felix Leitner versuchen dennoch, Hoffnung zu verbreiten. "Hoffnung hat man immer", so Leitner. Auch wenn dies eher ein Strohhalm ist, an den man sich klammert, wie es Eder sogar wörtlich formulierte.
"Es soll dort (in Le Grand Bornand", Anm.) nass werden. Da ist es uns in Kontiolahti bei der Herren-Staffel sehr gut gegangen. Schauen wir mal", so der Routinier.
Aus Sicht aller Beteiligten bleibt nur hoffen, dass es in Frankreich besser läuft. Eine weitere "Watschn" kann man sich kaum leisten. Denn, auch wenn speziell das Männer-Team momentan über kein "Laufwunder" verfügt: Mit entsprechendem Material sind Eder und Co. zumindest Top-20-Platzierungen jedenfalls zuzutrauen.
Hoffnung allein wird dafür aber nicht reichen.