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Biathlon-Frauen: Wenn sich "Blech" wie Gold anfühlt

Österreichs Biathlon-Frauen-Staffel zeigte bei der WM ein Rennen, dessen Drehbuch von Alfred Hitchcock hätte sein können. Warum "Blech" diesmal nicht wehtut.

Biathlon-Frauen: Wenn sich Foto: © GEPA

Manchmal darf man auch einen vierten Rang feiern. Speziell dann, wenn er sich wie ein Sieg anfühlt. Denn es ist ein Ausrufezeichen, welches Österreichs Biathletinnen am Samstag bei der WM gesetzt haben.

Wahnsinn! ÖSV-Frauen kratzen trotz Strafrunde an Bronze!>>>

Nur sechs Sekunden fehlten am Ende auf Bronze in der Frauen-Staffel. So knapp am Podest waren die rot-weiß-roten Loipenjägerinnen noch nie dran. Was es gebraucht hätte, damit es klappt, darüber lässt sich vielfältig sinnieren. 

Am Ende hätte es Schlussläuferin Anna Andexer, die vielleicht das Rennen ihres Lebens lief, wohl genügt, wenn die Strecke ein paar hundert Meter länger gewesen wäre, um ihr schwedisches Pendant Elvira Öberg noch einzuholen. 

"Haben alle ein gutes Rennen gemacht"

An Spannung war das Rennen aus heimischer Sicht kaum zu überbieten. "Man ist dann schon ganz schön nervös", betonte Österreichs Nummer drei Tamara Steiner. Als Zuschauer sei das aber deutlich schlimmer, denn als Athletin, fügte sie an. 

Was ohne der Strafrunde von Startläuferin Lea Rotschopf möglich gewesen wäre? Hier eine Prognose zu wagen, ist zu weit hergeholt, der Rennverlauf und womöglich auch der Druck auf die einzelnen Athletinnen, einen Podestrang zu halten oder im Rennen darum zu bleiben, wäre ungleich höher gewesen. Außer Frage steht natürlich trotzdem, dass eine Strafrunde kein Vorteil ist. 

Böse war Rothschopf danach wie zu erwarten niemand im Team. Man verliere und gewinne gemeinsam. "Wir haben alle ein gutes Rennen gemacht", stellte Lisa Hauser klar, die in ihrem Turn neun Plätze gut machte und so den Grundstein für die Aufholjagd legte. 

Medaillenspiegel der Biathlon-WM>>>

Rothschopf: "Leider habe ich es ein bisschen verkackt"

Rothschopf selbst gab sich im ORF gefasst, die feuchten Augen waren aber nicht zu übersehen. Die Nachrückerin (für die krank abgereiste Anna Gandler) musste im Ziel von ihren Teamkolleginnen getröstet werden. Sei's drum. Rothschopf ist eine Athletin, die das Zeug hat, ihrem Team dafür ein andern Mal den Tag zu retten. 

Erstmals als Startläuferin dabei zu sein, sei "eine riesen Ehre und ich freue mich, dass man mir das zugetraut hat, leider habe ich es ein bisschen verkackt". 

Eine Strafrunde habe zudem auch etwas Positives, wie Hauser hervorstrich. "Ich bin dann fast ein bisschen lockerer ins Rennen gestartet. Mir persönlich hat es heute brutal getaugt", so das ÖSV-Zugpferd.

Sie verdeutlichte auch etwas anderes Wesentliches: Dem ÖSV-Quartett gelang es, vor Top-Nationen wie Deutschland und Italien zu bleiben. Gemäß der bisherigen Staffel-Leistungen in dieser Saison ist auch die Schweiz über Österreich zu stellen.

Gut "mitgeschwommen"

"Ich wollte für mich ein gutes Rennen machen", war auch Steiner zufrieden. Sie habe auf der Runde "gut mitschwimmen können" mit anderen (laufstärkeren) Athletinnen. Nach ihr habe es "die Anna heute voll gut gemacht", meinte sie und warf Teamkollegin und Schlussläuferin Andexer ein Lächeln zu. 

Die 22-Jährige bewies in der außergewöhnlichen Situation Nerven wie Drahtseile und brauchte am Schießstand nur einen Nachlader. Die Laufzeit war ohnedies unfassbar. 

Andexer lief die schnellste (!) Schlussrunde und distanzierte damit Weltklasse-Athletinnen wie die Weltcupführende Franziska Preuß, Elvira Öberg, Mareen Krikeeide und Lena Haecki-Gross. In ihrem drei Runden umfassenden Turn lief sie insgesamt nur eine Sekunde "langsamer" als die Schnellste Krikeeide.

Andexer selbst klang danach fast (zu) bescheiden: "Die anderen haben vor mir gute Arbeit gemacht. Ich habe einfach versucht, mein Rennen so gut wie möglich zu machen und auch am Schießstand sauber zu arbeiten."

Andexer und die "Angst" vor Preuß

Als sie mit der Slowakei, Slowenien, Deutschland und Schweden im abschließenden Stehendanschlag zeitgleich am Schießstand war, zeigte sie starke Nerven. "Dass ich da mit einem (Nachlader, Anm.) durchkomme und den gleich wegbringe, ist schon ziemlich cool", ließ sie dann doch noch etwas Stolz über ihre Leistung durchblitzen. 

Auf die folgende Schlussrunde ging sie mit zwölf Sekunden Rückstand auf Öberg. Die Schwedin hatte zu kämpfen, Andexer saugte sich immer näher heran, Öberg konnte aber sechs Sekunden ins Ziel retten. "Natürlich ist es voll schade, dass ein paar Sekunden auf Bronze fehlen, aber ich weiß nicht, ob ich noch so viel mehr herausholen hätte können. Ich hatte eher Angst, dass Franzi (Preuß, Anm) noch einmal von hinten kommt", so Andexer. 

Subjektiv mag das so gewesen sein. Objektiv bleibt übrig, dass sie beinahe noch Bronze heimgeholt hätte. Machen Österreichs Loipenjägerinnen so weiter, kann das "beinahe" vielleicht schon bald gestrichen werden.

Und: Es ist deswegen in Österreichs Biathlon nicht alles gut. Diese "Blecherne" zeigt aber, dass bei weitem nicht alles so schwarz ist, wie es von manchen gesehen wird.


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