Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen.
Das gilt aktuell auch für Österreichs Heeres-Sportler, die in der Corona-Krise mitanpacken. Einer von ihnen ist Biathlet Dominik Landertinger. Der 32-Jährige stellte sich in den letzten Tage in den Dienst der Öffentlichkeit.
"Wenn Not am Mann ist, hilft man natürlich gerne mit. Es hat Spaß gemacht, obwohl wir Sportler so eine Arbeit nicht wirklich gewöhnt sind", muss Landertinger zugeben.
LAOLA1 erreichte Landertinger zwischen seinen Corona-Einsätzen und sprach mit ihm über seinen Beinahe-Rücktritt im Dezember, die überraschende Bronzemedaille bei der WM und die Entscheidung über seine sportliche Zukunft.
LAOLA1: Du warst für das Bundesheer im Corona-Einsatz? Was waren deine Aufgaben?
Dominik Landertinger: Wir sind zwar Leistungssportler beim Österreichischen Bundesheer, aber in erster Linie sind wir auch Soldaten. Wir waren in Wörgl in der Spar-Zentrale im Einsatz. Dort haben wir mitgeholfen, damit der Transport der Lebensmittel schneller voran geht und damit es keine Engpässe gibt. Ich war für die Reparatur der Transportwägen zuständig, die gehen durch die große Last der Lebensmittel oft kaputt. Wenn Not am Mann ist, hilft man natürlich gerne mit. Es hat Spaß gemacht, obwohl wir Sportler so eine Arbeit nicht wirklich gewöhnt sind.
VIDEO - Dominik Landertinger erzählt von seinem Bundesheer-Einsatz:
LAOLA1: Die Biathlon-Saison hat ein abruptes Ende genommen, obwohl ihr im Vergleich zu anderen Sportarten länger im Einsatz gewesen seid. Hattest du bei den letzten Bewerben in Kontiolathi irgendwelche Bedenken?
Landertinger: Es war von der IBU (Weltverband, Anm.) schwach, dass sie das mit aller Gewalt durchdrücken wollten. Wenn sie im Fußball die Champions League oder die Formel 1 absagen, wo es um einen richtigen Batzen Geld geht, und wir die letzten sind, die noch laufen… da hatten sie zu wenig Mut, um zu sagen: Das hat keinen Sinn mehr. Wir haben gerade andere Probleme als schnell zu laufen und zu schießen. Umso besser, dass der ÖSV gesagt hat, wir fahren nach Hause, obwohl noch Rennen stattfinden. Es war dann ein schnelles Ende, aber sportlich gesehen war es eine schöne Saison. Das Highlight war die WM in Antholz, die haben wir super rübergebracht.
LAOLA1: Gutes Stichwort: Hast du deine Bronzemedaille bei der WM überhaupt schon realisiert?
Landertinger: Ja, jetzt ist doch schon einige Zeit vergangen. Es war brutal schön, dass am Tag X alles aufgegangen ist. Noch dazu mit der Vorgeschichte, es war doch eine schwierige Zeit für mich. Ich bin einfach überglücklich, dass ich für die harte Arbeit belohnt worden bin.
LAOLA1: Du hast direkt nach dem Gewinn der Medaille erzählt, dass du im Dezember schon an das Karriereende gedacht hast. Wie konkret war das wirklich?
Landertinger: Das war schon sehr konkret. Es ist nicht mein Anspruch, nur hinten nach zu laufen. Wenn man merkt, dass man aus dem Körper keine Leistung mehr raus bringt, dann muss man sich das schon gut überlegen. Denn so ist der Spitzensport keine Gaudi mehr, wenn man jedes mal eine drüber kriegt und überhaupt kein Licht mehr sieht. Ich habe mich im Dezember dann noch einmal von Kopf bis Fuß durchchecken lassen, wo wir dann zum Glück das Problem gefunden haben.
LAOLA1: Hätte du diese Medaille nicht gewonnen, hättest du deine Karriere nach dieser Saison beendet?
"Ich muss mir überlegen, ob ich diesen Riesenaufwand noch einmal in Kauf nehme oder als Sieger vom Platz gehe."
Landertinger: Das kann ich so gar nicht beantworten, weil ich mir jetzt generell überlege, ob ich meine Karriere fortsetze oder nicht - trotz Medaille. Die Medaille war brutal harte Arbeit, jetzt muss ich mir überlegen, ob ich diesen Riesenaufwand noch einmal in Kauf nehme oder als Sieger vom Platz gehe. Das werde ich bis Ende April, Anfang Mai entscheiden. Hätte ich die Medaille nicht gemacht, wäre die Entscheidung wahrscheinlich die gleiche gewesen.
LAOLA1: Hast du schon eine Tendenz, in welche Richtung es geht?
Landertinger: Nein, ich habe mir auch noch nicht wirklich Gedanken darüber gemacht. Ich möchte einmal zwei, drei Wochen komplett abschalten und gar nicht viel über das Thema und den Sport nachdenken. Wenn ich einen Abstand zur Saison gewonnen habe, dann werde ich mir Gedanken machen und sehen, wo es mich hintreibt.
VIDEO - Dominik Landertinger über seinen Beinahe-Rücktritt im Dezember:
LAOLA1: Martin Fourcade hat seine Karriere mit Saisonende beendet. Hat dich sein Rücktritt überrascht?
Landertinger: Es hat mich schon etwas überrascht, andererseits habe ich mir schon gedacht, dass er es vielleicht bleiben lässt. Er war letztes Jahr nicht so stark, wie er es sonst war und ist - unter Anführungsstrichen - etwas hinterher gelaufen. Wenn du Serienseriensieger bist, ist das oft nicht genug. Aber er ist heuer nochmal stark zurückgekommen. Wenn du so viel gewonnen hast, wie er, muss man es sich schon gut überlegen.
LAOLA1: Der Biathlon-Sport verliert damit einen der Größten aller Zeiten.
Landertinger: Auf jeden Fall. Aber es kommen immer wieder gute Leute nach. Sein Platz im französischen Team wird bald aufgefüllt sein, die haben ein paar brutal starke Nachwuchsathleten.
LAOLA1: Die abgelaufene Saison war nicht nur für dich, sondern für das ganze ÖSV-Team durchwachsen. Woran ist das gelegen?
Landertinger: Das ist schwierig zu sagen, dazu muss man jeden einzelnen Athleten individuell analysieren. Bei der Dichte, die momentan im Biathlon herrscht, muss alles zusammenpassen, um erfolgreich zu sein. Nicht nur wir haben uns schwer getan, auch andere Nationen. Außer Frankreich, Norwegen, Deutschland und Russland hat es in dieser Saison keine andere Nation aufs Podest geschafft, ich war bei der WM der einzige. Da haben einige Nationen durch die Finger geschaut. Wir hatten gesundheitlich ein schwieriges Jahr, in Hochfilzen hat es die ganze Mannschaft erwischt. Das ist sicher nicht optimal verlaufen.
LAOLA1: Immer wieder positiv aufgezeigt hat Felix Leitner. Du bist sein Zimmerkollege, gibst du ihm ab und zu Tipps?
Landertinger: Felix ist ein richtig lässiger Typ, wir verstehen uns sehr gut. Er ist extrem motiviert und hat im Training viele Fragen an mich. Ich helfe ihm da weiter, wo es nur geht, weil es mir natürlich auch wichtig ist, dass die Jungen nachkommen. Wir müssen schauen, dass wir den Nachwuchs fördern. Felix hat es jetzt eh schon geschafft, er ist an der Spitze angekommen. Wenn er auf seine Fitness schaut und auf seinen Körper hört, ist in seiner Karriere noch einiges möglich. Er steht ja erst am Anfang, von dem her habe ich ein sehr gutes Gefühl bei ihm.