Am Samstag beginnt die Biathlon-Saison im schwedischen Östersund. Als erstes dürfen sich die Athletinnen und Athleten im Rahmen einer Single-Mixed-Staffel miteinander messen.
Ausgerechnet jenem Bewerb, in dem Lisa Hauser und David Komatz im Februar bei der WM in Oberhof Silber holten. Ein gutes Omen also?
Wie bereits im Vorjahr liefert euch LAOLA1 eine große Saisonvorschau. Diesmal mit an Bord: Der vierfache Weltcupsieger und nunmehrige ServusTV-Experte Julian Eberhard.
Mit welchem Personal gehen die Biathlon-Teams von Ski Austria in den Winter und was dürfen sich die Fans erwarten? Wir geben euch einen Überblick.
Frauen im Aufwind
Der gute Ton sagt: Ladys first! Doch nicht nur der - auch mit ihren Leistungen und ihrer Entwicklung in den vergangenen Jahren haben es sich die heimischen Loipenjägerinnen verdient, in unserer Saisonvorschau den Vortritt zu bekommen.
Julian Eberhard stattete seinen Ex-Kolleginnen und Kollegen bei der abschließenden Vorbereitung in Obertilliach einen Besuch ab. Dabei hatte er einen "sehr positiven Eindruck. Es wurde wirklich sehr fokussiert gearbeitet."
Das Frauen-Team gewann in den letzten Jahren immer mehr an Qualität. "Es wird ein enges Match um die Weltcupplätze geben. Ich sehe zehn bis zwölf Frauen, die diesbezüglich auf einem guten Niveau sind", so Eberhard.
Lisa Hauser - das Zugpferd
Angeführt wird der Frauen-Tross wie auch in den Vorwintern von Weltmeisterin Lisa Hauser. Die 29-Jährige ist das große Zugpferd im Team von Chefcoach Markus Fischer.
Im Vorjahr hatte sie in der Vorbereitung mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Dennoch holte sie zwei Weltcupsiege und Silber bei der WM. Heuer verlief die Vorbereitung nach Plan und Hauser ist umso mehr Österreichs heißestes Eisen im Feuer.
"Körperlich ist sie jetzt sicher auf dem Höhepunkt. Mit ihr ist immer zu rechnen", unterstreicht Eberhard. "Sie hat im Biathlon schon fast alles mitgemacht und weiß, was es braucht, um Rennen zu gewinnen", sieht er die Tirolerin auch heuer wieder in der Lage, ganz vorne mitzumischen.
Bei einer wie ihr kann man Siege nach dem herausfordernden Vorwinter nicht zwingend voraussetzen, möglich sind diese aber allemal. Zudem wird wohl auch das eine oder andere Stockerl herausschauen.
Top-Talent Gandler: Was für sie möglich ist
Im Vorjahr war an dieser Stelle zu lesen "Bitte schließen: Die große Lücke hinter Lisa Hauser" .
Vor allem eine hat sich das zu Herzen genommen: Mit Anna Gandler hat sich hinter Österreichs Aushängeschild eine neue, aufstrebende Nummer zwei in Stellung gebracht.
Das liegt natürlich vor allem an ihren starken Leistungen in ihrer letztjährigen Debütsaison, aber auch daran, dass mit Dunja Zdouc eine langjährige Konstante eine schwierige Vorbereitung mit gesundheitlichen Problemen hinter sich hat. Die Top-Schützin arbeitet aber bereits an ihrer Rückkehr in den Weltcup.
"Es ist ihre erste volle Weltcupsaison. Es werden Top-Ergebnisse dabei sein, genauso gehören Leistungsschwankungen dazu. Das ist ein ganz natürlicher Prozess."
Außerdem befindet sich Katharina Komatz (vormals Innerhofer) nach ihrer Mutterschaft noch in "Sport-Karenz". Die Ehefrau von Lisa Hausers WM-Silber-Partner in der Single-Mixed, David Komatz, lässt eine Rückkehr in den Spitzensport offen. "Ich weiß noch nicht, wie sehr das Feuer noch in mir brennt", meinte sie jüngst.
Ihre Nachfolgerin Gandler dagegen steht ganz am Anfang ihrer Weltcup-Karriere. Ihr traut Eberhard ähnlich starke Ergebnisse wie im Vorjahr zu, er warnt aber davor, die Erwartungen an die 22-Jährige zu hoch zu schrauben. "Es ist ihre erste volle Weltcupsaison. Es werden Top-Ergebnisse dabei sein, genauso gehören Leistungsschwankungen dazu. Das ist ein ganz natürlicher Prozess", so der WM-Bronzene von 2019.
Diese Schwankungen müsse man ihr zugestehen. Der Weg an die Spitze soll aber weitergehen. Wie weit dieser geht und ob sie einmal auf Hausers Spuren wandeln kann, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen.
"Sie ist eine sehr ehrgeizige Sportlerin, die genau weiß, was sie möchte. Sie weiß auch, was sie zu tun hat, um da hinzukommen. Bei ihr ist es nur eine Frage der Zeit, sie wird ihre Entwicklungsschritte machen", so Eberhards Einschätzung.
Weitere Kandidatinnen für Plätze im Weltcup-Team sind die "üblichen Verdächtigen" aus den letzten Jahren: Die bereits angesprochene Zdouc sowie Julia Schwaiger, Kristina Oberthaler, Tamara Steiner und Anna Juppe. Die drei letztgenannten bilden zum Auftakt im hohen Norden auch gemeinsam mit Hauser und Gandler das Aufgebot.
Frauen-Staffel: Fällt das erste Stockerl?
Es ist wohl die Gretchenfrage im heimischen Frauen-Biathlon. Das erste Stockerl hätten sich Österreichs Loipenjägerinnen allemal verdient. Ob es heuer soweit ist? Klar ist jedenfalls: So breit wie heuer war man in dieser Qualität noch nie aufgestellt.
Die Ergebnisse aus dem Vorwinter waren zudem vielversprechend: Beim Weltcup in Antholz sowie bei der WM-Staffel in Oberhof holte Österreichs Quartett einen fünften Rang. Bei der Staffel im heurigen Auftaktort Östersund im März wurde man Sechster.
Es fehlt also nicht mehr viel. Speziell die herausragenden Schießleistungen (in Östersund und Antholz nur je drei Nachlader) ermöglichten den Skijägerinnen diese Ergebnisse. Umso erfreulicher ist es, wenn von Chefcoach Markus Fischer zu hören ist, dass man "auf der Loipe einen Schritt nach vorne gemacht" habe.
Auch Eberhard traut Hauser und Co. Großes zu: "Ich glaube, es geht in Richtung erstes Podium. Das ist heuer möglich." Möglich ist dabei eine sehr treffende Formulierung, denn trotz des Aufwärtstrends muss noch immer so manches mitspielen. Ganz ohne Patzer der Top-Nationen wird es wohl nicht gehen. So nahe dran wie heuer war man aber trotzdem noch nie.
Denn nicht nur, dass sich die ÖSV-Equipe weiter verbessert hat - auch die führenden Nationen erlitten durch so manchen Rücktritt (u.a. Norwegen mit Marte Olsbu Röiseland und Tiril Eckhoff) einen Qualitätsverlust, was das Rennen zusätzlich offener machen dürfte.
Männer-Team: Viele Konstanten, einige Überraschungen
Bei den Männern gibt es Dinge, die ändern sich gefühlt nie: Zum Beispiel, dass Simon Eder das Weltcup-Team der heimischen Skijäger anführt. Der Salzburger, mittlerweile zarte 40, begeistert inzwischen beinahe die dritte Generation an Biathlon-Fans.
Sein Teamkollege David Komatz zeigte eine starke Saison 2022/23, gekrönt von der Silbernen in der Single-Mixed-Staffel (mit Lisa Hauser) bei der WM im Februar. Er löste Felix Leitner, der seine Saison nach einer Formkrise vorzeitig beendete, als neue Nummer zwei im Team ab. Ob das heuer so bleibt? In Person von Dominic Unterweger (24) schickt sich zudem ein Athlet an, ein Fixpunkt im Weltcup und auch in der Staffel zu werden.
Mit Lucas Pitzer (25) hat ein anderer hoffnungsvoller Kandidat für das Weltcup-Team seine Karriere aus gesundheitlichen Gründen beenden müssen (hier nachlesen >>>).
Ein weiteres langjähriges Mitglied im erweiterten Weltcup-Aufgebot fehlt dagegen überraschend: Harald Lemmerer, der im Vorjahr vor allem in der Staffel aufzeigen konnte, findet sich nicht im Kader wieder. Ein Karriereende steht im Raum.
Ist der "ewige Eder" wieder der Alleinunterhalter?
Bei Eder hat man den Eindruck: Der Mann ist wie ein guter Wein - je älter, desto besser.
Aus den abschließenden Vorbereitungen in Obertilliach war zu hören, dass sich Eder läuferisch sogar noch einmal verbessert haben soll. Der "Team-Papa" gewann dort den Sprint und ließ namhafte Weltcup-Konkurrenten wie Niklas Hartweg und Jakov Fak in der Loipe teils deutlich hinter sich.
Dass er beim Schießen einer der besten im Weltcup, wenn nicht gar einer der besten aller Zeiten ist, muss man an dieser Stelle eigentlich fast nicht mehr erwähnen. Über Österreichs "Super-Oldie" gibt es seit Jahren kaum andere Worte zu verlieren, als dass man beim ÖSV froh sein muss, ihn noch unter den Aktiven zu wissen. Selbst wenn alle anderen ausließen, hielt der 40-Jährige die Truppe mit soliden Ergebnissen über Wasser.
Was ist dem rot-weiß-roten Evergreen heuer zuzutrauen? "Er ist wieder gerüstet, ihn wird nichts überraschen. Wie weit es nach vorne geht, werden wir sehen, aber ich traue ihm auf jeden Fall wieder Top-10-Ergebnisse zu", schildert Eberhard seine Eindrücke aus Obertilliach.
Dass man beim ÖSV sogar noch ein paar Jahre auf den "Team-Papa" zählen kann, will Eder selbst zudem keineswegs ausschließen. Im Jahr 2026 stehen die Olympischen Spiele in Italien an. Eder könnte dann noch immer durch die Loipen jagen. "Mein Opa ist aus Südtirol, das habe ich schon im Hinterkopf. Kann sein, dass sich das noch ausgeht", lässt er in der "Tiroler Tageszeitung" aufhorchen.
Warum heuer Leitners Stern endlich aufgehen könnte
Hinter Eder bilden David Komatz und Felix Leitner die "zweite Reihe". Speziell Zweiterer hat ein Jahr hinter sich, das nicht so gelaufen ist, wie erhofft. Im Vorwinter kam er nie richtig in Form und beendete seine Saison im Jänner vorzeitig.
Seit Jahren gilt er als der große Hoffnungsträger bei den ÖSV-Skijägern. Heuer aber soll es wieder aufwärts gehen. "Man hat immer gemerkt: Er hat einen Plan, er weiß, wie er zurückkommen möchte", schildert Julian Eberhard.
In der Saison 2020/21 wirkte er bis dato am stärksten, untermauerte dies auch mit einem bärenstarken zweiten Platz beim Massenstart in Oberhof. Daran gilt es anzuschließen, das Zeug dazu hat der Junioren-Weltmeister. "Ich glaube, er ist wieder dort, wo er war", hat Eberhard Hoffnung, dass Leitner den nächsten Schritt machen kann.
"Wenn wir diesen Trend heuer fortsetzen können und diese läuferische Entwicklung, die bei einigen sicher stattgefunden hat, mit hineinbekommen, können wir wieder in ähnliche Bereiche vordringen."
Der ServusTV-Experte traut ihm heuer auch Top-10-Ergebnisse zu. "Für alles Weitere muss alles zusammenpassen. Er hat ja schon Stockerlplätze", so Eberhard.
Und Komatz? Österreichs verlässlicher Staffel-Startläufer kratzte im Vorjahr bereits an seinem ersten Top-10-Ergebnis. "Er ist einer, der sich hineinarbeiten muss", weiß Eberhard. Der Jung-Papa "hat im Vorjahr super Schlussrunden gezeigt und kann auch am Schießstand gute Serien schießen. Das ist die Basis, auf der seine Ergebnisse aufbauen."
Einzig die Konstanz ist es, die ihm noch ein wenig fehlt. "Er hat in der Vorsaison schon gezeigt, wie konstant er sein kann. Ich hoffe, dass er heuer dort anschließen kann", wie Eberhard sagt.
Wer füllt die Lücken?
Den Platz, den im Vorjahr hauptsächlich Harald Lemmerer innehatte, könnte heuer Hoffnungsträger Dominic Unterweger einnehmen. Er hatte eine gute Vorbereitung, war gegen Ende aber gesundheitlich angeschlagen. In Östersund wird der 24-Jährige daher noch fehlen.
"Wir haben uns deswegen gemeinsam dazu entschieden, dass er zunächst im IBU-Cup einsteigt und somit noch eine Woche mehr Zeit zum Trainieren hat", erklärt Cheftrainer Vegard Bitnes.
Für ihn wurde Magnus Oberhaus nominiert. Der 25-Jährige schnupperte bereits vor zwei Jahren erstmals Weltcup-Luft. "Magnus ist ein sehr, sehr ausgeglichener Biathlet. Er muss sich in die Mannschaft hineinkämpfen und sich festsetzen", so die Einschätzung von Julian Eberhard. Auch mit Patrick Jakob, ebenso für den Auftakt in Östersund im Team, ist heuer wieder zu rechnen.
Positiv überrascht haben in der Vorbereitung Christian Langegger (22) und Fabian Müllauer (20), die beide noch auf ihre Weltcup-Premiere warten. Geht ihre Entwicklung so gut weiter, könnte es bereits heuer soweit sein.
"Er (Müllauer, Anm.) hat von den Junioren wohl körperlich den größten Schritt nach vorne gemacht", lobt Eberhard. Damit übe er Druck auf die IBU- und Weltcup-Mannschaft aus.
Wenn Stockerl, dann Staffel
Womit wir bei der Staffel angelangt wären: Die "Einsergarnitur" bilden vorerst Eder, Leitner, Komatz und Unterweger. In diesem Bewerb bestehen für die heimischen Loipenjäger die besten Chancen auf Stockerlplätze, wenngleich diese dennoch nicht besonders groß ist. Sollte aber die eine oder andere große Nation, dazu zählen Norwegen, Frankreich, Schweden, Deutschland und mit leichten Abstrichen auch Italien, auslassen, ist vielleicht etwas möglich.
Das verdeutlichte die ÖSV-Equipe auch im Vorjahr, als man mit einem fünften Platz in Kontiolahti und zwei sechsten Plätzen (in Hochfilzen und Östersund) aufzeigen konnte. "Für das, wie die Einzelleistungen letztes Jahr waren, war die Staffel eigentlich unser Steckenpferd. Da hat man gesehen, was man mit einer sehr, sehr guten Schießleistung in einer Staffel erreichen kann", unterstreicht Julian Eberhard.
"Wenn wir diesen Trend heuer fortsetzen können und diese läuferische Entwicklung, die bei einigen sicher stattgefunden hat, mit hineinbekommen, können wir wieder in ähnliche Bereiche vordringen", prognostiziert der ServusTV-Experte.
Wunderdinge darf man sich von der Männer-Staffel freilich keine erwarten, die eine oder andere Überraschung ist aber möglich. Realistisch betrachtet ist ein Top-5-Platz das höchste der Gefühle. Die heimischen Biathlon-Fans lassen sich aber sicher gerne eines Besseren belehren.
Realistische Hoffnung Single-Mixed
Die größten Chancen auf einen Stockerlplatz haben Österreichs Biathlon-Asse aber wohl in den Mixed-Bewerben. Es ist kein Zufall, dass bei den letzten beiden Weltmeisterschaften zwei Medaillen ebendort geholt wurden (2021 Mixed, 2023 Single-Mixed, jeweils Silber).
Speziell in der Single-Mixed hat man mit Lisa Hauser und Simon Eder ein Team, das ein Kandidat für den Sprung aufs Podest ist. Aber auch in der klassischen Mixed-Staffel steht mit Hauser, Eder, Anna Gandler/Dunja Zdouc und David Komatz/Felix Leitner eine Auswahl zur Verfügung, die an einem guten Tag um die Medaillen mitmischen kann.
Am Samstag geht es in Östersund gleich mit einer Single-Mixed- sowie einer Mixed-Staffel los - und im Idealfall auch mit einem rot-weiß-roten Podestplatz. Die Rennen beginnen um 12:30 Uhr (Single-Mixed, live in ORF1) und 15:30 Uhr (Mixed, live in der ORF TV-Thek).
Das Programm in Östersund im Überblick:
Datum | Uhrzeit | Bewerb |
---|---|---|
25.11. | 12:30 | Single-Mixed-Staffel |
25.11. | 15:30 | Mixed-Staffel |
26.11. | 11:20 | Einzel Frauen |
26.11. | 14:30 | Einzel Männer |
29.11. | 15:20 | Staffel Frauen |
30.11. | 15:20 | Staffel Männer |
1.12. | 14:45 | Sprint Frauen |
2.12. | 14:45 | Sprint Männer |
3.12. | 14:00 | Verfolgung Frauen |
3.12. | 16:00 | Verfolgung Männer |