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Simon Eder: Das Zugpferd hat noch viel PS

Der Teamleader im heimischen Biathlon-Tross bei LAOLA1 über seine Zukunft, Gänsehaut bei seinen Ansprachen und Nachfolger Felix Leitner.

Simon Eder: Das Zugpferd hat noch viel PS Foto: © getty

Man kann fast sagen, er gehört zum österreichischen Biathlon, wie der Stephansdom zu Wien: Simon Eder. Die aktuelle Generation heimischer Fans hat einen Biathlonzirkus ohne den Evergreen nie kennengelernt.

Im Jahr 2006 gelang dem mittlerweile 39-Jährige der Sprung ins Weltcup-Team des ÖSV. Damals befand sich der Biathlonsport hierzulande gerade im Aufwind. Die etablierten Christoph Sumann, Daniel Mesotitsch und Fritz Pinter sollten gemeinsam mit den "jungen Wilden" um Eder, die Eberhard-Brüder Julian und Tobias sowie wenig später Dominik Landertinger für bis dahin ungeahnte Höhenflüge sorgen.

Eder ist der letzte Mohikaner aus dieser Riege, der noch übrig ist.

Spätestens seit den Karriereenden von Dominik Landertinger und Julian Eberhard ist er die wichtigste Führungsfigur im Team. Exakt jenes Loch, welches seither entstanden ist, möchte Eder gemeinsam mit seinen Teamkollegen füllen. "Wir wollen uns zusammen wieder in die Weltspitze arbeiten", gibt er im LAOLA1-Talk die Marschroute vor.

Wie lange Eder diesen Weg noch als Aktiver mitbestreiten wird, weiß er selbst noch nicht wirklich.

Nach Eder beginnt neue Zeitrechnung

Schon seit einigen Jahren stellen sich die heimischen Fans vor jeder Saison die Frage, ob Eder noch ein Jahr dranhängt oder nicht. Es ist nicht nur die sportliche Leistung, welche sie vermissen würden, denn der 39-Jährige wäre im aktuellen ÖSV-Team nicht unmittelbar zu ersetzen.

Der "Teampapa" ist darüber hinaus auch die letzte noch aktive Verbindung zu glorreichen Zeiten. Viele verbinden mit Eder emotionale Momente aus der Vergangenheit. Wenn Eder sein Gewehr an den Nagel hängt, beginnt im rot-weiß-roten Biathlon eine neue Zeitrechnung.

Gemeinsam mit Zdouc, Hauser und Komatz holte Eder bei der WM 2021 sensationell Silber.
Foto: © GEPA

Noch ist es aber nicht soweit. "Ich habe früher gesagt ich schaue von Jahr zu Jahr, jetzt sage ich scherzhaft schon von Woche zu Woche", meint Eder lachend zu dem Thema. Man merkt ihm die Freude und Lockerheit an, mit welcher er an die Sache herangeht.

Das war aber nicht immer so, wie der "Oldie" gesteht. "Mich hat das ganze Thema schon ein bisschen belastet, muss ich sagen. Gerade die letzten Jahre ist das für mich ein bisschen ein innerlicher Stress geworden", erklärt er.

Es habe jedoch ein Schlüsselerlebnis gegeben, das zu einem entspannteren Umgang damit geführt hat. "In Pokljuka mit der Medaille (WM 2021 in der Mixed-Staffel, Anm.), das war für mich ein runder Abschluss. Wir wollten da zum Ende hin nocheinmal was reißen und das ist uns voll aufgegangen. Da habe ich ein bisschen einen inneren Frieden mit meiner Karriere geschlossen", schildert der Teamleader.

Mittlerweile ist frühere Verbissenheit dem Spaß an der Freude gewichen. "Jetzt genieße ich es halt", egal ob das jetzt noch ein Jahr weitergehe oder nicht, will er sich auch gar nicht festlegen.

Nur, um im nächsten Satz doch ein wenig durchscheinen zu lassen, wie sehr es ihn nach wie vor reizt: "Gerade bei solchen Rennen wie in der Verfolgung hier in Hochfilzen, dafür trainiert man halt. Sicher bin ich da nur 34. geworden, aber ich bin mit den Spitzenleuten in der Steigung mitgelaufen. Da habe ich gewusst: Wenn ich da heute weiter vorne hinauslaufe, kann ich diese Pace auch mitgehen. Ich bin da zwar viel alleine gelaufen, aber wenn man zuhause so einen lässigen Tag hat, da gibt einem das schon noch einmal Auftrieb."

Gedanken an ein Karriereende klingen jedenfalls anders. Im Gespräch wird deutlich, dass Eder nach wie vor genug Sprit im Tank hat, um seine PS auf die Straße zu bringen.

"Das Wichtigste ist, dass ich der Mannschaft helfen kann und in der Staffel kein Nachteil bin fürs Team", sagt Eder über sich selbst. So bescheiden das klingt, aber er wird auch selbst wissen, dass davon keine Rede sein kann. Eine Staffel ohne den Routinier vermag man sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorzustellen. Nichtsdestotrotz wird es früher oder später ohne ihn gehen müssen. Noch allerdings spannt sich das Zugpferd entschlossen vor den Wagen.

"Ich glaube, gerade in der Staffel haben wir es jetzt einmal geschafft, da waren wir mit den Plätzen vier und sechs fast über dem Soll. Wenn man das jetzt einmal realistisch einschätzt, sind wir da sehr zufrieden", zieht er Bilanz.

Bitnes hatte "Gänsehaut" bei Eders Ansprache

Dass es zu dem beachtlichen vierten Rang im finnischen Kontiolahti gekommen ist, war auch Eders Verdienst. Der Teamleader hielt am Abend vor dem Staffel-Rennen eine emotionale Rede an seine Mannschaftskameraden, wie Cheftrainer Vegard Bitnes bei LAOLA1 verriet. "Ich hatte Gänsehaut", so der Norweger.

"Einzelheiten bleiben da natürlich unter uns, aber man muss da einfach ein paar authentische Worte finden", will sich Eder nicht zu sehr in die Karten blicken lassen. Er habe jedenfalls ein paar Sachen gesagt, die zu "unserem schweren Saisonauftakt gepasst haben", schildert er.

Ich brauche ihn im Training, weil er ein österreichisches Vorbild ist. An ihm können sich junge Athleten orientieren. Er ist einfach ein super Typ.

Trainer Vegard Bitnes über Simon Eder.

Anführer und Nachfolger: Eder (re.) und Leitner (li.)
Foto: © GEPA

Dass er in seiner Rolle als Teamleader elementar ist, unterstreicht auch eine Aussage von Coach Bitnes. "Er ist extrem wichtig für den Nachwuchs! Was er in den letzten 15 Jahren gemacht hat, ist nicht so schlecht. Ich brauche ihn im Training, weil er ein österreichisches Vorbild ist", schildert der seit dieser Saison amtierende Norweger.

"An ihm können sich junge Athleten orientieren. Er ist einfach ein super Typ, er nimmt sich beispielsweise nicht nur für einen Felix Leitner Zeit, sondern genauso viel für die Jungen. Er versucht ihnen zu helfen, gibt ihnen Tipps", gibt Bitnes einen Einblick ins Team.

Eines Tages jedoch wird der Tag kommen, an dem auch Eder dem Spitzensport Adieu sagen wird. Sein prädestinierter Nachfolger hört auf den Namen Felix Leitner. Der 25-Jährige ist der große Hoffnungsträger im ÖSV-Team.

"Zusammen sind wir stärker"

Groß vorbereiten auf die Rolle als neuer Anführer brauche man Leitner nicht, sagt der um 14 Jahre ältere Eder. "Der Felix ist ein Athlet, der gerne Verantwortung übernimmt. Das hat er immer wieder bewiesen, seit er in der Mannschaft ist", streut der Routinier seinem potenziellen Erben Rosen.

"Er ist jemand, der immer wieder schnell aufsteht, das ist, was ihn ausmacht. Von dem her wird er der Rolle eh schon länger gerecht", fährt der "Teampapa" fort.

Vorerst wollen sie das Team aber weiterhin gemeinsam führen. "Zusammen sind wir einfach im Moment stärker und das taugt uns schon", unterstreicht er den Teamgedanken, der von Trainer Bitnes heuer so in den Vordergrund gestellt wird. Auch die teaminterne Konstellation, wie man als Team aufgestellt ist, sei ein Grund, warum er nach wie vor dabei ist.

"Weil wir nicht nur eine 'Gaudi' haben, sondern auch richtig gut trainieren", erklärt Eder. Die gute Stimmung im Team soll bei den kommenden Bewerben für gute Ergebnisse sorgen.


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