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Hochfilzen: Houston, wir haben ein Materialproblem!

Einmal mehr ein ernüchterndes Heimwochenende. Die Männer laufen hinterher und dann hakt's auch noch beim Material. Es ist aber nicht alles grau.

Hochfilzen: Houston, wir haben ein Materialproblem! Foto: © GEPA

Österreichs Biathlet:innen und Hochfilzen, das ist auch heuer keine Liebesgeschichte. Als bestes Ergebnis steht geschlechterübergreifend ein 15. Rang von Lisa Hauser zu Buche. Bei den Männern ist ein 30. Platz von Simon Eder das "Highlight".

Am Schießstand ist niemandem ein echter Vorwurf zu machen. Da bewegen sich Simon Eder, Lisa Hauser & Co. weiterhin auf hohem Niveau. Aber alles überlagert (wieder einmal) die Laufleistung.

Während diese bei den Frauen im Großen und Ganzen noch einigermaßen in Ordnung war, hinkten die Männer empfindlich hinterher. "Der Abstand ist natürlich überirdisch", gestand Felix Leitner nach der Verfolgung. Bei den Athleten kam im Laufe des Wochenendes immer mehr durch, dass sie mit dem Material nicht glücklich sind. Wie Franz Berger im Gespräch mit LAOLA1 verriet, habe es sogar eine Art "Krisentreffen" zwischen dem Wachsteam und einigen Athleten gegeben.

Schon wieder eine Watsch'n

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Für die ÖSV-Asse ist so eine Situation fraglos frustrierend. Das war auch Routinier Eder anzumerken. "Wenn man so weit hinten ist, ist man froh, wenn es vorbei ist", resümierte er sein Wochenende. So mache der Heimweltcup keinen Spaß. Man müsse "schon auch einmal die Athleten-Seite sehen", betonte Eder. Es sei "echt nicht mehr leicht", nachdem man "schon die sechste Watsch’n in der Spur" bekommen habe.

Nur, um das klarzustellen: Das Problem ist nicht, dass die Materialabstimmung durch die Bank bescheiden ist. Das beweisen passable (Teil-) Zeiten. Wie etwa von Felix Leitner (+1:07 Min. auf J.T. Boe) und Lisa Hauser (+51 Sek. auf Elvira Öberg) in der Staffel. Sie ist es nur leider viel zu oft.

Anderswo läuft's, nur beim Biathlon nicht

Tatsache ist, dass das beim ÖSV eigentlich nur im Biathlon nicht richtig hinhaut. Man hört im Langlauf und in der Nordischen Kombination von Materialproblemen kaum etwas. Wie ÖSV-Sportdirektor Mario Stecher bereits betonte, gibt es einen (laufenden?) Austausch mit anderen Sportarten. Wenn der Wissenstransfer wirklich so gut funktionieren würde, wie er sollte, müssten wir über das Thema aber hier nicht diskutieren.

Auch nicht diskutieren muss man über das läuferische Potenzial des Männer-Teams. Wie u.a. Simon Eder mehrfach betonte, ist man da hinten nach. Umgekehrt würde man es sich zu einfach machen, wenn man die Schuld nur auf das Material schiebt. Natürlich sind wir läuferisch von den Top-Nationen ein gutes Stück weg. Natürlich muss man an Schrauben drehen. Die Abstände wären in Hochfilzen mit besserem Material höchstwahrscheinlich trotzdem kleiner gewesen.

Ohne gutes Material nutzt auch der beste Läufer nichts

Österreich war einst auf dem Materialsektor eine der führenden Nationen. Natürlich hatte man zu Zeiten der "Goldenen Generation" mit Athleten wie Dominik Landertinger, Julian Eberhard und Christoph Sumann echte Kapazunder in der Loipe. Aber erstens waren auch damals nicht alle Laufwunder. Hier hat das Material so manches wettgemacht. Und zweitens hätten es auch Landi & Co. ohne gutes Material schwer gehabt. Fazit: Die Situation wirkt verfahren und ist es wohl auch.

Doch nicht alles war so grau wie das Wetter am Sonntag. Der Lichtblick des Wochenendes war gewiss Anna Andexer, die gleich bei ihrem Weltcupdebüt im Sprint 25. und somit beste Österreicherin wurde.

Ein erfrischender Lichtblick

In der Verfolgung zahlte sie ein wenig Lehrgeld, bei ihrem Staffel-Debüt unterlief ihr eine Strafrunde, die Leistung ist aber dennoch als ordentlich zu bezeichnen. Die 21-Jährige ist wirklich eine Bereicherung für das Frauen-Team. Ihre erfrischende Art tat der Fan- und Journalisten-Seele an diesem ernüchternden Wochenende gut.

Auch, wie sie mit Drucksituationen umgeht, ist beeindruckend. Sie hat das Potenzial, künftig zu Anna Gandler und Lisa Hauser aufzuschließen und so gemeinsam mit ihnen als Triumvirat die Speerspitze der ÖSV-Frauen zu bilden.

Übrigens: Mehr über sich erzählt Österreichs Top-Talent demnächst im exklusiven LAOLA1-Interview.

Leitner: Noch lange nicht der Alte, aber...

Ein weiterer kleiner Lichtblick war Felix Leitner. Ja, die Ergebnisse zeigen das nicht. Als Fan kann man sich berechtigterweise fragen, warum Leitner dann ein Lichtblick sein soll. Das erkennt man, wenn man ihn schon einige Jahre verfolgt, ihn kennengelernt und daher einen Vergleich hat.

Nach seinem radikalen Schritt mit dem Abschied aus dem ÖSV-Training wirkt er gelöst und viel selbstvertrauter als (insbesondere) in den vergangenen beiden Jahren. Er sieht eine Zukunft vor sich und hat einen Plan, wie er wieder zurück zu alter Stärke finden will. Auch er selbst betonte, dass sich sein System nun besser anfühle.

Einen Beleg für den Schritt vorwärts gibt es auch: Sein Rückstand auf die Durchschnittslaufzeit ist im Vergleichszeitraum um ein Prozent geringer als noch vor einem Jahr. Oder einfacher ausgedrückt: Im Vorjahr lag Leitner nach den ersten beiden Weltcup-Stationen bei +2 Prozent auf die Durchschnittslaufzeit, nun liegt er bei einem Prozent. Wenn man mit der Materie nicht so eingehend vertraut ist, mag das wenig klingen. Tatsächlich sprechen wir da aber von 20 bis 30 Sekunden.

Auch mit ihm hat sich LAOLA1 zum Interview getroffen, welches in Kürze hier zu lesen sein wird.

Ernüchternd, aber Debakel ist anders

Wie lässt sich das rot-weiß-rote Heim-Wochenende also zusammenfassen? Ich halte wenig von Schwarz-Weiß-Malerei. Gut ist anders, keine Frage. Bei den Männern gibt es wenig schönzureden, da müssen die Ansprüche andere sein.

Aber Felix Leitner ist auf einem guten Weg und bei Simon Eder war (auch ob der Material-Thematik) nicht mehr drin. Von David Komatz kann man sicher mehr erwarten. Debütant Fabian Müllauer und Fredrik Mühlbacher brauchen noch Zeit, um sich an das Spielfeld Weltcup zu gewöhnen, die muss man ihnen zugestehen.

Es ist ja nicht so, dass die Österreicher keine Weltcuppunkte geholt haben. Dann könnte man meinetwegen von einem Debakel sprechen. So ist es frustrierend und ernüchternd, aber sicher nicht blamabel.

Andexer auch in Frankreich dabei 

Bei den Frauen erwische Lisa Hauser keinen guten Sprint-Freitag, dafür war die Verfolgung absolut in Ordnung. Hauser holte 19 Ränge auf, was hochanständig ist. Anna Gandler kämpft noch ein wenig mit ihrer Form, ihr hängen nach wie vor die Krankheits-Querelen aus der Vorbereitung ein wenig nach.

Anna Andexer lieferte eine erfreuliche Talentprobe ab. Es wird nicht die letzte gewesen sein, sie wird auch in Le Grand Bornand ihre Chance bekommen. Für Dunja Zdouc und Lea Rothschopf war es ein gebrauchtes Wochenende. Das kann passieren. Schade, dass es beim Heimweltcup war.

Um das Frauen-Team mache ich mir allerdings grundsätzlich weniger Sorgen. Im Gegensatz zu den Männern, wo in Frankreich dringend ein Aufwärtstrend her muss. Bei den Ergebnissen, aber vor allem beim Material.


Die rot-weiß-roten Biathlon-Sternstunden in Hochfilzen

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