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Lisa Hauser: Biathletin per Zufall

Biathlon-Ass Lisa Hauser über Karriere-Zufall und jüngste Leistungsexplosion:

Lisa Hauser: Biathletin per Zufall Foto: © GEPA

Fünf Podestplätze in den jüngsten sechs Weltcuprennen, darunter der erste Sieg: Lisa Hauser hat sich mit ihrem Erfolgslauf im Jänner endgültig an der absoluten Biathlon-Weltspitze etabliert.

Möglich gemacht hat das eine Steigerung in der Loipe, treffsicher und schnell geschossen hat die 27-jährige Tirolerin aus Reith bei Kitzbühel auch schon davor. Bis vor wenigen Wochen verhinderte eine Lücke zu den Allerschnellsten im Laufen und einige Male auch fehlendes Rennglück ihren großen Durchbruch, mehrere Top-Sechs-Ergebnisse hat Hauser aber auch schon in den vergangenen Jahren geschafft. Im Jänner stürmte sie nun mit einer Ausnahme, bei der sie ebenfalls auf Podestkurs liegend stürzte, ständig auf das Podium.r

"Der erste Podestplatz war schon richtig cool. Dass es dann so weitergeht, damit habe ich nicht gerechnet", sagt Hauser. "Bis jetzt war es echt eine perfekte Saison!"

Stockerlplätze in allen vier Disziplinen vom Sprint bis zum 15-km-Einzel sprechen für sich und machen Hauser bei der WM im slowenischen Pokljuka zur heißen Medaillen-Aktie.

Warum eine WM-Medaille aber kein Muss ist und wie es zur Leistungsexplosion im Jänner gekommen ist, erklärt Hauser im LAOLA1-Interview. Dabei spricht die Tirolerin auch über den eher zufälligen Anfang ihrer Karriere und Vorbild Hermann Maier:

LAOLA1: Der erste Weltcup-Sieg ist für jeden Sportler ein Meilenstein. Was kommt dir als erstes in den Sinn, wenn du an den Sieg in Antholz zurückdenkst?

Lisa Hauser: Dass ich in einem Einzel-Bewerb ganz oben stehen durfte, ist nicht selbstverständlich. Es kommen nicht viele in die Position, zu gewinnen und an dem Tag die Beste zu sein. Das ist schon unheimlich cool.

LAOLA1: Gibt es jemanden, dem du den Sieg gewidmet hast?

Hauser: Ich habe so viele Leute, die hinter mir stehen und die mich die letzten Jahre unterstützt haben. Das war nicht nur ein Sieg für mich, sondern für sie auch.

LAOLA1: Zu Beginn der Saison ist es für dich nicht ganz nach Wunsch gelaufen. Wie erklärst du deinen Erfolgslauf im Jänner?

"Der zweite Podestplatz in Oberhof hat mich noch mehr gestärkt als der erste, weil ich bewiesen habe, dass es eben nicht nur eine Eintagsfliege war."

Hauser: Wenn man auf die letzten Jahre zurückblickt, war ich grundsätzlich konstant, was die Ergebnisse betrifft. Ich hatte nie viele Ausreißer nach vorne oder hinten, sondern habe mich immer in einem gewissen Platzierungsumfang bewegt. Das kommt mir jetzt zugute, dass ich tagtäglich am Schießstand und in der Loipe eine gute Leistung abrufen kann. Somit haben jetzt konstant gute Ergebnisse rausgeschaut. Der zweite Podestplatz in Oberhof in der Verfolgung hat mich eigentlich noch mehr gestärkt als der erste, weil ich bewiesen habe, dass es eben nicht nur eine Eintagsfliege war. Die Bestätigung war für mich selbst schon wichtig, es hat mich stolz gemacht, dass es dann am nächsten Tag gleich fürs zweite Stockerl gereicht hat. Dass es dann so weitergeht, damit habe ich damals nicht gerechnet. Das war schon richtig cool.

LAOLA1: Hast du im Vergleich zu den vergangenen Jahren beim Schießen oder in der Loipe etwas geändert?

Hauser: Der Trainingsplan ist im Vergleich zu den letzten Jahren prinzipiell gleichgeblieben, aber ich habe neue Trainer bekommen, bin in eine neue Gruppe gekommen. Da gibt es schon neue Inputs, die man aufsaugt und die mir jetzt im Nachhinein gesehen vielleicht gutgetan haben. Bei der Technik ist heuer viel weitergegangen, auch die Gesundheit spielt eine Rolle. Es müssen viele Faktoren zusammenspielen, das war jetzt der Schlüssel zum Erfolg.

LAOLA1: Gehst du jetzt mit dem Wissen, dass du konstant ganz vorne dabei sein kannst, anders in ein Rennen hinein?

Hauser: Ich weiß jetzt, dass es nicht mehr unbedingt Pflicht ist, dass ich immer 0-0 schieße, damit ich ein gutes Ergebnis erreichen kann. Aber ich stehe am Start und will trotzdem mit 0-0 durchkommen, denn das ist notwendig, wenn man konstant vorne dabei sein will und das ist auch mein Ziel. In den vergangenen Jahren bin ich immer am Start gestanden und habe gewusst, ich muss im Sprint 0-0 schießen, damit ich unter die Top 15 komme. Von dem her glaube ich schon, dass ich da aus der Vergangenheit gelernt habe.

LAOLA1: Kann dich derzeit überhaupt irgendetwas aus der Spur bringen? Nach deinem Sturz in Oberhof auf dem Weg zum neuerlichen Podest bist du im wahrsten Sinn des Wortes sofort wieder aufgestanden und hast im nächsten Rennen gewonnen.

Hauser: Ich habe bei der WM 2019 in Östersund im Sprint fünf Mal auf die falschen Scheiben geschossen, als ich auf dem Weg zu einem Top-6-Platz war. Das war ein komplettes Blackout. Drei Tage später im Einzelrennen habe ich wieder vier Mal null geschossen und bin Siebente geworden. Jetzt hatte ich einen Sturz und habe eine Mega-Platzierung vergeben, vier Tage darauf habe ich gewonnen – also vielleicht bin ich der Typ: Nach einem Rückschlag erst recht!

LAOLA1: Wie erlebst du die Saison ohne Fans?

Hauser: Prinzipiell geht es schon extrem ab, der Biathlon-Sport lebt von den Zuschauern und den Emotionen. Mir tut es auch für meine Familie und Freunde leid, die normal bei vielen Weltcups vor Ort sind und mich seit Jahren begleiten. Und jetzt sind sie bei meinen größten Erfolgen nicht dabei gewesen. Es ist vor Ort doch immer eine große Unterstützung, auch wenn sie mir beim Rennen selbst ja nicht helfen können, aber danach, wenn man sich aufbauen oder gratulieren lässt – je nachdem – , ist das für mich schon sehr wichtig. Das geht mir heuer ab. Ich freue mich schon darauf, wenn es wieder anders sein wird.

LAOLA1: Hoffst du durch deine Erfolge auf einen Schub im österreichischen Damen-Biathlon? Siehst du dich als Vorbild?

Hauser: Ich hoffe schon auf einen Schub. Biathlon ist ja echt eine spannende Sportart und wenn man das mal für sich entdeckt hat, lässt einen das nicht mehr so schnell los. Ich hoffe schon, dass ich für jüngere Athletinnen und Athleten eine Vorbildwirkung haben kann. Es ist auch für den Sport sehr wichtig, dass junge Leute Vorbilder haben und es ist schon cool, dass ich jetzt vielleicht für einige ein Vorbild bin.

LAOLA1: Wer waren deine Vorbilder in der Jugend?

"Ich wollte früher nicht unbedingt Sportlerin werden."

Hauser: Ich wollte früher nicht unbedingt Sportlerin werden (lacht). Das hat sich mit der Zeit so ergeben. Ich bin in der Hauptschule schon Langlauf-Rennen gelaufen, aber so richtig angefangen hat es erst in Saalfelden im Skigymnasium. Dass ich dort hingegangen bin, hat sich eigentlich auch nur durch Zufall ergeben, weil eine Freundin gefragt hat, ob ich mit ihr die Aufnahme dort mache. Ich wollte eigentlich in ein normales Sport-Gymnasium gehen, wo man viele Sportarten macht. Die Affinität zum Biathlon hat sich dann mit der Zeit erst entwickelt. Wir haben als Kinder eher Skifahren und Skispringen geschaut. Da war ich Hermann-Maier-Fan.

LAOLA1: Hast du so etwas wie einen Karriereplan, an dem du dich orientierst, Meilensteine, die du dir setzt? Den Gesamtweltcup vielleicht?

Hauser: Klar setzt man sich als Sportler Ziele, zum Beispiel das erste Mal Top 20, das erste Mal Top 10, das erste Mal Flower-Ceremony usw. Im Gesamtweltcup vorne dabei zu sein, ist immer schwierig, da muss man fast die ganze Saison bei jedem Rennen am Start sein. Man weiß, wie schnell es geht, dass man mal ein Wochenende ausfällt, weil man krank ist etc. Ich hatte es die letzten Jahre oft, dass ich über Weihnachten krank war. Von dem her will ich mir in dieser Hinsicht gar nicht so konkrete Zielsetzungen machen. Aber heuer war das Ziel ein Podium, das ist mir geglückt.

LAOLA1: Das heißt, du hast dein Ziel für diese Saison schon übertroffen. Hast du dir jetzt neue Ziele für die WM gesetzt?

Hauser: Es ist schwierig, man wird von außen jetzt teilweise als Medaillenkandidatin oder Mitfavoritin gehandelt, aber für mich steht fest: Bis jetzt war es echt eine perfekte Saison, vor allem im Jänner. Alles, was jetzt noch kommt, kann es nur noch schöner und besser machen und eine Draufgabe sein.

LAOLA1: Also ist eine Medaille für dich kein Muss?

Hauser: Sicher hat man als Sportlerin das Ziel, irgendwann eine WM-Medaille zu gewinnen. Aber ich muss das ganze jetzt etwas locker sehen. Ich kann nicht gleich einige Stufen überspringen, man muss das schon Schritt für Schritt machen. Für mich ist es jetzt richtig gut gelaufen, es macht unheimlich viel Spaß und das will ich versuchen zu genießen.

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