Biathlet Dominik Landertinger beendet seine aktive Karriere.
Der 32-Jährige ist mit neun Medaillen bei Großereignissen, darunter WM-Gold im Massenstart 2009, der erfolgreichste ÖSV-Biathlet. "Ich bin dankbar, dass ich das alles erreichen durfte", sagt der Familienvater, der dank WM-Bronze in Antholz auf dem Höhepunkt abtritt.
Im vergangenen Dezember hatte Landertinger angesichts schwacher Form dem Spitzensport schon den Rücken kehren wollen - "ich habe gedacht, dass nichts mehr geht" - doch bei der WM in Südtirol holte er am 19. Februar, kurz bevor die Coronakrise voll ausbrach, im 20-km-Einzelbewerb seine fünfte Einzelmedaille bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen.
Danach reifte der Gedanke an das Ende der Laufbahn. "Es war immer mein großer Wunsch, die Karriere gut abzuschließen. Dank der Medaille in Antholz habe ich das Gefühl, als Sieger vom Platz zu gehen", erklärt der nun in Fieberbrunn lebende Heeressportler.
Mit 20 Weltmeister, Olympia-Gold nur knapp verpasst
Er hatte sowohl als junger Draufgänger als auch als Routinier reüssiert. "Ich habe mit 14 so trainiert wie ein 18-Jähriger und mit 18 wie ein 22-Jähriger, darum bin ich mit 20 auch Weltmeister geworden", sagte Landertinger der APA. "Als jüngerer Athlet bin ich mit dem Schädel gegen die Wand gelaufen und habe nicht auf den Körper geachtet." Doch aus einer Durststrecke und zweimaligem Übertraining habe er gelernt. "In den letzten Jahren bin ich geduldiger und erfahrener geworden und habe den Spagat zwischen Belastung und Erholung geschafft."
Der Lohn war unter anderem Olympia-Bronze im 20-km-Einzelbewerb in Pyeongchang 2018, nur sechs Monate nach einer Bandscheibenoperation. "Am Anfang bin ich nur Nordic Walken gegangen und habe mich bei den Pensionisten drangehängt", sagte Landertinger damals.
Der Hochfilzener hatte im Lauf der Karriere die Größten seiner Zunft als Gegner. In Südkorea war er mit dem norwegischen Sieger Johannes Thingnes Bö auf dem Podest gestanden, heuer in Antholz mit dem siebenfachen Gesamtweltcupsieger Fourcade und 2014 nach dem Olympia-Sprint in Sotschi mit dem legendären Norweger Ole Einar Björndalen.
Jene 1,3 Sekunden, um die er in Russland hinter Björndalen am Olympiasieg vorbeigeschrammt war, würden ihn aber nicht schmerzen, sagte Landertinger im Rückblick. "Damals hatte ich mit zwei Randtreffern, die gefallen sind, auch Glück", merkte der dreifache Olympia-Teilnehmer an. Von Winterspielen brachte er stets mindestens ein Stück Edelmetall nach Hause.
VIDEO - Landertinger erzählt von seinem Corona-Einsatz für das Bundesheer:
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
22 Jahre Spitzensport forderten ihren Tribut
Die Bandscheibenprobleme hätten ihn jedoch drei bis vier Prozent an Leistungsvermögen gekostet, sagte Landertinger. Er fühle sich im täglichen Leben sehr gut, doch mit dem Spitzensport sei es immer schwieriger geworden. "Die hohen Umfänge im Training verkrafte ich nicht mehr, da stehe ich in der Früh auf wie ein 65-Jähriger."
22 Jahre Spitzensport hätten ihren Tribut gefordert, bekannte der Gewinner von zwei Weltcuprennen. Das Karriere-Ende sei daher eine logische Konsequenz. "Es waren wunderschöne Momente, jede Medaille hat ihre eigene Geschichte. Die Freundschaften und die schöne Zeit mit Trainern und Teamkollegen möchte ich nicht missen", blickte der Vater eines einjährigen Sohnes zurück. Nun freut er sich auf mehr Zeit mit der Familie. "Ich bin dankbar für meine Erfolge und nicht gierig, noch mehr herauszuholen."
Mit vier Jahren vom oberösterreichischen Innviertel mit den Eltern in die Biathlon-Hochburg Hochfilzen übersiedelt, entschied sich der am 13. März 1988 geborene Landertinger schon in jungen Jahren für die Kombination aus Langlauf und Schießen. In der Skihauptschule Saalfelden und danach im Ausbildungszentrum Eisenerz (wo er die Lehre zum Maschinenbautechniker absolvierte) entwickelte sich der junge Athlet unter dem späteren ÖSV-Cheftrainer Reinhard Gösweiner zum "kompletten Biathleten" (Gösweiner). Der vierfache Medaillengewinner bei Junioren-Weltmeisterschaften wurde den Vorschusslorbeeren im Kreis der Elite vollauf gerecht.
Landertingers Zukunftspläne
Nun will der ausgebildete Biathlon-Trainer nach dem Engagement beim Bundesheer die Zeit zur Fortbildung nutzen und danach im Gesundheitsmanagement für Firmen sowie im Freizeitsport- und Fitnessbereich tätig sein. Für das ÖSV-Team sei sein Rücktritt nicht optimal, gab Landertinger zu. "Wir haben nicht so viele starke Biathleten. Aber Felix Leitner hat den Sprung schon geschafft und es gibt einige im Nachwuchs, die mit guter Arbeit in den nächsten zwei Jahren in der Staffel einspringen können."
Franz Berger, der Sportliche Leiter für Biathlon im ÖSV, kennt Landertinger seit dessen Anfängen. Mit ihm verliere der ÖSV einen Ausnahmeathleten, sagte der Hochfilzener. "Dominik Landertinger war im letzten Jahrzehnt nicht nur ein Medaillengarant bei Großveranstaltungen, sondern dank seiner Persönlichkeit und seiner vorbildhaften Einstellung auch eine Leitfigur innerhalb des Teams."
ÖSV-Sportdirektor Toni Giger meinte, ihm würden vor allem die Schlussrunden Landertingers unvergessen bleiben, "in denen er immer wieder kaum Machbares geschafft und mit unglaublicher Willenskraft gefinisht hat. Er war als Einzelsportler ein großer Kämpfer und in den Staffelbewerben ein verlässlicher Teamplayer."