news

ÖSV-Biathlon-Check: In der Krise liegt die Kraft

Für Österreich geht die Saison ohne einen einzigen Podestplatz zu Ende. LAOLA1 blickt zurück und zieht ein Fazit.

ÖSV-Biathlon-Check: In der Krise liegt die Kraft Foto: © GEPA

Die Biathlon-Saison ist zu Ende und deswegen ist es wie gewohnt auch Zeit, ein Fazit zu ziehen: Willkommen zur LAOLA1-Saisonanalyse!

Wie sind die Leistungen von Österreichs Loipenjäger:innen zu bewerten? Welche Schlüsse können daraus gezogen werden, was ist aufgefallen und wie könnte es weitergehen?

Wie immer betrachten wir Frauen und Männer getrennt.

Der unvermeidbare Umbruch

Was sich geschlechterübergreifend sagen lässt: Es war eine Saison, mit der man aus ÖSV-Sicht nicht zufrieden sein kann. Schließlich gab es heuer keinen einzigen Podestplatz.

Wenngleich wir unsere Ansprüche in den letzten Jahren aus verschiedenen Gründen herunterschrauben mussten, kann man das natürlich nicht einfach so hinnehmen. Der ÖSV reagierte auch bereits umfassend: Spartenchef Franz Berger, Männer-Cheftrainer Vegard Bitnes und Berater Dominik Landertinger müssen gehen. Als Berger-Erbe ist Christoph Sumann ein heißes Thema - Hier nachlesen>>>

Nur wenige Highlights

Als beste Platzierung bei den Frauen steht ein fünfter Rang von Lisa Hauser (Nove Mesto, Sprint) und ein neunter Rang von David Komatz (Ruhpolding, Einzel) zu Buche.

Während bei den Frauen Top-10-Platzierungen in einer gewissen Regelmäßigkeit gelungen sind, waren sie bei den Männern die absolute Ausnahme. Der neunte Rang von Komatz war zugleich das einzige Top-10-Ergebnis der Saison. Bei den Frauen sorgten Lisa Hauser und Anna Gandler für deren sechs.

Es ist natürlich schwer, nach einer recht ernüchternden Saison ein Highlight herauszupicken. Wenn man das aber tut, muss das eigentlich die bärenstarke WM-Staffel der Frauen sein, die sich an diesem Tag eine Medaille verdient gehabt hätte. Schade, dass die Strecke dann ein paar hundert Meter zu kurz für Anna Andexer war, um Elvira Öberg noch einzufangen.

In der Mixed-Staffel von Pokljuka zeigte das ÖSV-Team auf.
Foto: © GEPA

Auch die Mixed-Staffel auf der Pokljuka, in der man Rang vier erreichte, ist hier zu nennen. In dieser zeigten alle vier aus dem ÖSV-Quartett (Lea Rothschopf, Anna Andexer, Patrick Jakob, David Komatz) ihre individuell bestmögliche Leistung. Wie es der Zufall so will, patzte ausgerechnet an diesem Tag keines der Top-Teams. Sonst wäre das Podest in Reichweite gewesen.

Hauser ist wieder die Nummer eins

Starten wir in unserer Betrachtung mit der deutlich erfreulicheren Saison der Frauen.

Anna Gandler sollte aufgrund ihrer Vorsaison als vermeintliche Nummer eins in den Weltcup-Winter gehen, wurde aber schon in der Vorbereitung von gesundheitlichen Querelen geplagt, was sich letztlich über die gesamte Saison zog. Dass sie alles mitbringt, um in die Weltspitze vorzustoßen, hat sie bereits bewiesen, dieser Schritt wird ihr hoffentlich zukünftig gelingen. Leider ist ihr Immunsystem, das muss man so sagen, dabei bisher ihr Hemmschuh gewesen.

So stieg Lisa Hauser einmal mehr zum wichtigen Zugpferd auf und zeigte speziell mit ihrer beeindruckenden Spätform, dass sie nach wie vor zu den Top-Athletinnen gehört. Leider war es bei ihr der viel zitierte eine Fehler zu viel, der ihr mehrmals die Chance auf ein Podest raubte.

Andexer im Weltcup angekommen

Mit Anna Andexer, die gleich bei ihrem Weltcup-Debüt in Hochfilzen mit Rang 25 aufzeigte, rückte zudem schon die nächste Hoffnungsträgerin nach. Gegen Ende der Saison kam sie immer besser im Weltcup an und zeigte ihr riesiges Potenzial. Die 22-Jährige steht erst am Anfang ihrer Karriere und die heimischen Fans dürfen sich berechtige Hoffnungen machen, dass sie in Zukunft für viele Jubelmomente sorgen wird.

Anna Andexer ist die große Zukunftshoffnung im Frauen-Team
Foto: © GEPA

Diese drei werden zumindest kommende Saison die Teamspitze bilden. Ob diese auch danach aus diesem Trio besteht, wird auch davon abhängen, wie lange Lisa Hauser noch weitermacht. Im LAOLA1-Interview betonte sie im Dezember, dass sie sich diese Entscheidung noch offen lassen möchte (Hier lesen>>>).

Dahinter ist das Frauen-Team mittlerweile auch in der Breite gut aufgestellt. Hier kann man mittlerweile auch den einen oder anderen Ausfall gut kompensieren. Mit Lea Rothschopf, Tamara Steiner, Anna Juppe und Dunja Zdouc hat man zumindest vier erprobte Athletinnen, auf die man zurückgreifen kann.

Summa summarum bleibt der Eindruck, dass mehr drinnen gewesen und zumindest ein Podest sicher verdient gewesen wäre. Oder positiv ausgedrückt: Die Mädels haben’s drauf, konnten es heuer aus verschiedenen Gründen (noch) nicht zeigen. Vielleicht haben sie es sich auch einfach nur für die Olympia-Saison aufgehoben.

Männer: Krise hin, Krise her - da geht mehr

Bei den Männern ging der Abwärtstrend der letzten Jahre leider weiter, was sich auch in der Nationenwertung widerspiegelt. Dort reichte es nur zu Rang elf, somit wird kommende Saison ein Startplatz weniger zur Verfügung stehen. Statt fünf dürfen nur noch vier ÖSV-Athleten in Einzel und Sprint starten.  

Positive Entwicklungen muss man beinahe mit der Lupe suchen. Ein paar gibt es aber doch: Allem voran muss man hier David Komatz nennen, der seine Stärke in der Schlussrunde noch einmal ausgebaut hat. Der 33-Jährige brannte heuer mehrmals Weltklasse-Schlussrunden in den Schnee, die Dominik Landertinger Gerüchten zufolge schon neidisch werden ließen.

Patrick Jakob hat sich mittlerweile zu einem passablen Weltcup-Athleten entwickelt, vor allem läuferisch hat er einen Schritt nach vorne gemacht. In den Laufzeiten liegt er ein Prozent über dem Weltcup-Durchschnitt, in den Jahren davor waren es drei. Das ist für einen 28-Jährigen ein beachtlich großer Schritt.

Youngster Fabian Müllauer bekam heuer erstmals die Chance im Weltcup, tat sich bei seinen ersten Einsätzen noch schwer. Beim Weltcup-Abschluss in Oslo holte der 22-Jährige im Sprint als 31. aber erstmals Weltcuppunkte.

Zu den Youngsters gehört Fredrik Mühlbacher (27) nicht mehr, aber auch er könnte sich in den nächsten Jahren, zumindest was die Breite des Teams betrifft, zu einer wichtigen Stütze entwickeln. Bei der EM holte er Silber und Bronze, auch sein Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft.

...wenn das Material (nicht) passt

Wer für das Team künftig verantwortlich sein wird, ist nach dem Umbruch noch offen. Klar ist, dass sich einiges ändern muss. Auch wenn das Team nicht mehr die personellen Kapazitäten früherer Zeiten hat, so müssen doch regelmäßige Top-10- oder zumindest Top-15-Ränge das erklärte Ziel sein.

Mit Felix Leitner (bei dem es vor der WM endlich bergauf ging, ehe er von einer Krankheit ausgebremst wurde), David Komatz, Routinier Simon Eder und kommende Saison hoffentlich auch schon Fabian Müllauer hat man drei bis vier Athleten im Team, die das Zeug dazu haben. Einschränkung: Wenn auch das Material passt.

Speziell Teamleader Eder kritisierte die Probleme auf diesem Sektor heuer ungewohnt offen. Immerhin trat im Laufe der Saison eine Verbesserung ein, sodass man zumindest bei weicheren Bedingungen öfters die richtige Abstimmung fand. Die Erschwernisse durch das Fluor-Verbot hin oder her: Das muss besser werden und das ist den Verantwortlichen natürlich auch klar. Schritte in diese Richtung wurden bereits gesetzt und es wird auch noch der eine oder andere folgen.

Schon jetzt an die Heim-WM denken

Was von dieser Saison als Erkenntnis bleibt? Wir können, trotz der ernüchternden Saison, bei den Männern mehr, wenn die Rahmenbedingungen passen. Bei den Frauen blüht uns, so alle einigermaßen gesund bleiben, allerdings eine rosige Zukunft.

Der Blick im ÖSV-Biathlon-Team ist nun auf kurze Sicht voll auf Olympia 2026 gerichtet. Auf längere Sicht gilt der Fokus natürlich der Heim-WM 2028 in Hochfilzen, bei der man sich ein medaillenloses Abschneiden sportlich und in der Außendarstellung eigentlich nicht leisten kann.

Sportdirektor Mario Stecher hat das erkannt und bei den kriselnden Männern schon jetzt entsprechende Schritte gesetzt. Die Heim-WM 2028 bietet zudem die Chance, Biathlon neben den Alpinen und Skispringern wieder ebenbürtiger in der heimischen Wintersport-Landschaft zu platzieren. Genau dafür sollte die Krise in der langfristigen Planung genutzt werden. Das hätte dieser großartige Sport auch mehr als verdient.


Kommentare