Kinder, wie die Zeit vergeht!
Da hat die Biathlon-Saison gefühlt erst vor wenigen Tagen begonnen - und schon befinden wir uns in der Winterpause.
Pokljuka war die letzte Station des ersten Trimesters und bot allen Freunden der Loipenjäger packende Wettbewerbe bei schönstem Winterwetter. Allen voran sei der Herren-Massenstart erwähnt, in dem nicht weniger als 19 Athleten binnen einer Minute ins Ziel kamen und für einen besonderen Adrenalin-Kick sorgten.
Wie gewohnt blicken wir in der LAOLA1-Schießbude noch einmal zurück auf die Bewerbe in Pokljuka - viel Spaß damit:
Exakt ein Jahr ist es her, dass die italienischen Herren um Sympathieträger Lukas Hofer zuletzt auf der ersten Seite des Ergebnis-Tableaus eines Weltcuprennens auftauchten (Hofer Zehnter in Pokljuka 2014). Damals wurde gerade bekannt, dass die Taschler-Familie in einen Dopingskandal verwickelt ist. Die italienischen Herren verschwanden danach beinahe in der Versenkung. Bis Pokljuka 2015. Da gelang Dominik Windisch im Massenstart Platz neun. Für den 26-Jährigen war es der zweite Top-Ten-Platz seiner Karriere. Das sollte den Jungs Auftrieb geben, denn vom Potenzial her sollten sie generell viel weiter vorne mitlaufen.
Ich mag diese besonderen Typen, die das Salz in der Suppe sind. Typen, die anecken und auch mal was rausposaunen. Typen wie Johannes Thingnes Boe. Der Norweger ist ein "Showman" und hat sich (siehe Video) auch als Rockstar bereits einen Namen gemacht. Aktuell schreibt er allerdings fast ausschließlich Negativ-Schlagzeilen. In Norwegen wird über die Krise des Sprint-Weltmeisters diskutiert, denn in Pokljuka schoss er gleich fünf Fahrkarten und qualifizierte sich als 64. nicht für die Verfolgung. "Er wird schneller zurückkommen, als alle glauben", kündigte Bruder Tarjei gegenüber dem TV-Sender "NRK" an. Platz acht im Massenstart war ein Anfang, doch noch immer wartet der 22-Jährige auf seinen ersten Podestplatz der Saison.
Boe - great rock star in holmenkollen: http://t.co/KIRLdaxdO8 crazy Johannes
— Paulina Tschierschke (@paulina6142) 8. März 2015
Positive Nachrichten aus Russland sind dieser Tage nicht unbedingt gute Nachrichten. Dopingfälle und -verstrickungen in diversen Sportarten sorgen im Land des Olympia-Gastgebers 2014 für Aufruhr. Umso erfreulicher, dass zumindest die Biathleten sportlich von sich reden machen. Neo-Cheftrainer Ricco Groß durfte sich über Spitzenplätze en masse seiner Herren freuen, hinzu kam der ersten Frauen-Podestplatz dieser Saison durch Olga Podchufavorva. Im Sinne des Biathlon-Sports, der sich in Russland größter Beliebtheit erfreut, ein wichtiges Zeichen.
So leid es mir persönlich für sie tut, aber Miriam Gössner hat es in Pokljuka ganz einfach selbst verbockt. Nach passablem Sprint (Rang 15) gelang ihr als einziger Teilnehmerin das Kunststück, im Verfolger einen Frühstart zu fabrizieren. 30 Sekunden Strafe und ein völlig verkorkstes Rennen (Platz 41) waren die Folge. Die 30 war auch im Massenstart Programm - unter 30 Teilnehmerinnen belegte sie den letzten Platz. Es war einfach nicht das Wochenende der 25-Jährigen.
Lang, lang ist's her, dass die Volksrepublik China eine gewichtige Rolle im Biathlon-Zirkus spielte. In der Saison 2008/09 gelang Wang Chunli in Östersund sogar ein Weltcupsieg, die Damen-Staffel landete bei der Olympia-Generalprobe in Whistler Mountain auf Rang zwei. Seither ging es steil bergab, die Chinesinnen waren nicht mal mehr eine Randnotiz. Im "Exoten-Watch" möchte ich sie wieder ins Spiel bringen: Schon mal was von Zhang Yan gehört? Wenn nicht, dann wird's Zeit. Nach Platz 23 im Östersund-Einzel ergatterte sie als Verfolgungs-33. in Pokljuka schon zum zweiten Mal in dieser Saison Punkte.
Die so erfolgsverwöhnten italienischen Damen waren diesmal das genaue Gegenteil der Herren und bekamen einen Dämpfer verpasst. Dorothea Wierer, Karin Oberhofer, Federica Sanfilippo und Co. vermochten sich nicht im Spitzenfeld zu klassieren. So kam es, wie es kommen musste: Erstmals seit Nove Mesto in der Vorsaison, als die Topathletinnen zugunsten der WM auf eine Teilnahme verzichteten, blieb die Squadra Azzurra ohne Top-10-Platz.
Siege in Sprint und in Verfolgung, dazu Rang vier im Massenstart – nur im Fotofinish verpasste Simon Schmepp gegen Ole Einar Björndalen als Vierter denkbar knapp das Podest. Der Deutsche durfte sich über die Weltcup-Siege sieben und acht freuen und hat im Gesamtweltcup trotz seines Totalausfalls im Sprint von Östersund als Dritter noch alle Chancen. Insgesamt holte er 163 von 180 möglichen Weltcup-Punkten, traf 48 von 50 Schüssen und war in puncto Laufzeit immer vorne mit dabei. Dabei ließ er sich in der Verfolgung auch von einem erneuten Psychospielchen Martin Fourcades nicht aus der Ruhe bringen (siehe unten) und hatte dank null Fehlern im letzten Schießen diesmal die Nase vorne. Somit ist er meine klare Nr. 1 des Wochenendes.
Bereits zum zweiten Mal in dieser Saison muss ich hingegen Jakov Fak in meine Flop-3 aufnehmen. Sollte doch sein Heim-Weltcup nach einem schlechten Start in den Winter die Wende für den Slowenen darstellen, doch daraus wurde nichts. Im Gegenteil: Auf Rang 36 im Sprint (er verlor 1:14,5 Minuten in der Loipe!) folgte Platz 31 in der Verfolgung – damit verpasste er auf seiner Heimstrecke gar den Massenstart. Der Gesamt-Weltcup-Dritte des Vorjahres (derzeit nur 37.), muss darauf hoffen, unter dem Weihnachtsbaum eine verbesserte Form aufzufinden.
Laura Dahlmeier gelang es in Pokljuka, 94 Prozent ihrer Schüsse ins Schwarze zu setzen, zudem war sie insgesamt die drittbeste Läuferin. Musste sie sich im Sprint noch hauchdünn der Französin Marie Dorin Habert geschlagen geben, lieferte sie in der Verfolgung ein perfektes Rennen ab und feierte ihren vierten Weltcup-Sieg. Zwar lief der Massenstart am Sonntag für die 22-Jährige mit Rang elf nicht mehr ganz nach Wunsch, doch Zeit zum Ärgern blieb ihr nicht. Sie musste ganz schnell abreisen, um am selben Abend in Baden-Baden bei der deutschen Sportler-Gala zu sein. Gemeinsam mit Vanessa Hinz, Franziska Preuß und Franziska Hildebrand landete sie dank des Staffel-WM-Titels auf Rang zwei der besten Teams des Jahres.
Tja so kann ein Weltcup-Rennwochenende auch enden...2.Platz beim #SportlerDesJahres in Baden-BadenJetzt stehen für unser aber erstmal ein paar erholsame Weihnachtsfeiertage Zuhause an...#MehrChristmas
Posted by Laura Dahlmeier on Sonntag, 20. Dezember 2015
Langsamer als Fak war im Sprint ein weiterer Bekannter: Arnd Peiffer. Im Schießen fehlerfrei geblieben, reichte es dennoch nur für Rang 42. Der Deutsche erwischte einen rabenschwarzen Tag (inklusive Sturz) in der Loipe und ließ 1:37,1 Minuten auf der Strecke liegen. Allerdings war er - ebenso wie viele andere im Feld - im Vorfeld krank und arbeitete sich mit jedem Tag ein wenig nach vorne. In der Verfolgung lief der 28-Jährige immerhin auf Rang 27 vor, doch erst im Massenstart (13.) fand er einigermaßen zu seiner Form zurück.
Die französischen Teams wissen in diesem Winter zu überzeugen – allen voran wenig überraschend Martin Fourcade, daneben zeigten aber auch Marie Dorin Habert bei den Damen (Sieg und Rang zwei in Pokljuka) sowie Quentin Fillon Maillet, der konstant in die Top Ten lief, was sie können. Im Massenstart schlug dann die Stunde von Jean Guillaume Beatrix, der nur aufgrund des krankheitsbedingten Ausfalls von Simon Eder ins Team gerutscht war. In einem extrem spannenden Rennen blieb er fehlerfrei und konnte sich letztendlich gegen alle Konkurrenten durchsetzen und seinen Premierensieg feiern. Chapeau!
Der dreifachen Medaillen-Gewinnerin von Sochi, Tiril Eckhoff, blieb in dieser Saison bislang ein Podestplatz verwehrt. In Pokljuka verfehlte die Norwegerin sogar in jedem Rennen die Top Ten sowie jede Menge Scheiben. Auf vier Fehler und Platz 39 im Sprint folgte Rang 34 mit sieben Fehlern in der Verfolgung. Im Massenstart gelang ihr immerhin ein 12. Rang, allerdings schoss sie sich auch hier mit vier Fehlern aus dem Rennen um die Top-Plätze. Freuen dürfen sich die Norwegerinnen hingegen über die starke Leistung von Hilde Fenne, die in der Verfolgung von 18 auf acht vorlief und ihr bestes Weltcup-Ergebnis ablieferte.
Nicht nur das ÖSV-Team hatte einen schweren personellen Aderlass zu verkraften (mehr dazu später), auch im Lager der Weißrussen war man in den letzten Tagen am Limit. Gleich zwei Athleten mussten wegen Krankheit sogar mit der Rettung aus dem Teamhotel, in dem auch Dominik Landertinger und Co. wohnten, gebracht werden.
Auch Siegerinnen sind nicht davor gefeit, Bekanntschaft mit dem harten Schnee im Nordwesten Sloweniens zu machen. Sprint-Siegerin Marie Dorin Habert und Laura Dahlmeier lieferten sich im Verfolger einen beinharten Zweikampf, ehe die Französin in einer kurzen Abfahrt das Gleichgewicht verlor. Es war die Vorentscheidung in einem packenden Duell um den Sieg:
Légère chute pour Marie Dorin-Habert ! Rien de grave on espère ... #biathlon21 pic.twitter.com/smtsBceWrH
— L'ÉQUIPE 21 (@lequipe21) 19. Dezember 2015
Es war bitter, dass David Komatz (sollte sein Saisondebüt feiern) und Katharina Innerhofer krankheitsbedingt ihren Pokljuka-Einsatz absagen mussten. Als dann aber auch noch Dominik Landertinger (war erst am Sonntag wieder fit), Simon Eder und Felix Leitner ausfielen, war das Desaster perfekt - die halbe ÖSV-Mannschaft lag flach. Zu allem Überfluss ging es Fabienne Hartweger während des Sprints so schlecht, dass sie kurzerhand aussteigen musste. Dementsprechend wollen wir angesichts des ausgebliebenen Topresultats bei den Herren Gnade vor Recht ergehen lassen. Oberste Devise bis Oberhof: Gesund bleiben bzw. werden und im neuen Jahr einen neuen Anlauf nehmen!
Sensationell, wie sich Lisa Hauser zum Abschluss des ersten Weltcup-Blocks noch einmal im Massenstart präsentierte: Fehlerfrei bewältigte sie die vier Schießeinheiten und egalisierte als Achte ihr bestes Weltcup-Ergebnis. Über die Weihnachtsfeiertage will sie die Schießform konservieren, wird andererseits aber auch an ihren Lauffähigkeiten arbeiten müssen. Die 28. Zeit unter 30 Starterinnen lässt erkennen, dass Luft nach oben besteht.
Nach seinem besten Weltcup-Ergebnis (Rang sieben) in Hochfilzen setzte Julian Eberhard im Pokljuka-Sprint erneut ein kleines Ausrufezeichen: Er glänzte in der Loipe mit der besten Laufzeit des Feldes. Leider kam er aufgrund dreier Schießfehler nicht über Rang 23. hinaus.
Wir wollen uns ab sofort auch verstärkt dem heimischen Nachwuchs widmen und wagen daher einen Blick nach Martell, wo am vergangenen Woche der Alpencup zu Gast war. Das heimische Highlight stellte ganz klar die Jugendklasse bei den Herren dar. Im Schatten von Junioren-Weltmeister Felix Leitner (18) schickt sich mit Sebastian Trixl (18) ein weiterer Youngster an, eines Tages in die Fußstapfen der Stars zu treten. Im ersten Bewerb mit drei Strafrunden noch Sechster, entschied er den zweiten Sprint trotz zweier Fahrkarten für sich. Auch Dominic Unterweger (16), der am ersten Tag Vierter wurde, wusste zu gefallen.
#0 - Man will es kaum glauben, doch das Statistik-Center lügt nicht: Martin Fourcade hat in Pokljuka noch nie gewonnen. Der Franzose war mehrfach nahe dran, so auch dieses Wochenende, das oberste Podest war ihm aber bislang nicht vergönnt. Der Nationalpark Triglav ist somit der einzige Traditions-Weltcuport, der einen schwarzen Fleck auf der ansonsten blütenweiße Weste des Superstars darstellt.
#17 - Weltcup-Siege hat Kaisa Mäkärainen dank ihres zweiten Saison-Sieges im Massenstart von Pokljuka inzwischen bereits auf dem Konto, damit fehlen ihr nur noch drei weitere, um in die Top Ten der ewigen Bestenliste aufgenommen zu werden.
#20 - Drei Fehler im Sprint, sieben im Verfolger, sogar zehn im Massenstart. Mit insgesamt 20 Schießfehlern gilt Miriam Gössner in Pokljuka als ungekrönte Königin der Strafrunde.
#25 - Treffer im Liegendschießen setzte der Norweger Emil Hegle Svendsen und traf damit liegend jedes Mal in Schwarze. Folgerichtig durfte er sich über sein bestes Wochenende in diesem Winter freuen, welches mit Rang zwei im Massenstart gekrönt wurde.
#136 Punkte sammelte Ole Einar Björndalen in Pokljuka - der Altmeister bestreitet bisher seine beste Saison seit 2008/09.
#1065 - Wir wären nicht die Schießbude, hätten wir nicht auch etwas Positives in Sachen Miri Gössner beizusteuern: Erstmals seit 1.065 Tagen bzw. zum ersten Mal seit Antholz 2013 war sie in der Loipe wieder die Schnellste.
Es war der Schockmoment des Wochenendes. Plötzlich brach Megan Tandy auf der Strecke zusammen. Erinnerungen an Marie Laure Brunet in Sotschi 2014 wurden wach. Betreuer eilten binnen weniger Sekunden zur Kanadierin und erstversorgten sie. "Leider ging mein Rennen unerwartet früh zu Ende, als ich auf der Strecke das Bewusstsein verlor", erklärte sie Stunden später und versicherte: "Die Bildmaterial sah viel schlimmer aus, als es sich anfühlte. Kein Grund zur Sorge, ich fühle mich schon viel besser und werde gut versorgt." Nach der Weihnachtspause will die 27-Jährige wieder angreifen.
Megan TANDY collapsed Biathlon 2015 Pokljuka: https://t.co/p9knB73eG9 via @YouTube
— Ruslan (@Ruslan1858) 21. Dezember 2015
Starke Teamleistung: Die deutschen Damen verpassten im Sprint zwar mit Rang zwei (Dahlmeier +1,1) und drei (Hildebrand/+13,0) knapp den Sieg, konnten aber alle sechs Starterinnen unter den Top 15 unterbringen.
Gabriela Soukalova verfehlte als Fünfte ihren dritten Sieg im Sprint von Pokljuka nach 2012 und 2014 und damit einen Rekord.
Sorgte Martin Fourcade in der Vorwoche bereits für Unmut und Diskussionstoff, provozierte er auch in Pokljuka weiter. In der Verfolgung wollte er im Duell mit Simon Schempp dem Deutschen erneut die gesamte Führungsarbeit überlassen. "Es war das Gleiche wie letzte Woche. Er wollte nicht vorgehen, da habe ich ihm zugerufen: Together (Zusammen)", erklärte der spätere Sieger im Ziel ob dieser Aktion etwas verständnislos. "Ich verstehe nicht, warum er das macht. Wenn man zusammen arbeitet, kann man vielleicht noch einen Vorsprung rauslaufen. Bis auf die letzte Runde, da macht jeder sein Ding. Da habe ich eine andere Meinung als er", berichtete Schmepp von den Unstimmigkeiten. Wie es harmonischer geht, zeigten Dahlmeier und Dorin Habert, die sich die Führungsarbeit in einem ebenfalls deutsch-französischen Duell bis zum Sturz der Französin teilten.
"Als ich gleich im ersten Liegend-Schießen den Fehler schoss, war das ein ganz schreckliches Gefühl. Ich dachte, das Rennen wäre bereits gelaufen." - So kann man sich täuschen, denn die Worte stammen von der späteren Massenstart-Siegerin Kaisa Mäkäräinen.
Christoph Nister / Henriette Werner
P.S.: Die Biathlon-Stars und wir wünschen ein frohes Fest!
A Merry Little Christmas with Lowell, Jean Gui, Clare and Friends https://t.co/OZy9yXcBjP via YouTube...... Anche questo è il Biathlon ….❤️
— jean Veleno (@gabriveleno) 21. Dezember 2015