Knapp ein Monat vor Saisonstart schockten die Black Wings Linz die österreichische Eishockeyszene: Sie meldeten ihr Farmteam Steel Wings kurzerhand vom Spielbetrieb der AlpsHL ab.
Was bedeutet das für das österreichische Nachwuchseishockey und wie soll sich der Übergang in die ICE in Zukunft gestalten? Ein Überblick von Experte Bernd Freimüller:
Die Farmteams
Von einstmals vier Farmteams in der AlpsHL bleibt für die nächste Saison genau eines übrig: Das von Red Bull Salzburg, das den Übergang von der Akademie ins Senioreneishockey darstellt.
Aber auch die Roten Bullen mussten in den letzten Jahren kürzertreten, allerdings nicht aus finanziellen Gründen: Der tschechische Verband kickte 2023 das U18-Team der Roten Bullen nach fünf Saisonen aus der dortigen U20-Junioren-Liga.
Die Steel Wings waren fünf Jahre lang ein Bestandteil der AlpsHL, acht Jahre lang leistete sich der KAC den Luxus einer Teilnahme an dieser Liga, ehe die Mittel der verstorbenen Gönnerin Heidi Horten zu versiegen begannen. Die Absage für die nächste Saison kam schon im Frühjahr, also wesentlich früher als die aus Linz.
(Text wird unter der Tabelle fortgesetzt)
Team | ICE | AlpsHL | U20 |
---|---|---|---|
Red Bull Salzburg | x | x | x |
KAC | x | x | |
VSV | x | x | |
HC Innsbruck | x | x | |
Black Wings Linz | x | (x) Akademie OÖ | |
Graz99ers | x | (x) Akademie Stmk. | |
Vienna Capitals | x | ||
Pioneers Vbg. | x | ||
Okanagan Hockey Academy (St. Pölten) | x | ||
ICEHAWKS Hockey Club (Bruck/L.) | x | ||
Nordic Hockey Academy (Ferlach) | x |
Die Sparwelle der letzten Jahre bei den Vienna Capitals raffte schon 2022 die Silver Caps dahin, es reichte bis dahin zu zwei Jahren in der AlpsHL und zuvor zwei Jahre in der ungarisch-rumänischen MOL-Liga.
Die Bedeutung der AlpsHL für die ICE und den ÖEHV
Darüber gibt es geteilte Meinungen. Unbestritten ist, dass Spieler, die in dieser Liga agieren, wenigstens schon gegen Erwachsene angetreten und in der ICE nicht völlig überfordert sind. Allerdings reden wir hier meist von Spielern im Alter 20+, die bei Bedarf in die ICE eingebaut wurden.
In Linz etwa wechselten Leute wie Patrick Söllinger, Lorenz Lindner, Christoph Tialler, Niklas Bretschneider oder Jakob Mitsch rauf und runter, wovon jedoch nur Söllinger ein Linzer Eigenprodukt darstellt.
In Klagenfurt gelang schon mehr Eigengewächsen der Übergang, unter Kirk Furey beschleunigter als unter Petri Matikainen. David Maier, Thomas Vorauer, Thimo Nickl, Tobias Sablattnig, Fabian Hochegger oder Finn Van Ee absolvierten Lehrjahre in der AlpsHL, bevor sie direkt oder nach Jahren im Ausland in die Erste wechselten.
Ein weiterer Aspekt der Farmteams: Spieler, die aus dem ICE-Rad fallen, konnten sich hier nochmals nach oben kämpfen, das galt etwa für Thomas Vallant, Marco Brucker oder Marcel Witting.
Die ÖEHV-Nachwuchsnationalteams profitieren natürlich von der ICE-Teilnahme der Teams in Salzburg, Klagenfurt oder Linz: 13 Cracks des letztjährigen U20-Nationalteams der WM in Budapest kamen aus dieser Liga und das war keineswegs eine Ausnahme.
Sportdirektor Roger Bader und Coach Philipp Pinter muss beim Gedanken, in Zukunft Spieler aus der U20-Liga rekrutieren zu müssen, schwummrig werden.
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
Die Kostenfrage
Natürlich hängt alles von der schnöden Marie ab, auch wenn die veranschlagte Summe von Linz-Präsident Peter Nader von einer Million für die nächste Saison in der Branche für Verwunderung sorgte.
600.000 Euro ist eher der Betrag, den man für ein Jahr veranschlagen muss, natürlich abhängig davon, wie viele Legionäre bzw. auswärtige Spieler und Coaches mit Wohnungen zu versorgen sind. Die Reisekosten mögen inflationsbedingt in den letzten Jahren angestiegen sein, sind allerdings vor der Saison relativ leicht zu veranschlagen. Zu verdienen gibt es in dieser Liga für keinen Nachwuchscrack nennenswerte Summen, die wurden eher in Zell/See oder Lustenau bezahlt.
Dass die oben angeführten Punkte die Kosten für Farmteams Jahr für Jahr in Frage stellen, liegt auf der Hand, eine derartige Ballung von Zweitteams war ohnehin ein österreichisches Phänomen. In Schweden oder Finnland sind Farmteams völlig unbekannt, der Übergang erfolgt meist nahtlos aus der U20-Liga.
In Tschechien (Pardubice), und in der Schweiz (ZSC, Ambri) kommt das vereinzelt vor, wobei sich der EV Zug (trotz Geld wie Krösus) diesen Luxus 2022 nach sechs Jahren auch nicht mehr leisten wollte. Slovan Bratislava zog diese Woche ihr Farmteam aus der 2. Slowakischen Liga zurück.
Die oberste Nachwuchsstufe in Österreich
Nach der Präsidiumswahl im Jahr 2020 hatten sich Präsident Klaus Hartmann und seine Mitstreiter die Heimholung der beiden obersten Nachwuchsligen (U20 und U18) vorgenommen und auch durchgesetzt. Der Plan, eine reine österreichische U20-Liga durchzuziehen, musste aber bald aufgegeben werden, schon in der letzten Saison kehrten die ungarischen Teams wieder zurück.
Die ICE braucht deswegen aber auch nicht mit Fingern auf Hartmann zu zeigen: Die Prämisse, dass ICE-Teams ein U20-Team stellen müssen, wurden schon zu Zeiten der Dornbirn Bulldogs aufgegeben.
Derzeit gilt: Jeder kann dort spielen, wo es ihm gerade beliebt, egal ob AlpsHL, U20, der ebenfalls internationalen U18-Liga oder der U17, der höchsten nur mit österreichischen Teams besetzte Liga.
Die Ligabezeichnungen sind aber auch seit Jahren irreführend: Spieler spielen oft zwei bis drei Jahre hinauf und das keineswegs wie im Ausland nur bei überragendem Talent. Dadurch wurde etwa die U20, wo Teams aus Bruck/Leitha, Ferlach oder St. Pölten als internationale Akademien antreten, völlig verwässert.
Das sollte jetzt wieder etwas besser werden, da notgedrungen Cracks kaum noch Plätze in der AlpsHL vorfinden, aber der Übergang in die ICE wird sicher nicht leichter werden.
Krass die Situation in Wien: Schon länger kein Farmteam mehr und neben den Pioneers das einzige ICE-Team, das nicht in der U20-Liga antritt. Die wenigen Nachwuchscracks mit etwas Niveau (keiner von ihnen allerdings ein Ausnahmetalent) wurden zum Kooperationspartner nach Zell/See geschickt.
Wer aus den Jahrgängen 05 und 04 übrigbleibt, kann in der dritten Liga beim WEV weiterspielen, womit sich die lose Hoffnung auf eine Profikarriere natürlich erübrigt hat.
Aber auch der KAC, der sich die Nachwuchsakademie samt Farmteam über die Jahre gutes (Horten)-Geld ließ, konnte mit dem nahtlosen Übergang vom Nachwuchs in die Alps und dann mit Verzögerung in die Erste nicht verhindern, dass Ausnahmetalente wie Marco Kasper, Gregor Biber oder der jetzt zurückgekehrte Thimo Nickl schon früh den Weg ins Ausland fanden.
Auch für die Kärntner galt dann das Gleiche wie für Wien oder Linz: Die maximal ein bis zwei brauchbaren Spielern pro Jahrgang mussten mit Masse und Legionären umgeben werden, was in Summe natürlich ins Geld ging.
Die AlpsHL war keine optimale, aber für Österreich doch brauchbare Lösung, die die Problematik im Nachwuchsbereich über Jahre übertünchen konnte. Ohne Geld ka Musi, jetzt stehen die ICE bzw. der ÖEHV mit genau neun U20-Teams da, davon eben drei mit vorwiegend ausländischen Cracks (U17: 8 Mannschaften).
Die Zukunft der AlpsHL
Nach dem heurigen Ausstieg von gleich vier Teams (neben dem KAC und Linz auch Lustenau und Fassa) zeigt sich die AlpsHL auf 13 Teams erschlankt, fünf weniger als zum Höchststand 19/20. Österreich ist nur mehr mit vier Teams (Red Bull, Zell/See, Kitzbühel, Bregenzerwald) vertreten, dazu kommen neben dem kroatischen Liganeuling Sisak noch Jesenice und Celje aus Slowenien sowie sechs italienische Teams.
Sollten die Anschluss einiger Teams aus der ICE (Asiago aufgrund ihrer Hallenprobleme) oder der Italian Hockey League bekommen, könnte die Alps Geschichte sein, auch wenn es derzeit (noch) nicht danach aussieht.
In einem solchen Fall würden dann wohl in Klagenfurt, Wien oder Linz wieder Teams aufpoppen, die die derzeitigen U20-Teams (so vorhanden) ersetzen würden. Der Ausstieg von Linz hat neben den sicher bemitleidenswerten Einzelschicksalen auf jeden Fall aufgezeigt, auf welchen dünnen Beinen das Nachwuchseishockey in Österreich steht...