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Samuelsson: "Salzburg kann große Überraschung schaffen"

Tommy Samuelsson ist bei Färjestad BK eine absolute Legende. Der ehemalige HCI- und Caps-Coach beleuchtet Salzburgs CHL-Gegner und die Chancen der "Bullen":

Samuelsson: Foto: © GEPA

Auf den EC Red Bull Salzburg wartet im Viertelfinale der Champions Hockey League die wahrscheinlich schwerstmögliche Aufgabe.

Wollen die "Eisbullen" zum ersten Mal seit 2019 in das Halbfinale des größten europäischen Klub-Bewerbs einziehen, muss Färjestad BK überwunden werden. Das Hinspiel findet am Dienstag (18 Uhr im LIVE-Ticker >>>) in Salzburg statt, das Rückspiel steigt zwei Wochen später in Karlstad (17. Dezember, 19 Uhr im LIVE-Ticker >>>).

Der schwedische Spitzenklub hat die Hauptrunde ohne Niederlage auf Platz eins beendet, dabei nur gegen den tschechischen Serienmeister HC Ocelari Trinec (3:2 nach Overtime) Punkte abgeben müssen. Die Stärke des Teams aus Karlstad bekamen im September sowohl der KAC (2:6) als auch Fehervar AV19 (1:3) deutlich zu spüren.

Das Achtelfinale hat Färjestad wiederum nur mit Mühe überstanden, der finnische Top-Verein Tappara Tampere wurde erst in der Verlängerung ausgeschalten.

Dies schmälert die Qualität des zehnfachen SHL-Titelträgers jedoch in keinster Weise. Der Rekordmeister zählt auch heuer wieder zu den größten Anwärtern auf den "Le-Mat-Pokalen", liegt in der Meisterschaft aktuell auf Rang zwei. Fünf Punkte fehlen auf Tabellenführer Brynäs IF.

Eine absolute Vereinslegende

Wer sich mit der Geschichte der 1956 gegründeten Eishockey-Abteilung des Vereins befasst, stößt auf einen Namen, der hierzulande noch vielen Menschen ein Begriff sein sollte: Tommy Samuelsson.

Der mittlerweile 64-jährige Schwede beendete seine illustre Spieler-Karriere 1998 beim WEV, kehrte 2004 als Head Coach des HC Innsbruck wieder nach Österreich zurück und trainierte außerdem zwischen 2011 und 2014 erfolgreich die Vienna Capitals.

Als der frühere Defender vor zehn Jahren seine Zelte in Wien abbrach, kehrte er als Trainer zum dritten und auch letzten Mal nach Karlstad zurück. In der sonnigsten Stadt Schwedens ist der ehemalige Spieler (1986) und Trainer (2009) des Jahres eine absolute Legende.

"Das war die wichtigste Meisterschaft für die gesamte Organisation, weil man danach verstanden hatte, was es braucht, um die Meisterschaft zu gewinnen."

Tommy Samuelsson über den ersten Meistertitel 1981

Zwischen 1976 und 1995 lief Samuelsson in den Farben von Färjestad BK auf, spielte während seiner gesamten Laufbahn für kein anderes Team in Schweden. In 689 Spielen prangte sein Name auf dem Jersey, heute hängt seine Rückennummer 2 unter dem Dach der Löfbergs Arena und wird nicht mehr vergeben.

Der Meistertitel ist der Anspruch

Der damalige Linksschütze war ein Teil jener Mannschaft, die 1981 die erste Meisterschaft überhaupt erobert hatte. "Das war die wichtigste Meisterschaft für die gesamte Organisation, weil man danach verstanden hatte, was es braucht, um die Meisterschaft zu gewinnen", erzählt Samuelsson im LAOLA1-Interview.

Bis zum heutigen Tage sollten neun weitere SHL-Titel folgen, fünf davon mit Samuelsson am Eis oder auf der Trainerbank.

Die Vereinslegende schwärmt: "Die Organisation ist in allen Bereichen - egal ob in der Logistik, dem Management, dem Publikum oder dem Team selbst - top ausgestattet." Er ergänzt: "Wir müssen auch über ihre finanzielle Stärke reden. Sie versuchen immer ein Team aufs Eis zu stellen, welches die Chance hat zu gewinnen - wie Salzburg."

Dies sei bereits zu seiner Zeit als Spieler der Fall gewesen. "Es war jedes Jahr das Ziel, Meister zu werden", spricht Samuelsson über die hohen Ansprüche, die im selben Atemzug die Grundlage für Färjestads erfolgreiche Klubgeschichte bilden würden.

Jedes neue Teammitglied, das an Bord geholt wird, "weiß, worum es geht. Jeder soll sich professionell verhalten. Darum ist man auch jedes Jahr eine Spitzenmannschaft", erläutert der Schwede. Hohe Ansprüche bedeuten gleichzeitig auch, dass schnell einmal Unruhe aufkommen kann, wenn es sportlich nicht gut läuft.

In Karlstad ticken die Uhren jedoch anders. "Das ist eine sehr stabile Organisation. Die Menschen, die dort arbeiten, können die unterschiedlichen Situationen - Erfolg und Misserfolg - korrekt analysieren", sagt Samuelsson, der als Trainer insgesamt zwölf Spielzeiten bei Färjestad gearbeitet hat und stets aus eigenem Willen gegangen ist.

Ein ehemaliger Pokerspieler beendete Färjestads Durststrecke

Mittlerweile ist Tomas Mitell am Steuerrad. Der Schwede - das komplette Trainer- und Staff-Team ist schwedisch besetzt - zähle zu einer neuen Generation an einheimischen Trainern, meint Samuelsson.

Persönlich kenne er den 44-Jährigen nicht, obwohl dieser aus seiner Heimatstadt Mariestad stamme. Neben seiner Karriere als Eishockey-Crack war Mitell ein professioneller Pokerspieler, gewann bei einem Event im Dezember 2011 über 90.000 US-Dollar.

Im Sommer 2014 hängte Mitell in Diensten von Västeras seine Schlittschuhe an den Nagel, übernahm in der Folgesaison volley den Posten als Assistant Coach und blieb bis 2016 beim aktuellen Klub von Ex-Salzburg-Spieler Konstantin Komarek.

Tomas Mitell im September 2022 im Gespräch mit Ex-VSV-Coach Rob Daum
Foto: © GEPA

Nach einem weiteren Assistenztrainer-Jahr bei Mora IK sammelte Mitell bei AIK von 2017 bis 2019 seine ersten Erfahrungen als Head Coach. Daraufhin ereilte ihn der Ruf aus Nordamerika, bei den Chicago Blackhawks arbeitete er unter dem Kanadier Jeremy Calliton neuerlich als Co-Trainer.

Im November 2021 wurde der gesamte Trainer-Staff gefeuert, Mitell übernahm im folgenden Februar in der finalen Phase des Grunddurchgangs bei Färjestad das Cheftrainer-Amt des späteren 99ers-Coaches Johan Pennerborn.

Der noch relativ unerfahrene Head Coach führte den Verein noch in die Playoffs und in weiterer Folge sogar zum ersten Meistertitel seit 2011.

"Einer der besten Kader in Europa"

Während beim skandinavischen Spielstil traditionell viel Wert auf eine stabile Defensive gelegt wird, ist dies bei Färjestad unter Mitell anders.

"Sie sind eine sehr gute Two-Way-Mannschaft, aber die Stärken liegen in der Offensive und diese probiert man zu nutzen", analysiert Samuelsson. Allgemein sei der Kader "sicher einer der besten in Europa", glaubt der 64-Jährige, der aktuell als Trainer des HockeyAllsvenskan-Klubs Nybro Vikings tätig ist.

Angeführt wird das Team von Kapitän Linus Johansson, das Klub-Urgestein ist allerdings der 38-jährige Per Aslund. Der Forward hat seine Skates bis auf ein Jahr bei den Kölner Haien ausschließlich für Färjestad geschnürt und ist auch im erhöhten Alter ein absoluter Leistungsträger.

In der tief besetzten Angriffsabteilung stechen der im Sommer aus Boston zurückgekehrte Oskar Steen (26) sowie der Tscheche David Tomasek (28) heraus. Beide halten in der SHL bei 16 Saisontreffern und führen die Torschützenliste ex aequo an, Steen ist auch in der CHL - gemeinsam mit Michael Lindqvist - der Topscorer des Teams.

Die Defensive ist ein wunder Punkt

Wenn ein wunder Punkt ausgemacht werden soll, dann ist dieser in der Defensive bzw. dem Torwartspiel zu finden. In der SHL hat Färjestad nach 23 Spielen die viertmeisten Gegentore aller Teams erhalten.

Sowohl der 19-jährige Damian Clara (2023 von den Anaheim Ducks gedraftet, in der Red Bull Hockey Akademie ausgebildet) als auch der 31-jährige Kanadier Maxime Lagace weisen eine Fangquote von 89 Prozent oder niedriger auf. In der CHL liegt Lagaces Save Percentage immerhin bei 92,3.

"Salzburg hat im Achtelfinale gegen Lahti sehr gut gespielt. Sie sind ein großartiger Verein, der sicher eine Chance hat, eine große Überraschung zu schaffen."

Tommy Samuelsson

Nichtsdestotrotz geht der Verein aus Karlstad natürlich als haushoher Favorit in das Viertelfinal-Duell mit Red Bull Salzburg. "Sie wollen dieses Jahr ins Finale, dafür haben sie auch die Mannschaft", betont Samuelsson, der sich das Hinspiel am Dienstagabend in seiner Heimat ansehen wird.

Aber: "Salzburg hat im Achtelfinale gegen Lahti sehr gut gespielt. Sie sind ein großartiger Verein, der sicher eine Chance hat, eine große Überraschung zu schaffen", traut der 64-Jährige seinem ehemaligen EBEL-Konkurrenten einiges zu.

Er weiß aus Erfahrung: "Es ist nicht so leicht, in Salzburg zu spielen."

Schockverliebt in Wien

An seine Zeit in Österreich denkt der Schwede indes gerne zurück.

"Ich erinnere mich jeden Tag an meine Zeit in Wien und Innsbruck. Meine Frau und ich sagen immer, dass Österreich unsere zweite Heimat ist. Wir hatten eine super Zeit und haben viele Freundschaften aufgebaut", erzählt der ehemalige Capitals- und HCI-Coach.

Das letzte Mal sei er mit seiner Familie "2018 oder 2019" in Wien gewesen. "Und wir reden jedes Jahr darüber, dass wir nach Wien fahren müssen. Daran erkennt man, was Wien für uns bedeutet."

Als Samuelsson 1995 zum ersten Mal in die Bundeshauptstadt übersiedelte, war dies für ihn undenkbar. "Ich habe gesagt, dass ich wegen des Verkehrs und den vielen Menschen keine zwei Wochen in dieser Stadt überlebe", lacht Samuelsson.

Und heute? "Wenn wir in einer anderen Stadt leben sollten, dann ist Wien unsere erste Wahl!"



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