Es wird ernst für den KAC, den EC Red Bull Salzburg und den HC Bozen.
Am 16. und 17. November finden in der Champions Hockey League die Achtelfinal-Hinspiele der ICE-Vertreter statt, die Rückspiele folgen eine Woche später am 23. und 24. November.
Die Auslosung hielt für den Meister und Vizemeister die Creme de la Creme des europäischen Eishockeys parat: Der KAC trifft auf Leksands IF aus Schweden, der HC Bozen auf den amtierenden finnischen Meister Rauman Lukko. Salzburg hat dagegen mit den Rouen Dragons aus Frankreich das vermeintlich leichteste Los erwischt.
LAOLA1-Scout Bernd Freimüller bringt seine Expertisen im Vorfeld der K.o.-Duelle ein und nimmt die Achtelfinal-Gegner unter die Lupe:
Leksands IF:
Mit Leksands ist das wohl populärste SHL-Team zu Gast in Klagenfurt. Wie immer ist eine schwedische Mannschaft gegen eine österreichische klarer Favorit, noch dazu, wo der KAC unter Verletzungsproblemen (Nick Petersen, Paul Postma und Kele Steffler out) leidet.
Der viermalige schwedische Meister spielt bisher eine gute Saison, liegt derzeit auf dem dritten Platz. Keineswegs eine Selbstverständlichkeit: Von 2004 bis 2013 fristete das Team aus dem 6.000-Einwohner-Dorf (dagegen ist das auch überschaubare Klagenfurt eine pulsierende Metropole) ein Allsvenskan-Dasein, auch danach reichte es nur zum Fahrstuhl zwischen den beiden obersten Spielklassen.
Im jetzt aber dritten SHL-Jahr en suite schaut man erstmals wieder nach oben. GM Thomas Johansson und Coach Björn Hellkvist durften sich daher über Vertragsverlängerungen bis 2025 freuen.
Das Team verfügt gleich über neun Legionäre, davon sechs aus Übersee. Altbekannt aus Zeiten bei den Graz99ers: Defender Matt Caito, der sich weiterhin mit seinen eisläuferischen und Puckträger-Fähigkeiten auszeichnet. Carter Camper (bereits in seiner zweiten Saison) ist ein altgedienter AHL-Haudegen, bildet die Toplinie neben Max Veronneau (aus Oskarshamn gekommen) und dem Finnen Mikael Ruohomaa.
Ruohomaa beeindruckte mich bei meinem letzten Viewing immens – ein kompletter Offensivspieler mit einem harten Schuss, vor allem im PP gefährlich. Ex-Maple-Leaf Carter Ashton ist ein ebenfalls bekannter Name, kam nach fünf KHL-Saisonen im Sommer 2020 nach Leksands – er ist ein Front-of-Net-Player mit großer Reichweite, aber nicht unbedingt Top Speed und sucht heuer noch seine Form der Vorsaison.
Mit einer überraschend starken Saison bisher, die ihn bis ins schwedische Nationalteam führte: Defender Calle Själin. Ebenfalls ein sicherer Wert: Goalie Kasimir Kaskisuo. In Klagenfurt könnte aber Alex Brage im Tor stehen, der auffallend viel Shuffling-Elemente in seinem Repertoire hat.
Durchaus möglich, dass die Schweden einige Stammspieler zuhause lassen, in der Defensive fallen ohnehin August Berg und Johan Fransson, dessen Karriere sich mit 36 Jahren schon dem Ende zuneigt, längerfristig aus. Durchaus möglich also, dass Defender Lian Bichsel mit von der Partie ist. Ich habe Leksands und den Schweizer im Sommer in Bratislava spielen gesehen, wo er mir wesentlich besser gefiel als beim Hlinka-Gretzky-Turnier.
Draft-Fans können sich die Frage stellen: Wen würden sie früher draften – den hünenhaften Schweizer Defender oder Marco Kasper? Beide sind 2004er, spielen in der SHL und könnten sich – eine allerdings sehr frühe Aussage – Mitte bis Ende der ersten Runde einfinden. Bei Kasper könnte es nach den letzten Leistungen im Laufe der Saison allerdings noch weiter nach oben gehen…
Rauman Lukko
Der Überraschungsmeister der Vorsaison – erst der zweite finnische Titel seit 1963 – wird für den heuer ohnehin wechselhaften HC Bozen ein harter Brocken, auch wenn das Team von Marko Virtanen (Meistercoach Pekka Virta veränderte sich im Sommer zu SaiPa) derzeit nur auf dem elften Platz der Liiga steht.
Das Team veränderte sich im Sommer aber krass: Mit PP-Experte Robin Press (als Defender mit 17 Toren!) und Lukas Klok gingen zwei Defender in die KHL, auch Stürmer Daniel Audette darf sich in Podolsk über ein wesentlich höheres Gehalt freuen. Angreifer Eetu Koivistonen übersiedelte in die Hauptstadt zu HIFK, Aleksi Saarela in die Schweiz – von den fünf Top-Pointgettern blieb nur der Slowake Pavol Skalicky über, ein großgewachsener Stürmer, den ich noch aus seiner Zeit bei Slovan Bratislava kenne. Sein Landsmann Kristian Pospisil – bereits in seiner dritten Saison bei Lukko – spielte übrigens drei Saisonen in der Red Bull-Academy.
Audette, zuvor Justin Danforth und Brandon DeFazio (jetzt Ingolstadt) – Lukko hatte in den letzten Jahren immer ausgezeichnete nordamerikanische Legionäre als Offensivleader, der im Sommer gekommene Scott Pooley reicht nicht an diese heran. Mit Matthew Abt (ein relativ unbeweglicher Defensiv-Defender) und Thomas Gregoire (zweite Saison) stehen zwei weitere Nordamerikaner in der Defensive, zu der vor kurzem auch der Tscheche Ondrej Slovacek dazustieß.
Einheimische Spitzenleute: Goalie Lassi Lethinen, mit 22 ein Schlüsselspieler beim letztjährigen Triumph, für NHL-Verhältnisse vielleicht etwas zu zart, und der 24-jährige Defender Vili Saarijärvi, dessen NHL-Rechte bei Arizona liegen. Stürmer Arttu Ilomäki kehrte nach zwei Jahren in Schweden zu Lukko zurück.
Dem HCB ist nur zu wünschen, dass das Rückspiel in Finnland noch Bedeutung hat: Freiwillig fährt nämlich keiner ins dauergraue Rauma. Ich habe mich früher auf Scouting-Trips dorthin – von Helsinki auch umständlich zu erreichen – so wie auf Zahnarztbesuche gefreut…
Rouen Dragons
Rouen profitierte in der Gruppenphase (parallel zu allen ICE-Teams) von der Zusammenlegung der Olympia-Qualifikations-Nationen – in der Gruppe mit dem KAC mussten sie lediglich die internationalen Leichtgewichte von Donbass Donezk und Rungsted hinter sich lassen. Konsequenz davon: Red Bull Salzburg bekam damit den sicher schlagbarsten Achtelfinalgegner zugelost.
Die Dragons liegen derzeit an dritter (bzw. zweiter nach Verlustpunkten) Stelle der Ligue Magnus, die Namen in ihrem Lineup sind altbekannt. Defender Mark Flood hat auch schon für die Roten Bullen (neben den Vienna Capitals) gespielt, Sacha Guimond (Innsbruck, Bratislava Capitals), Kelsey Tessier (Vienna Capitals), Marc-Andre Dorion (Linz, Vienna Capitals), David Gilbert (Fehervar) – alles Ex-ICE- bzw. EBEL-Legionäre, die sich über durchaus gute Paychecks in Frankreich freuen dürfen.
Als weitere Legionäre kommen noch der altgediente slowenische Goalie Mitja Pintaric, Defender Dylan Yeo (mehrere Jahre in der DEL), der lettische Forward Roland Vigners sowie Topscorer Andrew Johnston dazu. Neben diesen 10 Imports stehen noch französische Teamspieler wie Defender Florian Chakiachvili (zuletzt mit einem gebrochenen Finger out) und die Stürmer Anthony Guttig und Loic Lamperier im Team von Headcoach Fabrice Lhenry (46), einem langjährigen französischen Teamtorhüter.
An Routine fehlt es dem französischen Vorjahresmeister sicher nicht, elf Spieler sind 30 Jahre oder älter. Vor allem in der Defensive stehen mit Flood (37) und Yeo (35) zwei Routiniers. Salzburg kennte die enge Halle aus Rouen schon von früher, wie damals sollte für sie der bessere Speed den Ausschlag geben.