Es wird langsam zur Tradition: Während draußen noch hohe Temperaturen herrschen, geht es Ende August auch in den Eishallen dieses Kontinents wieder heiß her: Die Champions Hockey League beginnt! Und wirft ein österreichisches Trio noch vor EBEL-Start in den Ernst der Pflichtspiele.
In der LAOLA1-Analyse beschäftigt sich Experte Bernd Freimüller wieder mit den Teams, die sich den heimischen Vertretern in den Weg stellen. Nach dem KAC (HIER nachlesen>>>) und den Graz99ers (HIER nachlesen>>>) wird die Analyse mit den spusu Vienna Capitals abgeschlossen.
Die Wiener sind zwar Stammgast in der CHL, warten aber noch auf den ersten Aufstieg aus einer Gruppenphase. 2019 wird die Aufgabe schwer, denn neben den Schweden von Djurgardens IF wartet mit den Adlern Mannheim ein DEL-Team, das es richtig, richtig ernst mit dem Titel meint.
Vienna Capitals
Gruppe F: Adler Mannheim (GER), Djurgardens IF Stockholm (SWE), GKS Tychy (POL)
Sollten die Vienna Capitals im Oktober noch in Schlagdistanz sein, könnten gegen den polnischen Meister GKS Tychy die nötigen Punkte leichter (aber nicht leicht) eingefahren werden. Das würde aber nur nach guten Ergebnissen gegen die bockstarken Teams aus Mannheim und Djurgarden Stockholm zum Thema werden.
Adler Mannheim
Die Adler Mannheim verbrannten über die Jahre Gelder, die zum Erhalt so manchen Kleinstaates geführt hätten. Doch mit der Übernahme des neuen Sportdirektors Jan-Axel Alavaara (Ex-Linz-Defender) und Coach Pavel Gross (mit Ex-KAC-Coach und Über-Charmeur Mike Pellegrims an seiner Seite) wurde alles anders. Die Adler dominierten die DEL von Beginn weg und setzten sich dann im Finale auch gegen den Vorjahres-Meister Red Bull München durch. Mannheim verfügt dank Sponsor SAP über fast unbegrenzte Mittel, können daher auch bestehende Verträge (etwa bei Nationalstürmer Marcus Kink) ohne Probleme ausbezahlen. Ein DEL-Manager über die Transfertätigkeiten der Adler im Sommer: "Offenbar wollen sie nicht nur Meister werden, sondern auch ungeschlagen durch die Saison kommen."
Bestes Beispiel dafür: Zu National-Torhüter Dennis Endras kam mit Johan Gustafsson keineswegs ein typischer Backup, sondern der Goalie des CHL- und SHL-Champions Frölunda. Gustafsson ist auch ein Beispiel dafür, dass die Adler durch Alavaara im Gegensatz zu früher stark in Skandinavien vertreten sind. Zum spielstarken Defender Joonas Lehtivuori und Störstürmer Tomi Huhtala kam heuer deren finnischer Landsmann Jan-Mikael Järvinen, ein spielstarker Center von Tappara Tampere.
Tiefer als die Adler kann ein DEL-Kader kaum besetzt sein. Selbst wenn man Übertalent Moritz Seider wegrechnet (könnte den Sprung in die NHL zu Detroit schaffen), würden noch acht vollwertige Defender überbleiben. Die spielstarken Mark Katic und Chad Billins werden durch die körperlich stärkeren Soldaten Thomas Larkin, Björn Krupp (aus Wolfsburg gekommen) und Denis Reul ergänzt, Cody Lampl und Sinan Akdag liegen irgendwo dazwischen. Viel Platz zum agieren lassen sie den Stürmern allesamt nicht.
Auch vorne sind Qualität und Quantität beachtlich. Matthias Plachta kam schon während der letzten Saison aus Nordamerika, mit Andrew Desjardins und Ben Smith stehen zwei jahrelange Top-AHLer im Kader. Die Verpflichtung des Kroaten Borna Rendulic überraschte nur die, die ihn nie gesehen haben, er überzeugte durch Reichweite und Kraft auch in der KHL. Dazu kommen noch Spieler wie David Wolf (körperlich stark), National-Stürmer Markus Eisenschmid (nach einer WM-Schulterverletzung aber noch out), Brent Raedeke, Phil Hungerecker und Nico Krämmer sowie Altstar Marcel Goc, der aber seit Jahren mit Verletzungen zu kämpfen hat. Wo bleibt da Jungstar Tim Stützle, der in NHL-Scouting-Kreisen gut angeschrieben ist? Er muss darauf hoffen, dass für ihn wie für Seider in der letzten Saison Platz bleibt, eisläuferisch sollte er auf jeden Fall mithalten können.
Djurgardens IF Stockholm
Vorjahres-SHL-Finalist Djurgarden Stockholm hatte im Sommer einen ziemlich großen Umbruch zu überstehen. Gleich drei Cracks (Olle Alsing, Emil Bemström, Jakob Lilja) gingen als Draftpicks oder Free Agents nach Übersee; Erstrundenpick Tobias Björnfot unterschrieb zwar seinen Entry-Level-Vertrag bei den L.A. Kings, wird die Saison aber in Stockholm bestreiten. Goalie Adam Reideborn und Stürmer Daniel Brodin fanden in Kazan und Fribourg ihr Rubel- bzw. Franken-Glück. Beim hünenhaften Defender Alexander Urbom und Stürmer Dick Axelsson (eine Rarität: ein schwer zu handelnder Schwede) ging die Trennung eher vom Verein aus.
Ein großer Umbau ist für Coach Robert Ohlsson, der in seine vierte Saison bei Djurgarden geht, also angesagt. Goalie Niklas Svedberg wird sich mit Robin Jensen wohl um die Nummer 1 duellieren, allerdings tat sich Svedberg in den letzten Jahren ziemlich schwer. Das Engagement von Defender Jason Garrison war ungewöhnlich: Er kam während der letzten Saison direkt aus der NHL (Edmonton), konnte sich in Stockholm offensiv mehr einbringen als in Übersee. Linus Hultström und der aus der AHL zurückgekehrte Marcus Högström sollten aber im Powerplay an der blauen Linie gesetzt sein.
Im Angriff verlor Djurgarden mit Lilja, Benström und Brodin die drei besten Scorer. NHL-Heimkehrer Jacob Josefson war letzte Saison eine dominierende Erscheinung, wurde allerdings immer wieder (auch bei meinem einzigen Viewing in Örebro) durch Verletzungen gestoppt. Bei Patrik Berglund hofft man auf einen ähnlichen Impakt, der Center verdünnisierte sich im letzten Dezember quasi über Nacht aus Buffalo und ließ so einen Vier-Jahres-Vertrag und über zwölf Millionen Dollar liegen. Sein Einsatz am Wochenende ist aber aufgrund eines Sommers mit Verletzungen und Krankheiten fraglich. Ebenfalls über NHL-Erfahrung verfügen der aus Örebro gekommene Tom Wandell (der Center ist aber mittlerweile ein reiner Rollenspieler) und Niclas Bergfors. Einziger Legionär im Kader neben Garrison ist der neuverpflichtete norwegische Flügel Michael Haga, bei der WM auch gegen Österreich mit dabei.
Für Leute interessant, die auf eventuelle NHL-Draft-Picks schauen: Stürmer Alexander Holtz gilt als Sniper und möglichen Top-Ten-Kandidat für den kommenden Draft. Für mich wäre es schön, ihn in Wien zu sehen und ihn mit den Spielern beim Hlinka-Turnier bzw. Anton Lundell beim Red Bull Salute zu vergleichen.