Der HC Bozen bestritt die Vorbereitung im steten Wechsel, die späten Zuzüge von Sportdirektor Dieter Knoll trafen zizerlweise ein oder sind – wie im Falle von Defender Josh Teves – noch gar nicht spielberechtigt.
Das bedeutet Improvisation für den neuen Coach Niklas Sundblad, Vorgänger Glen Hanlon musste aus familiären Gründen das Handtuch werfen.
Einige Stützen aus der Vorjahressaison, die fast im Meistertitel geendet hätte, wanderten ab (Goalie Sam Harvey, die Hults-Brüder, PP-Defender Ryan Culkin, Mike Dalhuisen), die Neuverpflichtungen weisen entweder sehr viel Routine auf (Goalie Niklas Svedberg, Defender Blake Parlett, der vom KAC gekommene Lucas Lessio) oder sind Bozen-typische Experimente (Center Connor Ford).
Die CHL könnte allerdings für die Südtiroler zu früh kommen, selbst bei gleichem Trainingsaufbau wären vier der sechs Gegner übermächtig. Noch dazu spielen die Südtiroler von den ersten vier Spielen drei auswärts, die beiden Heimspiele im Oktober gegen die Lahti Pelicans und Stavanger Oilvers könnten dann schon ohne Bedeutung sein.
Ihr Auftaktspiel bestreiten die Bozner am Donnerstag bei Adler Mannheim (19:30 Uhr im LIVE-Ticker), danach wartet ein Heimduell mit Ilves Tampere (Samstag, 19:45 Uhr im LIVE-Ticker). Am 7. September geht es nach Genf (19:45 Uhr im LIVE-Ticker) und zwei Tage später zu den Belfast Giants (20 Uhr im LIVE-Ticker).
LAOLA1-Experte Bernd Freimüller nimmt die ersten vier Kontrahenten des ICE-Vizemeisters unter die Lupe.
Adler Mannheim
Die etwas rätselhafte Bestellung von Bill Stewart als abermaligen DEL-Headcoach endete ohne Erfolg, Johan Lundskog heißt der neue Mann hinter der Bande – einer von mehreren Coaches, die sich in den letzten Jahren in Bern versuchten und scheiterten.
Sein Team spielt für deutsche Verhältnisse natürlich wieder einmal alle Stückerl, auch wenn der gerade erst verpflichtete Defender Leon Gawanke zugunsten einer NHL-Chance in San Jose wieder von der Fahne ging. Der letzte Meistertitel (und die letzte Finalteilnahme) liegt vier Jahre zurück, zuletzt reichte es für die Adler bestenfalls zu Semifinalteilnahmen.
Interessante Namen:
G Arno Tiefensee: Die Dallas Stars zogen ihn im letzten Draft, danach wäre er ein Free Agent gewesen. Kann sich Tiefensee heuer gegen den eigentlichen Einser Felix Brückmann durchsetzen oder ist wieder Arbeitsteilung angesagt?
D Jyrki Jokipakka: Einer von vier neuen Legionärs-Defendern neben John Gilmour, Jordan Murray und Max Gildon. Von Ilves Tampere gekommen, sollte der 150-fache NHL-Spieler an beiden Seiten des Eises seinen Mann stehen können.
W Tom Kühnhackl: Der zweifache Stanley-Cup-Sieger mit Pittsburgh kehrt nach 14 Jahren nach Deutschland zurück. Zuletzt spielte der starke Zwei-Weg-Winger bei Skelleftea, wo es natürlich auch gutes Geld abzukassieren gibt. Es wird interessant sein zu sehen, wieviel Offensive Kühnhackl in der DEL bereitstellen kann.
W/C Kris Bennett: Eine interessante Karriere – nach Jahren im kanadischen College folgte ein starkes Jahr in der ECHL, Lugano holte ihn für das Farmteam Ticino Rockets, doch er überzeugte auch in der NL. Mannheim könnte sich natürlich Legionäre mit einer größeren Vita leisten, doch Bennetts Skills und sein guter Motor sollten ihn auch in der DEL zu einem auffälligen Forward machen.
Ilves Tampere
Nach finanziell schweren Jahren gehört Ilves wieder zu den besten Liiga-Teams, auch wenn sie nicht ganz mit dem Lokalrivalen Tappara mithalten können.
Gegenüber der letzten Saison änderte sich das Gesicht des Teams sehr, Zu- und Abgänge lagen im zweistelligen Bereich. Topscorer Petri Kontiola zog mit 39 einen Schlussstrich unter seine Karriere. In puncto Legionäre legt man sich keinerlei Selbstbeschränkung auf (die Liiga kennt keine Obergrenze) - gleich neun stehen im Kader.
Interessante Namen:
D Les Lancaster: Einer der besten Offensivverteidiger der Liiga, geht bereits in seine dritte Saison bei Ilves. Zuvor nur im College und der ECHL tätig. Zwar schon 28, könnte sich aber noch in eine bessere Liga verändern.
G Jakub Malek: Ilves wartet mit einem interessanten Goalie-Trio auf: Mit Malek und dem aus Übersee gekommenen Patrik Hamrla stehen zwei Tschechen im Aufgebot, dazu kommt mit dem 31-jährigen Jonas Gunnarsson ein älterer Schwede. Malek – wie Hamrla auf der Reserve List eines NHL-Teams (New Jersey Devils) – sollte nach einer guten Vorsaison die Nase vorn haben.
C/W Jeremy Gregoire: Aus Wien gekommen, dort als Netfront-Player und Mann fürs Grobe sehr effektiv. Kann er aber das Tempo in Finnland mitgehen?
C Petr Kodydek: Aus Pilsen gekommen, der kleinwüchsige Center war immer ein auffälliger Mann in der Extraliga. Kann auch gegen körperlich stärkere Spieler Offensive kreieren.
Servette Genf
Grunddurchgangsieger und dann Meister – endlich klappte es mit einem Titel für ein Team aus dem französisch-sprachigen Teil der Schweiz. Geld spielt dort (wie bei fast allen NL-Organisationen) keine Rolle, interessant aber, dass das internationale Coaching-Trio nicht prominent besetzt war.
Headcoach Jan Cadieux nimmt in Genf seine erste NL-Chefrolle ein, seine Assistenten Rikard Franzen (Schweden) und Yorick Treille (Frankreich) waren auch immer nur Zuarbeiter. Sport Manager Marc Gautschi ließ sich auch nicht zu einem "Montreal-Denken" hinreißen - auch nicht französisch-sprachige Spieler sind ihm willkommen.
Interessante Namen:
G Robert Mayer: Ein sehr unorthodox agierender Goalie, stand vor allem durch sein risikoreiches Spiel mit der Scheibe oft in der Kritik. War aber in den Playoffs voll da und konnte mit 33 Jahren seinen zweiten Titel (nach der ECHL!) einfahren.
D Sami Vatanen: Welche Legionärs-Kaliber sich Genf leisten kann, sieht man am finnischen Offensiv-Defender: Über 500 NHL-Spiele, vor allem in Anaheim ein ganz starker Mann trotz kleiner Größe. Bozen holte Teves, Genf hat Vatanen – mehr braucht man über die Unterschiede zwischen diesen Teams nicht zu wissen.
C Valtteri Filppula: Bereits 39, aber immer noch ein wichtiger Faktor und Punkt-pro-Spiel-Scorer für Servette. Über 1.200 NHL-Spiele und sein Motor läuft immer noch im hohen Drehbereich.
C Teemu Hartikainen: Konnte sich in der NHL nicht festsetzen, das 100-kg-Bröckerl ist aber in Europa aufgrund seiner physischen Vorteile ein wichtiger Faktor im Nahkampf um das Tor herum.
Belfast Giants
Die Giants – seit Jahren schon ein konstantes Spitzenteam in der britischen Liga – schafften in der Vorsaison den seltenen Coup der Triple Crown: Sieger der Regular Season (und damit Meister und CHL-Teilnehmer), Sieger der Playoffs und Gewinner des Challenge Cups.
Wie nach jeder gelungenen Saison muss Langzeit-Manager Steve Thornton aber einige Abgänge hinnehmen – Defender Will Cullen (Olimpija Ljubljana) und Forward Steve Owre (Pioneers Vorarlberg) sind nächstes Jahr in der win2day ICE Hockey League zu sehen.
Interessante Namen:
G Tyler Bereskorowany: In Villach vor Jahren nach einem (!) Spiel aussortiert, in Belfast immer gerne gesehen. Familiäre Veränderungen brachten ihm die Freude am Eishockey zurück, seine Größe alleine garantiert den Giants stabiles Goaltending.
D Josh Roach: In Linz vor Jahren mit einer sehr guten Saison, danach warf ihn eine Rückenverletzung zurück. Wird auch heuer die Saison erst verspätet beginnen können, aber er verspricht auch mit weniger als hundert Prozent noch stabile Leistungen.
F Greg Printz: Wurde vor Wochen in Europa angeboten, fand aber trotz dreier AHL-Saisonen keine Top-Interessenten. Der 25-jährige könnte jedoch sich aus Belfast in eine bessere Liga spielen. Wenig Finesse in seinem Spiel, aber viel Muskelkraft ums Tor herum.
W Kohei Sato: Japaner sind in Europa Eishockey-Exoten, in der EIHL noch viel mehr. Der 26-jährige Winger spielte aber lange im US-Nachwuchseishockey inklusive College, erst in der letzten Saison in der finnischen Zweitklassigkeit.