Oliver David kann ein Mann vieler Worte sein. Sehr vieler Worte.
Seine Ausführungen können gut und gerne einmal in einen Monolog ausarten, der über mehrere Minuten geht. Trotzdem schafft es der Mann aus Kalifornien, die Menschen um sich in seinen Bann zu ziehen. Man kann nicht anders, als seinen Worten zu lauschen.
Die Antworten des 46-Jährigen wirken keineswegs überheblich, vielmehr reflektiert und detailliert. Er spricht so, als würde er seit Jahrzehnten in diesem Business sein und bereits alles Erdenkliche erlebt haben.
Ein Neuanfang mit großen Fußstapfen
Doch weit gefehlt. Der US-Amerikaner war bei seinem Amtsantritt im Sommer 2023 noch grün hinter den Ohren. In manch einer Situation ist er das vielleicht heute noch. Der EC Red Bull Salzburg ist immerhin seine erste Profi-Station als Head Coach.
Und die Fußstapfen, die sein Vorgänger Matt McIlvane hinterlassen hatte, waren alles andere als klein.
Sein Landsmann baute in den Jahren zuvor eine Meistermannschaft auf, gab ihr eine Identität. Er integrierte eine "winning culture", die in zwei aufeinanderfolgenden Meisterschaften mündete.
"Das war das Härteste, was ich je gemacht habe"
David sollte diese Serie fortsetzen.
Jedoch traute ihm niemand zu, McIlvanes "Legacy" fortzuführen. Einige sahen ihn nach der ersten Krise bereits mit gepackten Koffern am Salzburger Flughafen stehen.
"Zu so einem hyper-erfolgreichen Team zu kommen war das Härteste, was ich je gemacht habe", sagte der Coach in einem Interview mit dem "Red Bulletin".
Der Meistertitel war die erste Feuerprobe
Aber: Der Coach bestand die Feuerprobe. Er führte die Red Bulls zum dritten Meistertitel am Stück.
Wie seine Mannschaft in Final-Spiel 7 in Klagenfurt performte, den KAC von Anfang bis Ende dominierte, war äußerst beeindruckend. Bereits nach der dritten Puckberührung wusste er, "dass wir das Ding gewinnen werden. Alles fühlte sich richtig an", meinte David.
Es war ein Beweis dafür, dass er sehr wohl das nötige Werkzeug besitzt und weiß, dieses richtig zu nutzen.
Weniger ist mehr
Dann sind auch gar nicht so viele Worte notwendig.
Er behauptet selbst, dass sein Job erledigt sei, wenn das Team keine Inputs mehr benötige. In Spiel 7 hätte er "vielleicht sechs Worte" gesagt. Die Mannschaft coachte sich selbst, der Trainer wurde zum Beobachter - und Genießer.
Ähnlich ging es ihm im CHL-Achtelfinal-Rückspiel vor zwei Wochen gegen die Lahti Pelicans. Seine Truppe überrollte den Finalisten der letzten beiden Liiga-Jahre.
Jedes Spiel ist ein Finale
David gab danach zu verstehen, dass er sich auf der Bank nicht als Fan outen dürfe. Er muss während des Spiels die Ruhe bewahren, dürfe keine Anzeichen von Emotionen jeglicher Art zulassen. Das gehöre zu seinem Dasein als professioneller Trainer.
"Sein Beharren auf Details, auch nach einem Sieg, mag hart wirken, ist aber genau das, was Spitzenmannschaften ausmacht. Und Spitzentrainer ebenfalls."
Dazu zähle außerdem, die Ziele stets vor Augen zu haben, dafür benötige es das richtige Mindset. Seine Herangehensweise: Jedes Spiel wird wie ein Finale angesehen, jeder Gegner muss gleich behandelt werden. Egal ob Färjestad BK oder HC Innsbruck.
"Sonst fängt man unterbewusst an, anders zu denken und die verschiedenen Gegner anders zu behandeln", erklärt der Kalifornier.
Die Essenz des Erfolgs
Die Spieler würden sich wünschen, dass ihm während des Spiels oder bei einer Ansprache einmal ein Lächeln auskomme, gestand David. Doch dafür bliebe genug Zeit, wenn Trophäen gen Himmel gestreckt werden, betonte er im selben Atemzug.
Diese Mentalität hält das Team fokussiert und vermeidet, dass Triumph zur Falle wird. Sein Beharren auf Details, auch nach einem Sieg, mag hart wirken, ist aber genau das, was Spitzenmannschaften ausmacht. Und Spitzentrainer ebenfalls.
Den Salzburg-Coach als solchen zu bezeichnen, mag noch etwas verfrüht sein. Doch er versteht sein Handwerk. Die Balance zwischen Stolz und Wachsamkeit kann die Roten Bullen zu neuen Höhenflügen verleiten.
In diesem Fall nicht ausschließlich zur nächsten Meisterschaft in der win2day ICE Hockey League, sondern im nächsten Schritt ins Halbfinale der Champions Hockey League.
Vom Zweifel zur Bestätigung
Danach eine gewisse Genugtuung zu verspüren, wäre legitim. Doch der Coach tickt nicht so.
Es wäre dennoch eine weitere Bestätigung, dass Salzburg mit David nicht nur ein weiterer Glücksgriff gelungen ist, sondern die anfänglichen Zweifel am ehemaligen Assistant Coach beim EHC Biel unberechtigt waren.
"Er hat die Möglichkeit, sich in Salzburg ein Vermächtnis zu schaffen und gleichzeitig seine eigene Karriere voranzutreiben."
Denn der 46-Jährige hat Salzburg weiterentwickelt. Seine Kreativität hat Salzburger variabler, unberechenbarer gemacht. Ohne die alten, erfolgreichen Tugenden - eine klare Struktur, unermüdlicher Forecheck und Power-Eishockey vom ersten Faceoff weg - zu verlieren.
Ein Architekt mit Visionen
Daran verzweifeln nicht nur Bozen, Fehervar oder Klagenfurt. Daran beißen sich mittlerweile auch Växjö, Zürich, Lahti oder Färjestad die Zähne aus.
Hätte der Kalifornier das Werk von Matt McIlvane nur fortgeführt - wer weiß, ob Salzburg international derart für Furore sorgen würde.
Doch Oliver David hat es geschafft, den Red Bulls seine eigene Note zu verleihen. Er hat die Möglichkeit, sich in Salzburg ein Vermächtnis zu schaffen und gleichzeitig seine eigene Karriere voranzutreiben.
Wie sagt man so schön: "The sky is the limit." Das trifft auf den EC Red Bull Salzburg UND Oliver David zu.