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Analyse: Das kann sich die ICE von der DEL abschauen

Zumindest in einem Punkt kann die heimische Eishockey-Liga mit dem deutschen Pendant mithalten. Bernd Freimüller hat die DEL besucht:

Analyse: Das kann sich die ICE von der DEL abschauen Foto: © getty

Zwei Reisen nach Deutschland, insgesamt sieben Spiele - das ergibt einen guten Überblick über die DEL, die der win2day ICE Hockey League in vielen Punkten weiter (turmhoch) überlegen ist.

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller mit einigen Auffälligkeiten über eine boomende Liga:

Zuschauerzahlen

Die DEL hat sich nicht nur von Corona erholt, sie boomt - erstmals ein Schnitt von über 7.000 Zuschauern - europäische Spitze! Bei meinem letzten einwöchigen Trip war Ingolstadt gut besucht, wenn auch nicht ausverkauft, im Gegensatz zu den Spielen in Schwenningen (2x), Augsburg und Nürnberg, wo kein Platz frei blieb.

Die Gründe dafür sind vielseitig - Corona ist schon lange kein Thema mehr (ich habe keine einzige Maske in den Hallen gesehen), die Fans hatten offenbar einen Nachholbedarf bei Live-Besuchen. Dazu kommen immens enge Tabellenstände, es ging bis zur vorletzten Runde um alles oder nichts. Auch wenn die in der Vorsaison wieder eingeführte Auf-/Abstiegsregelung natürlich Kollateralschäden mit sich bringt - die Stadien füllt sie allemal.

Dazu kommen sicher auch die Erfolge der Nationalmannschaft in den letzten Jahren - im Gegensatz zu Österreich, wo das oft als einziges Problem ausgemacht wird, verhindern neun Legionäre pro Team (plus/minus 1 die gleiche Zahl wie in der ICE und der Schweizer NL) keineswegs internationale Erfolge.

Professionalität und Geld

Wenn ich DEL-Sportmanagern vor dem Spiel Besuche in ihren Büros abstatte, gehört eines zur Grundausstattung: Eine Wand ist mit den Stecktafeln der restlichen DEL-Teams zugekleistert. Fein säuberlich nach Deutschen und Legionären aufgeteilt, oft auch mit Vertragsdauern - das ergibt einen schönen Überblick auf eventuelle ligainterne Verstärkungen.

Transfers werden oft schon früh in der Saison festgezurrt - vielleicht nicht ganz so früh wie in der Schweiz, aber sicher früher als in der ICE. Die Denkweise einiger ICE-Teams - "während der Saison wird nicht verhandelt" - wäre hier völlig undenkbar.

Aber auch andere Punkte werden professioneller ausgeführt - die Durchsagen der Stadionsprecher zu Schiedsrichterentscheidungen etwa sind zwar nicht immer perfekt, aber immer noch besser als die oftmalige Verschwiegenheit in der ICE, wo einige Refs (nicht alle) das Publikum gerne im Unklaren lassen.

Jetzt wurden auch Schiri-Mikrofone eingeführt - zwei Jahre nach unserer Liga, dafür dürfte (zumindest wenn ich das Spiel in Augsburg hernehme) die Tonqualität auch sofort passen. Deutsche Gründlichkeit statt österreichischem "Fünfe gerade sein lassen" eben.

Allerdings sind natürlich auch die Grundvoraussetzungen verschieden: Die Gelder von Ligasponsor "Penny" (bis 27/28 verlängert) und dem TV-Vertrag mit Telekom (bis 2028, 600.000 Euro pro Team in der Saison) ergeben schon eine schöne finanzielle Grundlage.

In Österreich dagegen bedeutete der Abschied der "Erste Bank" einen großen Einschnitt. Die eingehenden Gelder der Äquivalente "Win2day" und "Puls24" sanken im Vergleich rapide, decken gerade die Liga-Administration ab.

Über München (Red Bull) und Mannheim (SAP) brauchen wir ohnehin nicht zu diskutieren, aber selbst Teams aus Kleinstädten verfügen über solide Mittel: Straubing und Schwenningen (heuer mit der besten Saison seit Jahrzehnten) werden von einer breiten Basis an Gesellschaftern und Kleinsponsoren finanziert.

Das sportliche Niveau

Zugegeben, live gegen TV bzw. Streaming, ist nie ein fairer Vergleich. Aber als ich in der letzten Woche ein Spiel in Schwenningen sah, und danach im Hotel Innsbruck gegen die Pioneers, wirkte das wie Männer und Jugendliche auf mich.

Die DEL ist einfach größer, schwerer, enger - sich etwa gegen ein Team wie die Fischtown Pinguins auch nur kleine Freiräume zu verschaffen, ist eine Heidenarbeit. Das muss nicht unbedingt attraktiver sein, als das oft weit offenere ICE-Hockey, aber natürlich international weit erfolgversprechender.

Bezeichnend das Schicksal von Augsburg: Mir kam das Team schon auf den ersten Blick sehr klein vor, nicht nur aufgrund von Spielern wie Moritz Elias und Luca Tosto, die dem Zwergenland entstiegen schienen. Selbst Leute wie der Ex-Villacher Chris Collins und Luke Esposito - zwei glänzende Eisläufer - machen die Centerachse relativ klein.

Es fehlen Zentimeter und Kilos, im Gesamtpaket ergibt das eine Mannschaft, die dann auch nicht genügend Talent hat, um Erfolg zu haben. Dazu kamen noch inadäquate Goalie-Leistungen, was einen toxischen Mix ergab. Augsburg ist auch das einzige Team der Liga, in dem der Headcoach (Christoph Kreuzer) die Aufgaben des Sportmanagers mit übernehmen muss.

Zum zweiten Mal in Folge belegen die Panther den letzten Platz, befinden sich damit wieder im Fegefeuer und müssen noch Wochen darauf warten, ob sie Kassel oder Krefeld Platz machen müssen.

Augsburg ist das, was ich oben als Kollateralschaden in der Abstiegsfrage bezeichnet habe - ein solider Standort in einer sehr schönen Stadt, die Halle nach dem Umbau wunderbar, dazu treue Fans. Keiner der Mitbewerber vergönnt den Panthers den (eventuellen) Abstieg, die Liga würde einen soliden Markt verlieren.

Die deutsche Spielerbasis ist grundsätzlich weit breiter als die österreichische, dazu kommt, dass auch die Legionäre in einem höheren Segment ausgewählt werden können.

Wieder Größen wie München, Mannheim oder Berlin weggerechnet, sind im Legionärssegment Beträge von 70.000 bis 90.000 Euro gebräuchliche Zahlen, sechsstellige Beträge aber keineswegs ungewöhnlich. Gehälter wie 26.000 Euro, mit denen die Vienna Capitals heuer auf Legionärssuche gingen, sind hier eher in der Oberliga gebräuchlich.

Der Torhütervergleich

In Schwenningen bin ich zweimal hinter dem Tor gesessen, was Scouting für mich sehr schwer macht. Die besten Eindrücke bekommt man dort natürlich vom gegnerischen Goalie, den man zweimal von hinten sieht.

Und da trieb mir der Vergleich fast die Tränen in die Augen: Leute wie Hannibal Weitzmann (Wolfsburg) oder Maximilian Franzreb (Bremerhaven) sind in ihren Teams Teile eines Tandems, in Österreich wären sie nicht nur im Nationalkader, sondern dort unumstrittene Nummer 1.

Und das sind nicht zufällige Beobachtungen: Ältere Kaliber wie Niklas Treutle (Nürnberg) oder Mathias Niederberger (München), Mittelalter-Torsteher wie Mirko Pantkowski (Köln) oder Leon Hungerecker (Nürnberg) sowie jüngere Goalies wie Florian Bugl (Straubing) oder Arno Tiefensee (Mannheim, von Dallas gedraftet) - das sind nur Auszüge aus einer Liste von Goalies, die allesamt über David Kickert und David Madlener zu stellen wären, die ohne Diskussion im österreichischen Kasten gesetzt sind.

Deutschland war immer schon ein Torhüter-Land, aber der Vergleich hier deprimiert. Bekommen junge Torhüter hier mehr Chancen als in Österreich? Nicht unbedingt, einzig der Aufstieg - von der DNL über (manchmal) die Oberliga, DEL2 bis zur Backup-Position in der DEL - funktioniert besser.

Doch auch hier bekommen jüngere Goalies nicht zehn Spiele am Stück, in denen sie machen können, was sie wollen. Der Druck ist sicher der gleiche, entweder du schwimmst oder du säufst ab.

Die größere Quantität und wohl auch die mentale Stärke der Torhüter hier ist der größte Unterschied zur ICE, wo Veteranen wie Thomas Höneckl oder Rene Swette über ein Jahrzehnt lang einfach als Backups mitgeschleppt werden.

Die Hallensituation

Ich kenne nur die Stadien in Berlin und Wolfsburg nicht - letzteres ist mit 4.500 Plätzen auch das kleinste der Liga. Mehrzweckarenen wie in Berlin (14.200), Düsseldorf (13.200), Köln (18.700), oder Mannheim (13.600) sind natürlich die Prunkbauten der Liga, dazu kommt nächste Saison auch der SAP Garden in München (10.800).

Andere Stadien wie Straubing, Schwenningen, Ingolstadt oder Iserlohn bieten um die 5.000 Plätze, wobei vor allem Schwenningen nach dem Umbau großen Komfort bietet. Sitzplätze ersetzten Steher, VIP-Plätze und Logen die Sitzplätze - dieser Trend zu höheren Einnahmen besteht auch in Deutschland, allerdings in abgeschwächter Form. In Augsburger etwa ist der Fan-Bereich hinter dem Tor auch nach der Renovierung immer noch sehr groß.

Einzig der Standort Frankfurt mit einer sehr veralteten Halle ist für die DEL kein Ruhmesblatt - dass diese finanzkräftige Stadt seit Jahren nicht über Hallenpläne hinauskommt, sticht negativ hervor.

Doch das ist im Vergleich zur ICE vernachlässigbar: Stadien wie in Szekesfehervar oder Asiago würden in der DEL nie und nimmer durch den Lizenz-TÜV kommen.

Die Referees

Da sind die Nachwuchsprobleme um einiges größer als am Spielermarkt: Schiri-Boss Lars Brüggemann (beendete seine Karriere früh für diesen Posten) muss sich mit einer großen Zahl an Legionären behelfen.

Das sind aber durchaus internationale Spitzenleute wie die beiden Letten Andris Ansons oder Eduards Odins sowie der Tscheche Martin Frano (alle mit KHL und WM-Erfahrungen). Neben dem Amerikaner Sean MacFarlane und dem Kanadier Reid Anderson sollte eigentlich auch der Russe Roman Gofman ein sicherer Wert sein, der allerdings öfters - unverschuldet oder nicht - im Mittelpunkt strittiger oder falscher Entscheidungen steht.

Mit dem Innsbrucker Andreas Huber durfte auch ein Österreicher neun Spiele in der ersten Saisonhälfte leiten, er pendelt dort ebenso ein wie der Slowake Juraj Konc. Der Ungar Zsombor Palkövi teilt seine Einsätze auch etwas zwischen DEL und ICE auf, wäre hierzulande der beste Head seiner Landsleute.

Auch in der ICE kommen Leute ohne Ligaländerbezug (der Slowake Tomas Hronsky und der kroatische Pro Trpimir Piragic) zum Einsatz, die DEL ist aber im Schiri-Bereich (mit Jiri Ondracek kommt auch ein Linesman zu Einsätzen) überraschend import-abhängig. Vielleicht der einzige Bereich, in dem die ICE im Vergleich mithalten kann…


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