Die EBEL-Teams stehen wieder auf dem Eis, die Vorbereitungszeit hat begonnen, die ersten Testspiele stehen vor der Tür.
Zwar sind noch einige wenige Positionen zu besetzen, doch grundsätzlich stehen die Kader. Es war eine Transferzeit, die einige interessante Namen in die Liga spülte. Aber werden die prominentesten Spieler auch die besten sein?
LAOLA1-Scout Bernd Freimüller nimmt einige der neuen Namen, hinter denen sich zum Teil geballte NHL-Power verbirgt, genauer unter die Lupe. Werden die "neuen Stars" die Erwartungen an sie erfüllen können?
Nick Petersen (KAC, Flügel, 29)
Der KAC, dessen Offensive über die Jahre meist mit Platzpatronen schoss, zog schon früh eine große Waffe an Land: Nick Petersen bewies in fünf DEL-Jahren konstant seine Scorerfähigkeiten, war zuletzt beim Final-Run der Eisbären Berlin sogar Playoff-Topscorer. Er bringt eigentlich alles mit, was ihn auch in der EBEL zu einem Punktegaranten machen sollte: Großartige Hände, sowohl als Schütze als auch als Passgeber, gute Beine und dazu auch eine ausgezeichnete Physis.
Petersen gilt auch als harter Arbeiter in der Kraftkammer, über ihn als Person habe ich aber komplett divergierende Meinungen gehört – von "redet sehr viel" bis "in sich gekehrt, grüßt oft gar nicht". Schwer, sich da ein Bild zu machen, grundsätzlich würde mich aber ein Scheitern sehr überraschen. Vor allem DEL-Coaches, deren Teams gegen ihn antreten mussten, sprechen mit Hochachtung vor ihm. Die einzige Frage: Wie sehr gefällt es Petersen – alleinerziehender Vater einer Tochter – in Klagenfurt, vor allem, wenn wieder Chaos ausbricht?
Mit ihm und Andrew Kozek verfügen die Klagenfurter jetzt über zwei mögliche EBEL-Topscorer, auf die Zufuhr von Offensive via der Center-Position verzichtete die neue sportliche Leitung (vorerst). Der Finne Siim Liivik verspricht eher Körperspiel als feine Hände.
Dwight King (Graz99ers, Flügel, 29)
Überraschend, dass er in die EBEL kam, noch überraschender, dass es gerade Graz war. Doch die reagierten schnell, als ihnen der zweifache Stanley-Cup-Sieger angeboten wurde. Ein Buyout in Vladivostok nach einer Saison und einer hohen sechsstelligen Summe machte ihn auch für die Steirer, deren Spielerbudget in der EBEL weit hinten gereiht ist, leistbar. King wollte auch nicht mehr lange warten, um nicht – wie in der Vorsaison – das Trainingscamp zu verpassen.
Die Auskunft über ihn aus Los Angeles war positiv: "Spezialist für das Angriffsdrittel, kein Transition Player. Die offensiven Banden gehören ihm, setzt Größe und Reichweite sehr gut ein. Hat bei uns von erster bis vierter Linie alles gespielt. Sehr gut im Penaltykilling. Auf und abseits des Eises sehr intelligent. Wäre ein guter Anwalt geworden."
Was ihn aus der NHL und schließlich auch aus der KHL spülte, war ein Mangel an Antritt und Speed – bei 1, 93 Metern und 104 Kilo aber auch nicht verwunderlich. Aber langsamer als Mark Mancari, den er ersetzte, kann er eigentlich nicht sein, auch wenn der Grazer Kader gerade in puncto Tempo Fragen aufwirft.
Bracken Kearns (Black Wings Linz, Center, 37):
Lange suchten die Linzer einen Center als Ergänzung zu Corey Locke und Rick Schofield, wobei Locke sicher als Top-Center gesetzt ist. Ein Spieler wie Ryan Garbutt, dessen letzte Saison in der KHL mit drei Teams ohnehin schon problematisch ausgefallen war, sagte ab, leistbare Mittelstürmer mit Offensivpotenzial sind nie einfach zu finden.
Kearns ist mit 37 in einem Alter, wo alles möglich ist – noch eine sehr gute Saison wie bei den ebenfalls schon angegrauten Ex-Linzern Curtis Murphy oder Brett McLean? Oder fällt sein Spiel schon über die gefürchtete Klippe? Grundsätzlich spricht fast jeder, der mit Kearns zu tun gehabt oder ihn gescoutet hat, mit Hochachtung von ihm: "Großartiger Charakter und Teamplayer. Zwei-Weg-Center, der jeden Shift Vollgas gibt." Das Fragezeichen wird natürlich seine Fußarbeit sein: Ich habe ihn letzte Saison noch bei Breakaways davonziehen sehen, umgekehrt machten Kollegen schon vor zwei Jahren gehörige Speed-Defizite aus.
An der Einstellung und Hingabe zum Beruf wird es sicher nicht scheitern und im schlimmsten Fall sollte er die Rolle hinter Locke und Schofield einnehmen können. Bessere Leistungen als die letzten Linzer Übersee-Transfers (Dowell, O'Brien und Naclerio) sind aber unabdingbar, auch für Coach Troy Ward, der sich für ihn einsetzte...
Brent Regner (RB Salzburg, Verteidiger, 29):
Der letzte Salzburger Neuzugang nach den ebenfalls sehr interessanten Chris VandeVelde (Center) und Dustin Gazley (sehr agiler Flügel) war Defender Brent Regner, von dem mir einige DEL-Manager sagten: "Den hätte ich auch gerne gehabt." Regner – ein typischer Bauernsohn aus Alberta – spielte sich über die Jahre in der AHL zu einem Top-Defender und Kapitän bei drei verschiedenen Teams hoch. Für einen NHL-Job fehlte es etwas an Größe oder an Top-Skills, die diesen Mangel aufwiegen hätten können.
Für einen Top-EBEL-Defender sollte Regner aber alles mitbringen: Gute Beweglichkeit, einen aktiven Stock, gute Zweikampfbehauptung, die aber nicht in dumme Strafen ausartet sowie Fähigkeiten sowohl im Powerplay als auch im Penaltykilling. In einem Team, das in den zwei letzten Jahren an einem zu ausgeprägten Offensivdrang gescheitert ist, könnten Regner und VandeVelde die notwendige defensive Ernsthaftigkeit einbringen.
Lars Haugen (KAC, Torhüter, 31):
Sowohl Salzburg als auch der KAC suchten im Sommer Torhüter, die Klagenfurter wurden dann nach längerer Zeit beim norwegischen Nationalgoalie fündig. Ich habe Haugen, der im Sommer von mehreren Agenten angeboten wurde, zuletzt bei der WM näher beäugt. Er präsentierte sich dort als stilistisch sehr ausgereifter Goalie, der wenig unnötige Bewegungen macht und gegenüber dem Schützen Geduld zeigt. Die Größe ist eher durchschnittlich, ab und an fragte ich mich, wieviel des Tores er eigentlich abdeckte. Ich sah ihn bei zwei Debakeln, wo er im Laufe des Spiels bröckelte und einige fragwürdige Gegentore zuließ... Allerdings ließen ihn dort Sebastian Aho und Connor McDavid schlecht aussehen – auf solche Kaliber wird er in der EBEL eher nicht treffen.
Einige Teams, die heuer Torhüter suchten, schätzten ihn als guten, aber nicht überragenden Goalie ein. Ich traue ihm aber in Klagenfurt eine solide Saison zu...
Und wer könnte noch so überzeugen?
Das sind einige der größeren Namen, die heuer in die EBEL kamen – Garanten für große Leistungen sind sie natürlich nicht. Wer könnte am Ende der Saison aus dem Nichts zu einem Top-Legionär werden, quasi als Neo-Tyler Morley?
Bozen, dessen Scouting-Arbeit nach einem Jahr stets gute Früchte für andere Liga-Teams abwirft, leistete sich mit Mike Blunden auch einen Ex-NHLer. Ich würde aber eher dem spielstarken Brett Findlay, der als Center und Flügel spielen kann, eine große Rolle zutrauen.
Kann Daniel Catenacci, der noch dazu als Italo gilt, Chris DeSousa als giftigen Forward ersetzen?
Was sind Leistungen in der Norwegischen GET-Ligaen in der EBEL wert? Viel, könnte man meinen, wenn man an Sondre Olden letztes Jahr in Zagreb denkt. Kann Defender Troy Rutkowski seine Schussstärke, die ihn mit 20 Toren zum offensivstärksten Verteidiger der Liga machte, in Linz als Piche-Nachfolger einbringen? Kann Alex Wall in Wien die Abgänge von Jamie Fraser und Ryan McKiernan einigermaßen kompensieren?
Nach Jerome Leduc (Dornbirn) im Vorjahr ist auch die britische EIHL in Mode gekommen: Neben Fehervar (Zack Phillips) bediente sich Zagreb mit den Stürmern John Armstrong und Sebastien Sylvestre gleich zweimal. Sylvestre hat das größere Offensivpotenzial, tendiert aber bei Missmut zu dummen Strafen.
Defender Kevin Raine bringt dagegen so wenige Puckskills mit, dass es mich überraschen würde, wenn er in Villach die Probezeit übersteht. Sein unbestreitbares physisches Spiel dürfte in einer Liga wie der EBEL, wo krachende Checks gleich einmal in Vier-Minuten-Strafen enden, eher ein Handicap sein.
Und aus der ECHL?
Immer wieder interessant: Wie schlagen sich ECHLer in unserer Liga? Matt Caito (Graz) gilt als beweglicher und giftiger Defender. Sein Vereinskollege Matt Garbowsky wurde von Coach Doug Mason in den Playoffs gescoutet und könnte die Top-Center-Position einnehmen.
Ich habe beide nie live gesehen, tue mir bei Graz mit Flügel Curtis Hamilton etwas leichter. Er war bei Sparta Prag und in Finnland ein verlässlicher Flügel mit guter Reichweite, ehe ihn ein Kreuzbandriss aus der Bahn war. Ebenfalls schon seit langer Zeit in Europa: Zagrebs Greg Mauldin, ein trotz 36 Jahren immer noch schneller Center/Winger mit Top-Einstellung, aber oft zu viel Hektik im Abschluss.
KAC-Defender Adam Comrie ist dagegen das erste Mal in Europa tätig: Er bringt gutes Körperspiel und einen harten Schuss mit, wurde aber über die Jahre auch manchmal als Flügel eingesetzt. Gröbere Off-ice Issues in jüngeren Jahren verzögerten seinen Sprung von der ECHL in die AHL.
Neue Namen also zuhauf, die Testspiele werden erste Erkenntnisse bringen. Es würde mich aber gar nicht überraschen, wenn Namen, die kaum jemand auf dem Zettel hat, groß auftrumpfen würden...