Die Suche nach dem zwölften Team für die EBEL-Saison 2017/18 läuft.
Ersetzt mit Medvescak Zagreb ein Heimkehrer die bankrotten Laibacher? Wäre das überhaupt wünschenswert oder ist das nur die Wahl zwischen Pest und Cholera?
Ljubljana findet nicht mehr in die Spur
Im Sommer 2016 entschieden sich die EBEL-Vereine mit einem Stimmenverhältnis von 11:0 dafür, Ljubljana in der Liga zu halten. Jetzt, nach einer weiteren Saison, in der die Slowenen monatelang keine Gehälter zahlten und Heimspiele in einer leeren Halle absolvierten, zeigt sich, dass das (erwartungsgemäß) eine Schnapsidee war.
Aktuell zeigen die verschiedenen Parteien gegenseitig mit dem Finger aufeinander - die Liga-Verantwortlichen verweisen auf die Abstimmung, die Teams wiederum darauf, dass die angekündigte finanzielle Überwachung der Slowenen nie stattfand. Die Verhältnisse in Ljubljana ziehen schon seit Jahren den Ruf der EBEL in den Dreck, so dass nun vielleicht doch einmal ein Umdenken stattfindet. Nur: Was sind die Alternativen?
Budapest oder Jesenice?
MAC Budapest, das zwei Jahre hintereinander Gewehr bei Fuß stand, wollte verständlicherweise nicht wieder bis in den Juni hingehalten werden und zog (vielleicht für immer) die MOL-Liga vor. Lokalrivale Ujpest meldete loses Interesse an, mehr wird da aber schon aufgrund der Infrastruktur nicht herauskommen. Jesenice strebt ein Comeback an, aber ihr Abgang aus der Liga wäre damals ja fast sogar bei laufendem Spielbetrieb erfolgt. Ob sie ein EBEL-Budget stemmen können, ist höchst fraglich, noch dazu, wo der slowenische Verband stets felsenfest hinter Ljubljana steht.
Da kommt den EBEL-Verantwortlichen das Interesse von Zagreb gerade recht und wurde auch mit Stolz herausposaunt. Die Kroaten haben die Basis-Garantie von 25.000 Euro hinterlegt (verfällt bei Nichtaufnahme), die restlichen 75.000 müssten sie erst bei einer Aufnahme stemmen. Schon kommt bei vielen Fans und Vereinsverantwortlichen ein warmes Gefühl auf, wenn Zagreb erwähnt wird.
Zagreb? Nicht alles Gold, was glänzt!
"Pula" und "Arena Games" sind die Worte, die an das Open-Air-Spektakel und Spiele vor 16.000 Besuchern erinnern. Weder Liga-Präsident Peter Mennel (als Multifunktionär von der Tagesarbeit meilenwert entfernt) noch Liga-Geschäftsführer Christian Feichtinger, der sicher nicht nur elf Teilnehmer anbieten will, werden auf die Zagreber Schattenseiten hinweisen, eine Abstimmung der Klubs ohne Hintergrund-Informationen droht. Daher ein Blick zurück und auf die gegenwärtige Situation in Zagreb:
Nach vier Jahren in der EBEL verabschiedete sich Medvescak im Sommer 2013 aus der Liga. Als erste Gerüchte über einen Einstieg in der KHL auftauchten, wurden diese natürlich zuerst dementiert, in der Folge dann mit dem Hinweis, dass man ein zweites Team in der EBEL stellen würde, abgeschwächt. Alles nur heiße Luft, die KHL-Einstiegsgelder lockten zu sehr, die EBEL wurde im Regen stehen gelassen, was diese vier Jahre später offenbar nicht daran hindert, wieder auf Knien nach Zagreb zu rutschen.
Medveszak ist ein Potemkinsches Dorf
Doch auch in ihren vier Jahren war Medvescak ein Potemkinsches Dorf in der EBEL. Nach außen alles super, sportlich immer vorne, aber intern ein Scherbenhaufen. Ausstehende Gehaltszahlungen waren auch immer ein Grund dafür, dass es für die Kroaten nach guten Grunddurchgängen in den Playoffs nur zu zwei Semifinalserien reichte. Am Saisonende wurden Restzahlungen stets auch nur dann getätigt, wenn diese mit einer Vertragsverlängerung einhergingen.
Die EBEL-Punkteregel bremste Zagreb auch stets auf elegante Weise aus. Kroatische Pässe? Kein Problem - ausgeteilt wie Visitenkarten durch ein Start-Up-Unternehmen. Bei vielen Spielern wurden Vorfahren gar nicht einmal mehr gesucht, frag nach bei Linz-Goalie Michael Ouzas, was ihn außer seinem Pass von damals mit Kroatien verbindet. Das resultierte dann immer in einem Team mit knapp 15 gebürtigen Nordamerikanern, viele davon Spieler, die sich österreichische Teams gerne geleistet hätten.
In der KHL waren Pässe nicht mehr so notwendig wie in der EBEL, mit der Ausnahme von Defender Blake Parlett haben die meisten Doppelstaatsbürger wenigstens kroatische Wurzeln. Trotzdem musste ein Crack wie Tom Zanoski – eigentlich ohne KHL-Niveau – gehalten werden, weil er als einer der wenigen die Landessprache spricht und so als Bezugspunkt für die Fans dienen kann.
Für die EBEL sind aber wieder eine Schwemme von Spielern mit alten und neuen kroatischen Pässen zu erwarten. Die Argumentation der Liga, dass die KHL-Spieler aufgrund des Ligafaktors ohnehin mit hohen Punktewerten belegt würden, geht an der Realität vorbei – ein EBEL-Team müsste von Grund auf neugestaltet werden.
Das Pula-Spektakel war sicher einzigartig und wird das auch bleiben – überlagert diese Veranstaltung in der Erinnerung wirklich den Rest? Die Arena-Games sind schon lange Geschichte, der 6.500 Besucher fassende Dom Sportova muss seit Jahren ausreichen.
KHL-Euphorie ist verpufft
Bezeichnend dafür ein Heimspiel gegen Cherepovets, das ich von einigen Wochen besucht habe. Die Halle war knapp zu einem Drittel gefüllt, im Fansektor hielten sich vielleicht 200 Fans auf. Von der KHL-Anfangseuphorie schon lange keine Spur mehr, bezeichnend auch die Situation vor der Halle: Wo vor vier Jahren noch Volksfest-Stimmung mit unzähligen Verkaufsständen herrschte, bot diesmal ein einsamer Wurstverkäufer seine Klobasa an.
Doch warum sollte dort rund um die Organisation auch noch Euphorie herrschen? Medvescak verscherbelt schon seit Monaten alles, was nicht niet- und nagelfest ist.
Ausverkauf geht weiter
Mit Brandon McMillan, Tomas Mertl, T. J. Galiardi, Bobby Butler und Shaone Morrisonn gingen einige Stützen schon vor der Trading-Deadline, seitdem folgten acht weitere Cracks sowie Coach Gordie Dwyer.
Noch immer ist bei diesem Abverkauf kein Ende in Sicht - kurios und bezeichnend: Während ich diese Zeilen schrieb, riefen mich sowohl ein DEL- als auch ein EBEL-Team wegen Zagreb-Spielern an. Die Zahlungsrückstände betragen knapp zwei Monate, die bei einigen Spielern fälligen Ablösen werden aber sicher nicht erstrangig zur Begleichung dieser verwendet. Die beiden Spiele nach der IIHF-Trading Deadline am 15. Februar werden die Kroaten sicher mit einem absoluten Rumpfkader bestreiten, schon jetzt stehen nur mehr neun (!) ligataugliche Angreifer zur Verfügung. Alles muss raus, auf die sportliche Wertigkeit wird schon lange kein Augenmerk mehr gelegt.
Die KHL, die nach jahrelangen Welteroberungs-Szenarien ohnehin einige schwache Märkte abstoßen will, wird Zagreb sicher keine Träne nachweinen.
Endzeit-Stimmung...
Alles in allem also ein Bild einer Organisation, die am Ende ist – ein KHL-Bankrotteur soll also als gesunde EBEL-Organisation wiederauferstehen. Ein Blick der Liga-Verantwortlichen hinter die Kulissen ist eher nicht zu ewarten. Die groß angekündigte Liquiditäts-Prüfung wird so wie in Laibach ausfallen, ein treuherziger Blick des Vereins-Präsidenten und ein Zettel mit Sponsoren-Namen reichen völlig aus. Und auch die angekündigte Deadline Ende Februar ist nicht ernst zu nehmen, die Fälle Bozen und Laibach haben schon seit Jahren gezeigt, dass irgendwelche EBEL-Fristen von den Teams und nicht der Ligaführung bestimmt werden und beliebig verschiebbar sind.
Dass Mennel die fixe Bekanntgabe des Teilnehmerfelds für die Saison 2017/18 überhaupt schon für den letzten Herbst angekündigt hatte? Vergiss es, diese Aussage erntete schon Gelächter, als sie getätigt wurde…
Anzunehmen, dass die EBEL-Teams aus zwei Übeln das für sie kleinere wählen werden. Bezeichnend dafür die Antwort eines EBEL-Managers auf den Hinweis, dass Zagreb wie Laibach seine Spieler nicht (rechtzeitig) bezahlt: "Wenigstens zahlen sie irgendwas." Bei einem solchen Kriterien-Lambada wird Medvescak die Hürde sicher überspringen.
Doch vielleicht sollte sich hier auch Gernot Mittendorfer einmal einbringen, der sich seit seiner Wahl zum ÖEHV-Präsidenten im letzten Juni (zu) sehr im Hintergrund hält.
Wie reagiert der ÖEHV-Präsident?
Als Vertreter der Erste Bank kann ihm an einem weiteren bankrotten Team schon aus Reputationsgründen nicht gelegen sein. Mit dem neuen Sponsorvertrag über drei Jahre könnte er die Richtung und Philosophie der Liga vorgeben und die Gelder an von ihm gewählte Kriterien (Legionärsanzahl, pünktliche Auszahlung der Gehälter) knüpfen.
Will er als Verbandspräsident eine Organisation unterstützen, die mit unzähligen Legionären daherkommt und daher den österreichischen Teams wieder einmal den Hinweis auf unterschiedliche Spielermärkte in der EBEL und den dadurch nur schweren Einbau von Nachwuchsspielern ermöglicht? Der vollmundig angekündigte Österreicher-Topf implodierte ja ohnehin, bevor er gegründet wurde und auf eine Legionärs-Selbstbeschränkung der Teams wartete er im ersten Jahr seiner Amtszeit vergebens. Im Gegenteil: Selbst Teams wie die Capitals oder der VSV, die sich selbst zu Recht eine gute Jugendarbeit attestieren, stellten heuer Vereinsrekorde bezüglich ihrer Ausländeranzahl auf.
Während Ljubljana wenigstens sportlich kaum Relevanz aufweist, würde eine Aufnahme eines Playoff-Anwärters wie Zagreb sicher alles andere als zu einer Reduzierung der Legionärsanzahl in der EBEL führen.
Zagrebs EBEL-Wiedereintritt kann also nur bei oberflächlichem Betrachten Anlass zum Jubel geben, selbst der Vergleich mit dem "lebenden Leichnam" Ljubljana lässt sie nicht unbedingt besser aussehen.
Die acht österreichischen Teams, die im Gegensatz zu diesen Organisationen ihre Gehälter stets pünktlich auszahlen, sollten ihre Wahl daher gründlich überlegen…