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Troy Ward: Das ist der neue Black-Wings-Trainer

Troy Ward übernimmt Black Wings. EBEL-Scout Bernd Freimüller stellt ihn detailliert vor:

Troy Ward: Das ist der neue Black-Wings-Trainer

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Seit einigen Tagen steht es fest, am Mittwoch gaben es die Black Wings bekannt: Troy Ward folgt Rob Daum als neuer Linz-Trainer. Das Ergebnis meiner Recherchen schon vor der offiziellen Vorstellung:

Der 54-jährige Amerikaner Troy Ward kennt fast alle nordamerikanischen Ligen: Das US-College sowie deren Zubringer-Liga USHL, die inzwischen aufgelassene IHL, ECHL sowie vor allem die AHL, wo er als Assistant Coach in Houston sowie drei Jahre als Head Coach in Abbotsford tätig war.

Zwei Stationen stechen aus seinem Lebenslauf hervor: Drei Jahre als Assistant Coach bei den Pittsburgh Penguins (1997 bis 2000) sowie eine Karriere-Unterbrechung trotz des ECHL-Final-Einzugs mit den Trenton Titans 2001.

Der Grund dafür: Seine Frau drohte nach Jahren des Herumziehens mit der Scheidung. Die elf Jahre dauernde Ehe ging trotz eines Sabbatical Jahres in die Brüche, ein Streit um die Sorgerechte der beiden Söhne folgte. Seit dem Jahre 2002 war Ward aber fast durchgehend als Assistant oder Head Coach beschäftigt.

Parallelen zu Rob Daum

Linz-Manager Christian Perthaler wollte von Haus aus keine großen Experimente eingehen – von Beginn der Trainersuche an war klar, dass ein erfahrener nordamerikanischer Coach Daum nachfolgen solle. Der langjährige DEL-Coach Larry Mitchell sah all seine Forderungen erfüllt, er entschied sich aber für das Angebot als Sportdirektor in Ingolstadt. Wie Daum soll auch Ward seine Erfahrungen aus dem Übersee-Spielermarkt miteinbringen, alles andere als Nordamerikaner auf den noch offenen Legionärs-Ppositionen würden überraschen.

Eine Parallele sticht sofort ins Auge, auch wenn sie sicher zufällig ist: Wie Daum weist auch sein Nachfolger eine fast nichtexistente Karriere als Spieler auf. Nach vier Jahren im College und ohne Pro-Games begann Ward schon mit 28 Jahren seine Coach-Karriere als Assistant an der University of Denver.

Ruf als harter Arbeiter

Das gilt zwar für fast alle Coaches, aber Ward dürfte hier noch ein Stückchen weitergehen. Wie sein Abbotsford-Crack Chris Breen anmerkte: "Ab und zu siehst du ihn in der Früh in der Halle ungeduscht und mit zerzaustem Haar herumgeistern und du weißt, dass er wieder um vier Uhr in seinem Trainerzimmer war."

Todd Woodcroft, heute Assistant Coach bei den Winnipeg Jets, kennt Ward aus seiner Zeit in Houston und Abbotsford: "Er betreibt sehr viel Videoarbeit. Die Spieler werden stets gefordert, aber er sieht sich auch als Lehrer. Sein Coaching Staff war immer top vorbereitet und hat andere Staffs dadurch ausgestochen." 14-Stunden-Tage sind für den in Minnesota geborenen, seit Jahren aber in Madison (Wisconsin) beheimateten Ward keine Seltenheit. Kann er in Linz die Grenze zwischen An- und Überforderung bei seinen Cracks finden?

Seine Arbeit als Head Coach in Abbotsford

Die Abbotsford Heat waren immer das am schwersten zu coachende AHL-Team. Der Grund dafür: Aufgrund ihrer geografischen Lage hatten sie die längsten Strecken zu bewältigen, Trainings- oder Regenerationstage waren die Ausnahme. Sportlich kamen die Heat in den drei Jahren unter Ward maximal in Runde zwei der Playoffs, die wichtigste Aufgabe als AHL-Coach erfüllte er aber: Mit Angreifer Lance Bouma und Defender TJ Brodie machte er zwei Cracks zu NHL-Stammspielern.

Ward wurde auch als möglicher Flames-Headcoach im Jahre 2012 gehandelt, der ungleich erfahrenere Bob Hartley erhielt aber den Job. Als die Flames im Jahre 2014 mit Brad Treliving einen neuen GM bekamen, wollte dieser ein neues Blatt aufschlagen und Ward durfte den Farmteam-Umzug von Abbotsford nach Adirondack nicht mehr mitmachen.

Nachwuchsteams als Karriereknick?

2014 entschied sich Ward dafür, das Angebot der Vancouver Giants in der WHL anzunehmen, obwohl er dort alles andere als erste Wahl war. Vom AHL- zum Junioren-Coach – das sieht nach einem Abstieg aus, allerdings waren die Giants damals ein Vorzeigeteam unter den CHL-Teams und die Junioren-Organisationen sind an Professionalität vielen europäischen Pro Teams mindestens gleichgestellt. Mit Don Hay beerbte er aber einen sehr erfolgreichen Coach, dessen Stil sich über die Jahre allerdings etwas abgenutzt hatte – "Shades of Linz"?

Doch Wards Engagement wurde zu einem nie erwarteten Desaster: Nach einer Niederlagen-Serie wurde der US-Amerikaner schon nach 25 Spielen gefeuert. Zu seiner Ehrenrettung sei gesagt: Auch seine Nachfolger Claude Noel, Lorne Molleken und Jason McKee konnten den Absturz der Giants bis heute nicht aufhalten.

Wards letztes Engagement beim sehr ambitionierten USHL-Team der Madison Capitols endete nach einer Saison ohne Playoff-Einzug. Offiziell warf er im April selbst das Handtuch und gleichzeitig damit die Frage auf: Ist er eher für Pro- als für Nachwuchsteams geeignet? Ward selbst sah seine Aufgabe zu Beginn seiner Tätigkeit in Vancouver noch einfacher: "Ich sehe mich überall als Lehrer – vielleicht muss ich mich im Juniorenbereich noch etwas öfters wiederholen."

Bezeichnend auch für Wards holistische Sichtweise seiner Tätigkeit als Coach und Lehrer: Bei seinen seit 20 Jahren stattfindenden "Hockey and Sons"-Sommercamps in Minnesota finden sich jährlich 500 Eltern und ihre Kinder ein und lernen, wie sie im Sport miteinander umgehen können.

Philosophie, Systeme und Persönlichkeit

Gespräche mit Ex-Spielern und Mitarbeitern machten eines klar: Ward ist sicher kein Schreihals oder ein Coach, der sich psychologischer Machtspiele bedient. Weder bei Trainings noch bei Spielern wird er je laut.

Er erwartet harte Arbeit im Training und bei den Spielen. Seine Teams spielen – natürlich immer abhängig vom Spielermaterial – ein (immer wieder von ihm zitiertes) "Puck Posession Game", das eine Menge Laufarbeit und Trainingsdrill erfordert. In Vancouver war aber davon nichts zu sehen, der puckführende Spieler agierte oft ohne Unterstützung.

Wie wird Piche mit dem neuen Coach zurechtkommen?

Ausnahme-Offensiv-Talenten lässt er zwar ihre Freiheiten, doch grundsätzlich müssen seine Cracks in beide Richtungen arbeiten. Einstellungsmängel oder zu lasche Defensivarbeit können zu Benchings für ein oder zwei Drittel führen - seine Beziehung zum eigenwilligen Sebastian Piche, der sich unter Daum großer Freiheiten erfreute, könnte hier sehr interessant werden.

Weitere Beschreibungen seines Systems durch Beobachter bzw. Ex-Spieler: "Flow-through-the-middle" bzw. "Fast, push-the-pace hockey". Kein "Dump & Chase", vor allem die Center müssen anstatt von "Stop & Start" stets in Bewegung bleiben. "Wir wollen eigentlich den Puck haben und ihn nicht freiwillig wieder hergeben. Wenn wir ihn verlieren, möchten wir ihn schnell wieder zurückholen", so Ward selbst über seine Philosophie.

Ward kehrt immer wieder seine Rolle als Lehrer hervor, sucht stets das Gespräch mit seinen Spielern. Das kam vor allem bei den Heat-Spielern sehr gut an, ein Ex-Crack, der sich von ihm allerdings nicht genügend gefordert fühlte, fand kritische Worte: "Manchmal erzählt er dir, was du hören willst, mehr wie ein Freund als wie ein Vorgesetzter."

Dornbirns Dustin Sylvester, der unter Ward in Abbotsford spielte, schwärmt dagegen: "Er interessiert sich wirklich für dich und deine Familie." Einige Linz-Cracks, denen Daum oft zu distanziert erschien, werden bei Ward sicher ein offenes Ohr finden. Sein Aufstieg vom Assistant zum Head Coach in Abbotsford erfolgte auch aufgrund enthusiastischer Aussagen der Spieler über seinen Führungsstil.

Gegenüber Medien und Mitarbeitern gilt Ward als sehr sympathische und redefreudige Person – ein "Anti-Pellegrims" also. In Interviews mit möglichen Arbeitgebern verkauft er sich durch seine offene Persönlichkeit sehr gut.

So amikal Ward gemeinhin auch auftritt, in gewissen Sachen artikuliert er seine Vorstellungen klar. So wollte er in Vancouver Interviews nicht vor der Kabine, sondern in einem kleinen Raum abwickeln. Eine durchaus professionelle Forderung – das Extrazimmer bekam er bis zum Ende seiner Tätigkeit nicht, was vielleicht bezeichnend für seine Zeit bei den Giants war. Gut vorstellbar, dass er auch in der immer noch limitierten Keine-Sorgen-Arena in Linz mit einigen seiner Erwartungen bei Manager Christian Perthaler kein offenes Ohr finden wird.

Alte Bekannte

Auch wenn für Troy Ward Europa und natürlich die EBEL noch Neuland ist, hat er in seiner 25-jährigen-Tätigkeit als Head- oder Assistant-Coach natürlich unzählige (Ex)-EBEL-Spieler unter seinen Fittichen gehabt. Eine Auswahl:

Brett Olson, Ben Walter, Hugh Jessimen, Brian Connelly, MacGregor Sharp, J-P Lamoureux, Chad Rau, Danny Irmen, Jamie Fraser, Corey Locke (Topscorer in Houston 08/09), John Lammers, Kyle Klubertanz sowie die beiden Österreicher Andre Lakos und Bernd Brückler.


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