Ein brüderliches Band trennt nichts so schnell.
Auch keine Playoff-Serie in der Erste Bank Eishockey Liga.
Diese Erfahrung machten Jean-Philippe Lamoureux von den Vienna Capitals und sein Bruder Mario, der diese Saison das Dress der Innsbrucker Haie überstreifte, im heurigen Viertelfinale.
„Es ist hart, wenn dir dein Bruder gegenübersteht und dann auch noch der vermutlich beste Spieler im anderen Team ist. Du musst trotzdem versuchen ihn zu provozieren und ihn so in seinem Spiel stören. Ich war gewillt, es zu tun, aber es war definitiv nicht meine Lieblingsbeschäftigung“, verrät Mario im Gespräch mit LAOLA1.
„Capitals sind das beste Team der Liga“
Der 28-jährige US-Amerikaner, dessen Saison mit den Tirolern von seinem vier Jahre älteren Bruder mit einem Sweep beendet worden ist, verweilt mittlerweile schon wieder in seiner Heimat.
Dennoch verfolgt er die entscheidende Phase der heimischen Liga und die Spiele seines Bruders noch intensiv.
Auch die ersten beiden Duelle der Final-Serie zwischen den Caps und dem KAC.
„Meiner Meinung nach waren und sind die Capitals das beste Team der Liga in dieser Saison. Das haben sie gegen uns gezeigt, das haben sie gegen Bozen gezeigt und jetzt müssen wir schauen, wie sich die Serie gegen Klagenfurt entwickelt. Aber sie haben es zumindest in diesen ersten beiden Partien wieder gezeigt.“
Mario fühlt mit J.-P. mit
Vor allem der Comeback-Sieg in Spiel zwei am Sonntag imponierte dem aus Grand Rapids stammenden Stürmer.
Ein Comeback, das für Lamoureux persönlich aber einen etwas bitteren Beigeschmack hat.
Denn erst nachdem J.-P. nach dem vierten Gegentreffer das Eis verließ und David Kickert an seiner Stelle übernahm, drehten die Wiener auf.
„Das ist einfach Eishockey. Er war die ganze Saison so solide für die Caps, aber am Sonntag haben sie fast das komplette erste Drittel in Unterzahl gespielt. Klagenfurt hatte ich weiß nicht wie viele Powerplays, den Puck also die ganze Zeit in ihrer Angriffszone. Da sind ihm ein paar Schüsse durchgerutscht“, fühlt der 22-fache Torschütze mit seinem Bruder mit.
„Ich wäre geschockt, wenn er es nicht täte!“
Angst jedoch, dass J.-P. dadurch aus dem Konzept gebracht wurde, verspürt Mario keine.
„Er ist ein Vollprofi, weiß, wie er damit umzugehen hat, und ich habe keine Zweifel daran, dass er am Dienstag wieder voll da ist. Er wird rauskommen und bereit sein, der beste Spieler auf dem Eis zu sein.“
Genauso wenig Zweifel wie an der mentalen Stärke des Wiener Schlussmanns besteht für ihn also an der Tatsache, dass sein Bruder auch in Spiel drei (Ab 20:15 im LAOLA-Liveticker!) wieder das Caps-Tor hüten wird.
„Ich wäre geschockt, wenn er es nicht täte!“
Eine brüderliche Feindschaft
Weniger Schock als Unbehagen war die Viertelfinal-Serie zwischen den Hauptstädtern und den Innsbrucker Haien.
Denn es war das erste Mal in ihrem Leben, dass die beiden Lamoureux-Brüder, die noch zwei weitere Brüder und Schwestern haben, unter Wettkampfbedingungen gegeneinander antreten mussten.
„Es war anders. Gedanklich wollte ich vielleicht nicht gegen meinen Bruder spielen. Wir sind beide ehrgeizige Typen, die alles machen, um sich einen Vorteil zu verschaffen und zu gewinnen“, beschreibt Mario seine gemischten Gefühle während des Geschwister-Duells.
Sogar eine kleine Feindschaft habe sich während dieser paar Wochen aufgebaut, aber: „Die war in dem Moment vorüber, als die Serie aus war.“
„Würde ich Geld setzen, dann auf die Wiener“
Ab diesem Zeitpunkt konnte Jean-Philippe wieder auf die volle Unterstützung seines Bruders bauen.
„Wir haben einige Geschwister und unterstützen uns alle gegenseitig. Sie haben verdient gewonnen und ich drücke ihm jetzt die Daumen, weil er ein Typ ist, der wirklich viel investiert.“
Bislang scheint dieses Daumendrücken auch famos zu wirken. Die Vienna Capitals haben all ihre zehn Playoff-Partien gewinnen können und steuern auf den zweiten Meistertitel in ihrer Vereinshistorie zu.
„Sie sind das beste und konstanteste Team über die gesamte Saison gesehen. Würde ich Geld auf jemanden setzen, dann wären es die Wiener“, hat auch Mario seinen Titel-Favoriten schon lange auserkoren, um aber noch mahnend zu ergänzen:
„Der KAC ist die vielleicht heißeste Mannschaft der zweiten Saisonhälfte. Deshalb darf man sie noch nicht abschreiben, weil sie die letzten drei Monate einfach so gut gespielt haben.“
"Sie sind das beste und konstanteste Team über die gesamte Saison gesehen. Würde ich Geld auf jemanden setzen, dann wären es die Wiener."
Im Großen und Ganzen zufriedenstellend
Ebenfalls gut gespielt haben heuer die Innsbrucker Haie, die erstmals seit dem Wiederaufstieg in die Playoffs einziehen konnten.
„Wenn man es im Großen und Ganzen betrachtet, war unsere Saison schon erfolgreich und ein großer Entwicklungsschritt für die Organisation. Innsbruck konnte die Playoffs jahrelang nicht mehr erreichen und jetzt kamen wir und haben gleich einen Top-6-Platz gesichert. Wenn man das Ende der Saison betrachtet, ist es aber doch etwas enttäuschend“, resümiert Lamoureux das Jahr des HCI.
Nicht nur für den Verein lief es gut, auch er selbst kann mit 49 Scorerpunkten (22 Tore) in 56 Spielen durchaus zufrieden zurückblicken.
„Ich bin neu dazugekommen und habe meinen Beitrag, neben vielen anderen Spielern auch, geleistet.“
Innsbruck erster Ansprechpartner
Seinen Beitrag würde er auch nächste Saison gerne in Tirol leisten, denn: „Persönlich hatte ich ein erfolgreiches Jahr und ich habe die Zeit in Innsbruck wirklich genossen. Ich würde gerne dorthin zurückkehren, wenn alles klappt und wir zu einer Einigung kommen.“
Solch eine Einigung sei momentan aber noch nicht in Sicht.
„Es gab bisher lose Gespräche. Aber von der Management-Seite ist die Situation nicht so einfach, da sich am Ende der Saison ein paar Reibungspunkte auftaten.“
Sorgen um seine sportliche Zukunft braucht sich Lamoureux dennoch keine machen, wie er selbst versichert.
„Ich halte mir alle Optionen offen, da auch einige andere Teams schon Interesse bekundet haben.“
Rückkehr nach Österreich?
Andere österreichische Teams?
„Darüber kann ich momentan keine Auskunft geben“, hält sich der Crack aus North Dakota hinsichtlich möglicher Vertragsangebote noch bedeckt.
Fakt bleibt jedoch, dass er einer Rückkehr nach Österreich, egal ob nach Innsbruck oder andernorts, keineswegs abgeneigt gegenübersteht.
Um dann vielleicht erneut die brüderliche Feindschaft der Lamoureuxs aufleben zu lassen.