Nach acht Tagen Erholungszeit startet für die Vienna Capitals am Dienstag (19:45 Uhr, LIVE im LAOLA1-Ticker) das EBEL-Halbfinale gegen den HC Bozen.
Für zwei Cracks der Wiener ging vor genau einem Jahr ihre erste EBEL-Saison zu Ende, die sie noch im Trikot der Südtiroler bestritten: Taylor Vause und Jerry Pollastrone.
Beide entschieden sich nach einem Jahr in Bozen, schnell eine neue Herausforderung anzunehmen, und sehen sich als letzte Hürde vor dem Finale mit ihrer "Ex" konfrontiert.
Im Gegensatz zu MacGregor Sharp, der bereits von 2011 bis 2014 für den HCB skatete, hat das Neo-Caps-Duo eine direkte Vergleichsmöglichkeit.
Mehr Stabilität in Europa
Wie Bozen-Sportdirektor Dieter Knoll erst vor kurzem im LAOLA1-Interview hervorhob, stellen die Foxes eine Zwischenstation für Spieler aus Übersee dar, die erste Erfahrungen in Europa sammeln.
Auch im Fall des 25-jährigen Vause, der zuvor in AHL und ECHL spielte, war Bozen die erste europäische Anlaufstelle.
"Ich war nicht mehr bereit, mich mit den Ups and Downs dieser Ligen abzufinden, wollte Stabilität. Bozen hat sich als gute Möglichkeit angeboten, um einmal herauszufinden, wo ich mithalten kann", erinnert sich der Kanadier bei LAOLA1.
Die Erfahrungen des seit kurzem 31-jährigen US-Amerikaners Pollastrone unterscheiden sich, er spielte bereits in den Niederlanden, Schottland und Schweden.
Böses Revanchefoul von Datsyuk:
(Text wird unterhalb fortgesetzt)
"Bozen macht einen guten Job bei den Ostküsten-AHL-Franchises, wo sie Spieler nach Europa holen. Die sind hungrig darauf, sich gut anzustellen. Deswegen haben die Foxes meist Erfolg", schätzt er das Konzept als tauglich ein.
Große kleine Unterschiede
Die "neue" Hockey-Welt diesseits des großen Teichs – ein Kulturschock?
"Vor allem der Faktor Fans ist schon eine tolle Erfahrung. Hier herrscht eher Fußball-Atmosphäre, daheim gibt es keine Schlachtrufe und Trommeln", so Pollastrones erster Gedanke.
Für seinen jüngeren Kollegen macht die Herangehensweise an das Thema Eishockey den größten Unterschied. "Für viele Menschen auf der Welt, insbesondere Kanada, ist Hockey ein zentraler Lebenspunkt. Aber es wächst, und wenn kleinere Städte in guten Ligen spielen, hilft das dem Sport, zu wachsen."
Keine Einbrüche
Der Schritt vom beschaulichen Bozen ins größere Wien, wo auch andere Ansprüche herrschen, gelang nahtlos. Sowohl Vause (13 Tore, 15 Assists), als auch Pollastrone (16 Tore, 24 Assists) haben fast idente Stats zum Vorjahr herzuzeigen.
Ihre Rollen auf dem Eis haben sich nur geringfügig geändert: "Für mich ist es wichtiger geworden, meinen Speed im Forecheck einsetzen zu können, zu stören und von dort Plays zu machen", meint Pollastrone, während Vause eine Änderung in Sachen Special Teams mitmachen musste.
"Bei mir hat sich auf der defensiven Seite, speziell im Penaltykilling, etwas geändert. In Bozen habe ich mehr Powerplay gespielt."
Großstadt statt Alpen-Idyll
In ihrem ersten Bozen-Monat wohnte das Duo sogar unter einem Dach und kennt sich entsprechend gut, was bei der Eingewöhnung half. Die Unterschiede im Tagesablauf sind ohnehin überschaubar.
"Du gehst jeden Tag in den Rink und bereitest dich ähnlich vor. Wir sind jetzt schon so lange dabei, man achtet darauf, nicht mehr viel von seinen Routinen zu verändern", so Pollastrone.
Für das Rundherum hat man, ganz diplomatisch, sowieso nur Gutes übrig.
"Es ist eine gute Erfahrung, was das Leben an sich betrifft. In Bozen ist es eine angenehme Atmosphäre zwischen den Bergen, und Wien hat viel Geschichte. Auch teamseitig werden wir gut behandelt. Ich denke, das ist auch ein großer Teil dessen, warum wir heuer erfolgreich sind", schätzt Vause ein.
Keine Sentimentalitäten
Der Serie gegen den Ex-Verein blicken beide nicht mit Sentimentalitäten entgegen.
"Es ist Teil des Business als Profispieler. Es ist beim ersten Mal seltsam, aber nutzt sich danach ab", nimmt Vause die Situation achselzuckend zur Kenntnis. Zumal Bozen kurzfristige Kaderplanungen bevorzugt und Jahr für Jahr einen Großteil der Mannschaft austauscht.
"Sie halten nur ihren italienischen Kern recht gut zusammen, wir haben gerne mit diesen Jungs gespielt. Auf dem Eis trittst du aber gegeneinander an, da ist es intensiv."
Was die Performance betrifft, erkennt Pollastrone trotzdem altbekannte Stärken: "Sie sind ein talentiertes Team an der Front, zuletzt waren auch Defensive und Torhüter wirklich stark. Sie sind ein schnelles Team, das den Puck kontrollieren will und entsprechend aggressiv beim Forecheck zu Werke geht. Außerdem können sie vier gute Linien vorweisen, und Gegner mit solch einer Tiefe sind immer gefährlich."
Druck als Motivation
Dennoch – nach der Domination des Grunddurchgangs gehen die Vienna Capitals als Favorit in die vier bis sieben Duelle. Die hohe Erwartungshaltung, bereits im ersten Jahr beim Verein, spornt an.
"Man will sogar, dass die Leute denken, dass du gewinnen wirst. Wir erwarten nicht zwangsläufig, immer zu gewinnen, aber haben einen Weg gefunden, oft zu siegen – und das ist speziell in den Playoffs das Wichtigste", zeigt sich Vause motiviert, während Pollastrone sowieso Schritt für Schritt denkt.
"Egal, ob man ein Spiel gewinnt, oder verliert: Man muss am nächsten Abend zurückkommen. Man braucht ein Kurzzeitgedächtnis, um die schlechten, aber auch die guten Sachen schnell auszublenden."
Nur die Erinnerungen an den Abschluss dieser Saison sollen es letztlich wert sein, lange im Kopf behalten zu werden.