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Christian Dolezal: "Das hätte ich anders gemacht"

Der neue Sportliche Leiter der Vienna Capitals blickt auf die letzte Saison zurück, gibt Einblicke in die Trainersuche und spricht über den Umbruch im Verein.

Christian Dolezal: Foto: © GEPA

Christian Dolezal hat in den letzten sechs Monaten viel erlebt.

Vor rund einem halben Jahr stand der 38-Jährige noch als Assistant Coach auf der Trainerbank der Vienna Capitals, nach der Entlassung von Marc Habscheid übernahm "Dole" erst interimistisch, dann permanent das Head-Coach-Amt.

Seit vergangener Woche ist der ehemalige Profi-Spieler der neue Sportliche Leiter der Wiener und ist für die Suche seines direkten Nachfolgers als Cheftrainer hauptverantwortlich. Hier nachlesen >>>

Im Interview mit LAOLA1 spricht der Neo-Sportchef unter anderem über die Trainersuche und was er letzte Saison retrospektivisch anders gemacht hätte.

LAOLA1: Vor sechs Monaten noch Assistant Coach, heute Sportlicher Leiter der Vienna Capitals – hättest du dir das damals vorstellen können?

Christian Dolezal: Nein, aber es war immer mein Ziel, dass ich die Position einmal haben will. Das habe ich auch offen angesprochen – ohne Druck zu machen oder zu sagen, ab der Saison 2024/25 muss ich den Job haben.

LAOLA1: Wie kam es dann dazu, dass es jetzt schon so weit ist?

Dolezal: Das war nicht kurzfristig. Es ist schon so, dass in Wien immer das Ziel war, Leute aufzubauen. Ich arbeite mit Franz (Kalla, Anm.) schon so lange zusammen, er hat mir stets die Stange gehalten. Ich durfte sehr viel von ihm lernen. Er hat aus den meisten Sachen keine Geheimnisse gemacht, ich war meistens involviert. Diese Seite des Geschäfts hat mich immer sehr interessiert. Als wir das Farmteam noch hatten, war ich in einer Mini-Funktion schon relativ nah dran, da durfte ich viele Dinge lernen. Da war das wichtigste, sich ein Netzwerk aufzubauen, Agenten kennenzulernen und gut vernetzt zu sein. Im Namen des Vereins habe ich in jungen Jahren schon viel machen und große Verantwortung übernehmen dürfen. Ich konnte die ersten guten Sachen machen, aber auch Fehler.

LAOLA1: Wie hast du die vergangene Saison aufgearbeitet?

"Ich sehe es schon als meine Schuld, nicht härter gepusht zu haben, dass wir früher agieren."

Christian Dolezal

Dolezal: Wir haben viele Statistiken ausgearbeitet, um wirklich zu sehen, was gut war. Nicht alles war schlecht. Dann natürlich: Welche Problemzonen haben bzw. hatten wir? Welche Fehler haben wir gemacht? Was würden wir im Nachhinein anders machen? Da kommst du auf einige Sachen drauf, wo du sagst, das hätte ich anders gemacht.

LAOLA1: Zum Beispiel?

Dolezal: Das Thema Verletzungen hätte ich etwas anders gehandhabt. Ich glaube auch, wir hätten schon früher mit Neuverpflichtungen beginnen können. Da war unsere gemeinsame Entscheidung, dass wir warten, bis alle Spieler zurückkommen. Es hat aber immer länger gedauert. Wir haben uns auch nicht mehr weiterentwickelt, als alle zurückgekommen sind. Da sind wir die Leiter nicht weiter hinauf geklettert, sondern immer stagniert und gleich geblieben. Wir hätten viel früher etwas machen müssen. Ich sehe es schon als meine Schuld, nicht härter gepusht zu haben, dass wir früher agieren. Ob es möglich gewesen wäre oder nicht, ist ein anderes Thema. Am Schluss haben wir es probiert, doch es war schon zu spät.

LAOLA1: Nimmst du solche Learnings, die du heuer als Head Coach gemacht hast, nahtlos in deine neue Position mit?

Dolezal: Ja, klar. Es hat mir so viele Dinge aufgezeigt. Das Thema Kommunikation ist immer das heikelste. Du kannst nicht genug reden. Gerade in einem großen Betrieb sind so viele Personen involviert – der Head Coach, der Assistant Coach, der Physio, der Masseur, das Ärzteteam. Die müssen alle zusammen kommunizieren. Dann hast du noch die Spieler, deren Familien, die teilweise ebenfalls involviert sind. Kommunikation ist einfach ein Riesenpunkt, wo ich mich wirklich an der Nase nehmen werde, dass ich das so gut wie möglich erfülle.

LAOLA1: Fällt es schwer, die Trainerbank hinter dir zu lassen?

Dolezal: Ich bin gerne Coach, das hat mir immer Spaß gemacht. Ich sehe mich aber nicht als Head Coach. Es ist nicht so, dass ich es um jeden Preis machen muss und richtig traurig bin, jetzt nicht mehr Trainer zu sein. Ich bin gerne mit den Coaches zusammen und tüfele mit, sei es mit Video, System usw. Das liebe ich einfach, weil es Teil des Eishockeys ist. Aber genauso hast du die anderen Seiten wie Spielergespräche und so. Es gibt natürlich ein paar Punkte, die ich vermissen werde. Aber ich bin jetzt in einer anderen Rolle und trotzdem noch dabei. Dass ich ins Geschehen eingreife, wird nicht passieren. Sonst brauche ich keinen Cheftrainer.

(Interview wird unterhalb der Diashow fortgesetzt)

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LAOLA1: Du suchst aktuell deinen eigenen Nachfolger. Worauf legst du besonders Wert?

Dolezal: Das Hauptaugenmerk wird bei der Kommunikation liegen. In der heutigen Zeit ist es unumgänglich, dass der Trainer ein guter Kommunikator ist. Vor allem im Umgang mit dem Menschen, du hast heutzutage so viele verschiedene Charaktere. Mittlerweile sind sehr viele Trainer schon richtig gut darin, jeder bringt es natürlich anders rüber. Wir probieren zumindest, den Trainer zu finden, der das nötige Händchen dafür haben könnte, dass er die Dinge sowohl einzelnen Spielern als auch der gesamten Mannschaft gut rüberbringt.

LAOLA1: Ist eine gewisse Nationalität eine Voraussetzung?

Dolezal: Nein. Jetzt geht es einmal darum, das Profil zu schnüren, dann die bestmöglichen Kandidaten zu finden. Natürlich müssen wir auch schauen, ob sich budgetär alles ausgeht. Dann wird mit den Kandidaten gesprochen.

LAOLA1: Welches Profil muss der neue Head Coach mitbringen?

Dolezal: Es wäre natürlich schön, wenn du jemanden hast, der weiß, was er an der Organisation hat. Jemand, der etwas weiterbekommen will. Das heißt nicht, dass er mit dem Nachwuchs mitgehen muss, aber der sich sehr wohl auch für das Thema Organisation interessiert. Die andere Seite ist natürlich, dass wir mit der Profi-Mannschaft so erfolgreich wie möglich spielen wollen. Diesen Zwiespalt möchte ich gerne auf eine Art und Weise haben.

"Wir werden an die Grenze hingehen müssen, denke ich. Einfach, weil es am heimischen Markt nicht mehr viel gibt. Das ist die harte Wahrheit."

Dolezal spricht darüber, wie viele Imports in Wien spielen werden

LAOLA1: Wie könnte eine gesunde Kader-Balance aus Imports, gestandenen und jungen Österreichern für die nächste Saison aussehen?

Dolezal: Wir haben den 8. April, der österreichische Spielermarkt ist jetzt nicht mehr sehr groß. So realistisch muss man sein. Wir werden auf Imports zurückgreifen müssen, aber wie immer unsere Augen und Ohren für Österreicher offen haben, wo wir denken, dass sie bei uns reinpassen würden. Wie viele sich bis zum Saisonstart noch ausgehen, weiß ich nicht. Mir ist wichtig, als Erstes mit unserem Kapitän (Mario Fischer, Anm.) zu reden. Er ist das Um und Auf, das Herz der Mannschaft, eine Führungspersönlichkeit und schon lange beim Verein. Diese Wertschätzung ist sehr wichtig. Auch ein Dominic Hackl, der beim Verein groß geworden ist, seine ganze Jugend hier gespielt hat. Die zwei Personalien müssen wir jetzt einmal besprechen. Danach muss man schauen, der Österreicher-Markt ist sehr klein, der Import-Markt wiederum groß. Da kommt es auch darauf an, was man für ein Budget zur Verfügung hat. Dann geht es natürlich um den Head Coach und unsere Staff-Struktur für die Profi-Mannschaft. An diesen Dingen arbeite ich aktuell die meiste Zeit.

LAOLA1: Wird man das Limit an Import-Spielern ausreizen wollen, vielleicht sogar müssen?

Dolezal: Es ist noch etwas zu früh, um das genau abschätzen zu können. Aber wir werden an die Grenze hingehen müssen, denke ich. Einfach, weil es am heimischen Markt nicht mehr viel gibt. Das ist die harte Wahrheit. So gerne ich einen Spielermarkt wie in Schweden hätte, den haben wir nicht.

LAOLA1: Die ohnehin wohl wichtigste Position wird jene des Torhüters sein.

Dolezal: Wir haben gute Kandidaten in Aussicht. Es hat paar lose Gespräche gegeben. Es gibt Faktoren, die mir wichtig sind. Natürlich beziehe ich den "Starki" (Bernhard Starkbaum, Anm.) mit ein, weil er das Know-How hat. Ich weiß, was ich gerne sehen würde, ich bin aber kein Goalie. Die technischen Informationen erwarte ich mir von ihm zu bekommen. Ich sehe es generell als wichtig an, ein gutes Tandem zu haben. Natürlich willst du, wenn du einen Import verpflichtest, dass er gut performt. Deine Goalies dahinter sollen auch ihre Spielpraxis bekommen. Dabei geht es auch um Performance und nicht, dass man einen Freibrief austeilt, nur weil er Österreicher oder Wiener ist. Es muss sich jeder seinen Platz erkämpfen. Und wenn er besser als der Import ist, soll der Österreicher spielen. Umgekehrt genauso.

LAOLA1: Wie sieht der Plan mit Sebastian Wraneschitz und Lorenz Widhalm aus?

Dolezal: Ich muss erst einmal Gespräche mit ihnen führen. In meiner Rolle als Sportlicher Leiter gibt es viel zu tun, das muss man sukzessive abarbeiten. Ein Thema ist natürlich, mit jenen Spielern zu sprechen, die noch da sind. Auch mit jenen Spielern, die man behalten will, genauso mit jenen, wo man denkt, sie nicht behalten zu wollen. Mit ihnen muss man ein offenes Gespräch darüber führen. Dann wird in die Zukunft geblickt und so rasch wie möglich in die Planung gegangen.

LAOLA1: Der Umbruch im Verein ist im vollen Gange, Franz Kalla wird keine operative Rolle mehr einnehmen.

Dolezal: Umbruch hört sich oft so hart an. Ich kenne den Franz lange. Viele Leute vergessen, wie viel er für den Verein geleistet hat. Er hat sein Herzblut reingesteckt und teilweise wie ein Vieh gearbeitet, damit wir mit budgetären Mitteln weiterkommen, die nicht Salzburger Verhältnisse haben. Auch in harten Zeiten wie Corona hat es nie irgendwelche Diskussionen über Mitarbeiter oder sonstiges gegeben. Da muss ich schon sagen, dass die Leute natürlich nicht den Einblick wie wir Mitarbeiter haben, vor allem ich als enger Mitarbeiter. Dass es weh tut, ist das falsche Wort. Aber der Umbruch ist da. Ich weiß sehr wohl, dass er das von langer Hand mitgeplant hat, dass auch seine Ära früher oder später zu Ende geht. Nichtsdestotrotz hat er den Verein zu dem gemacht, was er über die Jahre hinweg war. Wie erfolgreich wir waren, welche Strukturen und Mitarbeiter wir aufgebaut haben. Dass man gewisse Dinge immer besser machen kann, wird bei jedem so sein. Du wirst auch immer genug Kritiker haben. Aber man darf seine Verdienste nicht vergessen. Er hat wahrscheinlich den größten Anteil daran, wie der Verein da steht. Er hat viel Gutes getan.


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