Zehn Spiele in der win2day ICE Hockey League und Stammtorhüter in der Alps Hockey League beim EC Kitzbühel.
So lautete das Angebot des VSV für Ali Schmidt, der seit dem Nachwuchs für die "Adler" spielte. Eine Offerte, mit welcher der 23-Jährige nur wenig anfangen konnte.
"Ich war mit dem Angebot nie zufrieden", erzählt der ÖEHV-Keeper im LAOLA1-Interview.
Schmidt spricht außerdem über die Hintergründe seines Abschieds, äußert Kritik an Head Coach Rob Daum und spricht über die Suche nach einer neuen sportlichen Heimat.
LAOLA1: Zwei Wochen sind seit deinem offiziellen Abschied vom VSV vergangen. Wie hat dein näheres Umfeld darauf reagiert?
Ali Schmidt: In meiner Familie hat eigentlich jeder positiv reagiert. Sie stehen zu meiner Entscheidung, sagen, egal welche Entscheidung ich treffe, ich werde sie mit einem Hintergedanken treffen. Da hat es überhaupt nichts gegeben, auch von meinen Freunden nicht. Es gab nur Verständnis, Befürwortung und Respekt für meine Entscheidung. Es weiß jeder, dass ich nicht instinktiv Entscheidungen treffe, sondern diese überlegt sind.
LAOLA1: Was ist in diesen zwei Wochen alles passiert?
"Mitte der Saison habe ich einen Punkt gehabt, wo ich mir gesagt habe: 'Ich weiß nicht, ob ich hier eine Zukunft sehe.'"
Schmidt: Ich war nach der Saison anfangs erleichtert, dass ich ein Kapitel geschlossen habe. Villach ist jetzt vorbei, ich kann mich auf etwas Neues konzentrieren. Gleichzeitig ist es auch ein Schritt in die Ungewissheit, weil ich bis jetzt noch nichts unterschrieben habe. Ich muss natürlich abwiegen, was für mich am besten ist. Aber ich glaube, es ist eine gute Challenge für mich. Ich freue mich nächstes Jahr auf ein neues Umfeld, ein neues Team.
LAOLA1: Wann war für dich persönlich klar, dass du nicht mehr in Villach bleiben willst?
Schmidt: Mitte der Saison habe ich einen Punkt gehabt, wo ich mir gesagt habe: "Ich weiß nicht, ob ich hier eine Zukunft sehe." Trotzdem habe ich mein Bestes gegeben, weiter an mir gearbeitet und geschaut, dass ich die Chancen, die sich mir bieten, nütze. Trotzdem ist dieser Gedanke in meinem Hinterkopf herumgeschwirrt. Ich habe mir immer gedacht: Wo soll ich denn sonst hin? Welcher Verein würde mich als Backup wollen? Ich habe dann auch mit meinem Agenten darüber geredet, ob es eine gute Option wäre. Ich habe natürlich andere Bekannte zu der Entscheidung dazu geholt und gefragt, was sie davon halten. Es ist positives Feedback gekommen, dass ich auch für andere Vereine gut genug wäre und mich dort beweisen könnte. Das einzige was ich brauche, ist einfach eine konstante Chance. Als ab Jänner mit Villach die Gespräche zur Vertragsverlängerung angefangen haben, dachte ich mir noch: Ich werde unterschreiben. Als mir der Vertrag vorgelegt wurde, war die schlussendliche Entscheidung da, wo ich gesagt habe: Nein. Ich habe noch gar nichts, gehe ein sehr hohes Risiko ein, aber lieber so als ich unterschreibe den Vertrag und stehe nicht zu hundert Prozent dahinter. Ich wusste, wenn ich den Vertrag unterschreibe, dann bin ich nicht glücklich. Das war der ausschlaggebende Punkt. Egal wie es kommt, ob positiv oder negativ - ich nehme es so, wie es ist. Im Nachhinein kann man irgendwann sagen, ob es eine gute oder schlechte Entscheidung war. Für mich ist es aktuell die beste Entscheidung.
LAOLA1: Welche Gedanken hattest du, als dir das Angebot des VSV (10 Spiele in der ICE, Stammtorhüter bei AlpsHL-Klub Kitzbühel, Anm.) vorgelegt wurde?
Schmidt: Wir haben lange darüber geredet, was für mich am besten wäre. Da ist mir Villach auch entgegengekommen und hat gefragt, was ich mir vorstelle. Ich wollte in der ICE so viele Spiele wie möglich bekommen. Dann haben sie mir die Option mit Kitzbühel angeboten, dass ich dort meine Spiele kriege. Ich sehe mich dort aber nicht. Ich habe das jetzt mitbekommen, als ich während den AlpsHL-Playoffs dort war, dass es von der Trainingsintensität her ein ganz anderes Level ist. Das darf man nicht vergleichen. Auch das hin und her pendeln – das sind keine 20 Minuten, das sind drei Stunden. Über eine ganze Saison hinweg mache ich mich eher fertig, als das es etwas Positives bewirkt. Natürlich kriege ich meine Spiele, würde auch auf meine Einsätze in der ICE kommen, aber trotzdem war ich mit dem Angebot nie zufrieden.
LAOLA1: Du hast es also - anders als der VSV - nicht als richtigen Schritt für deine Entwicklung gesehen.
Schmidt: Genau. Der Verein hat einen anderen Gedankengang als ich, was auch logisch ist. Sie müssen es akzeptieren. Ich würde es etwas unfair finden, wenn sie es nicht respektieren, aber das tun sie. Es gehen und kommen viele Spieler. Wenn du lange bei einem Verein spielst, vielleicht wie in meinem Fall seit dem Nachwuchs für den Klub gespielt hast, hinterfragt dich und deine Entscheidung natürlich jeder. Wenn du aber alle zwei Jahre einen neuen Verein hast, wird dich keiner mehr fragen. Natürlich gab es großen Medienrummel, aber man muss objektiv darauf blicken. Jeder, der sich mit dem Tormann-Dasein und generell mit dem Profi-Sport auskennt, weiß ganz genau: Wenn man nicht glücklich ist, performt man nicht. Das hat die Entscheidung auch einfacher gemacht.
"Gerechnet haben weder JP noch ich damit. Er hat mir genauso gesagt, dass er es sich ganz anders vorgestellt hat. Er dachte, ich würde viel mehr spielen, weil ich die letzten Jahre auch gespielt habe."
LAOLA1: Und dein Anspruch wird nach 20 bzw. 22 Einsätzen in den beiden Jahren zuvor ebenfalls ein höherer gewesen sein.
Schmidt: Natürlich. Aber die Vorstellung, dass ich mir so und so viele Einsätze verdient hätte, ist eine sehr scharfe Klinge, mit der man spielt. Wenn man die Vorstellung nicht erfüllt, ist man schlecht gelaunt, sagt sich selbst, es hätte besser laufen können. Wenn man sie übertrifft, dann denkst du dir, es hat so sein müssen. Deswegen ist es für mich schwierig gewesen, weil ich nicht so viel gespielt habe. Ich habe mir selbst eingeredet, dass ich mehr verdient hätte. Letzte Saison sind wir Zweiter gewesen, ich habe viel gespielt und sieben Siege am Stück geholt. Ich kann es ja, habe es auch bewiesen. Dass du dann so ein Jahr bekommst wie heuer, damit habe ich nicht gerechnet.
LAOLA1: Mit Jean-Philippe Lamoureux hat der Verein im letzten Sommer eine neue Nummer eins geholt. Er hat – bis auf seine Zeit in Salzburg – stets 40 oder mehr Spiele im Grunddurchgang bestritten. War seine Rückkehr nach Villach ein möglicher Grund, warum du heuer so wenige Einsätze erhalten hast?
Schmidt: Als ich gehört habe, dass JP kommt, habe ich mir schon Gedanken gemacht. Ich kannte JP nur von Erzählungen aus seiner ersten Zeit in Villach (2012 bis 2016, Anm.). Ich habe mir eher gedacht, dass er mir viel zeigen wird, war mir aber sicher, dass ich meine Spiele kriegen werde und der Verein das auch will. Bei den Abschlussmeetings haben sie mir zugesprochen, gesagt, dass ich meine Spiele bekommen werde und er mir weiterhelfen wird. Ich habe mit JP ebenfalls geredet, das geht ja nicht von ihm aus. Es ist nicht so, dass er zum Verein kommt, zum Trainer reingeht und sagt, er spielt jetzt. Der Trainer entscheidet das am Ende des Tages. JP ist ein erfahrener Tormann, kann in jedem Spiel den Unterschied machen. Dass da einfach kein Vertrauen mir gegenüber gekommen ist und nur mit dem "besseren Pferd" gespielt wurde, habe ich schade gefunden. Gerechnet haben weder JP noch ich damit. Er hat mir genauso gesagt, dass er es sich ganz anders vorgestellt hat. Er dachte, ich würde viel mehr spielen, weil ich die letzten Jahre auch gespielt habe. JP ist eigentlich am Ende seiner Karriere und hat gesagt, er braucht die ganzen Spiele nicht mehr. Wenn man sie aber bekommt, nimmt man sie natürlich. Wenn der Vorstand dem Trainer keinen Plan vorgibt, ist es natürlich auch schwierig. Ich hatte vollstes Vertrauen – und dann bin ich aufgewacht.
LAOLA1: Gab es in dieser Saison Differenzen oder sonstige Vorfälle mit Head Coach Rob Daum? Immerhin ist er seit Dezember 2020 im Amt und hat in den Vorjahren auf dich vertraut. Die Situation war keine neue.
Schmidt: Die Situation war grob die gleiche. Rob Daum ist jemand, wenn du nicht performst, bist du bei ihm weg. Das gilt natürlich für einen alten wie einen jungen Torhüter. Die alten Tormänner haben damals nicht performt, ich bin reingekommen und habe gut gespielt. Dann durfte ich mehr spielen. JP ist aber kein schlechter Tormann, macht seinen Job und dann ist es schwierig. Wenn du alle eineinhalb Monate zu Einsätzen kommst, spielst du auch nicht perfekt. Er (Rob Daum, Anm.) nimmt das dann als Ausrede hin und sagt, du hast nicht performt, also spielst du auch nicht. Das finde ich etwas schade, weil ich keine echte Chance bekommen habe, mein Spiel zu finden. Dass ich wirklich zeigen kann, was in mir steckt.
"Es macht leider keinen Unterschied, ob du gut oder schlecht spielst. Ich komme leider nicht zu meinen Einsätzen, daher meine Entscheidung."
LAOLA1: Das ist natürlich schwer, wenn der Trainer nicht auf einen setzt.
Schmidt: Ich muss selber zugeben, dass es in den Spielen, in denen ich eingesetzt wurde, Situationen gab, die auf meine Kappe gehen. Ich finde es trotzdem nicht fair, meine Leistung an einer Partie nach eineinhalb Monaten zu messen. Dann nehme ich eine Partie her wie auswärts in Salzburg am Neujahrstag. Da habe ich meiner Meinung nach richtig gut gespielt. Wir haben zwar 1:2 verloren, aber der Trainer kam zu mir und hat meine Leistung gelobt. Und was passiert? Ich spiele die nächsten acht Partien wieder nicht. Es macht leider keinen Unterschied, ob du gut oder schlecht spielst. Ich komme leider nicht zu meinen Einsätzen, daher meine Entscheidung.
LAOLA1: Für dich ergibt sich dadurch eine völlig neue Situation, erstmals bist du auf Vereinssuche. Wie geht es dir damit?
Schmidt: Eigentlich relativ gut, ich hätte es mir schlimmer erwartet.
LAOLA1: Warum?
Schmidt: Weil ich sehr selbstbewusst bin und mir sage, ich werde schon etwas finden. Wenn es länger dauert, dauert es eben länger – aber ich werde schon irgendwo meinen Platz finden. Ich bin mir sicher, dass ich die richtige Entscheidung treffen werde und dort genauso gut performen sowie mich weiterentwickeln kann.
LAOLA1: Welche Perspektive muss dir ein Verein aufzeigen, damit du zufrieden wärst?
Schmidt: Das wichtigste ist, dass das Gesamtpaket passt. Dass du einen Tormann-Trainer hast, der mit dir arbeitet, du aber genauso vom Vorstand das Vertrauen bekommst. Der Backup ist oft verrufen. Für viele ist der Backup da, um den Einser-Torwart zu entlasten. Ich bin aber der Meinung, dass man den Backup aufbauen sollte. Dass der Backup nicht nur Ersatz ist, sondern man schaut, dass er nach zwei Jahren als Einser spielt. Ich selbst muss das Gefühl bekommen, dass der Verein auf mich schaut. Ich kriege meine Spiele und das Vertrauen bis zu einem gewissen Punkt, an dem ich es zurückgeben muss. Dass ich einfach die Chance bekomme, mich nicht alle heiligen Zeiten beweisen zu können, sondern wirklich auf regulärer Basis. Dann kann man wirklich sagen, wie gut oder schlecht ein Tormann ist.