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Phil Horsky: "Das hat irgendein Regisseur geschrieben"

Plötzlich Cheftrainer! Der 39-jährige Wiener übernimmt den HC Pustertal - und gibt ausgerechnet gegen die Vienna Capitals sein Debüt.

Phil Horsky: Foto: © GEPA

"Es waren schon anstrengende Stunden", schnauft Phil Horsky am Donnerstagnachmittag durch.

Der 39-jährige Wiener hat einen wahren Marathon an Terminen hinter sich, als LAOLA1 ihn erreicht.

Denn beim HC Pustertal wurde nach einem unzufriedenstellenden Saisonstart die Reißleine gezogen, die Trennung von Cheftrainer Stefan Mair vollzogen - trotz eines erst im Sommer unterschriebenen Dreijahresvertrags.

Zumindest in den nächsten Wochen wird Horsky das Amt des Head Coachs in Bruneck bekleiden, alles darüber hinaus wird noch abgeklärt, erzählt er im LAOLA1-Interview.

Ein Date mit dem Schicksal

Trotzdem wirkt der frühere Stürmer gelassen, zugleich auch überrascht über den Zeitpunkt des Trainerwechsels. Doch es liegt in seinem Naturell, solche Situationen anzunehmen und das Beste daraus zu machen.

Und das Schicksal spielt ebenfalls eine Rolle. Wieder einmal muss man fast sagen. Denn ausgerechnet gegen die Vienna Capitals, wo er jahrelang in diversen Funktionen tätig war, bestreitet er am Freitag (ab 19:45 Uhr im LIVE-Ticker) sein Cheftrainer-Debüt in der win2day ICE Hockey League.

"Das hat vielleicht Steven Spielberg geschrieben", lacht der 39-Jährige, der außerdem auf das letzte Duell in Wien zurückblickt und erklärt, welche Veränderungen er vornehmen wird.

LAOLA1: Wie waren die letzten Stunden?

Phil Horsky: Es war viel zu tun. Wir hatten ein Meeting mit der Mannschaft, dann hatte ich ein Meeting mit dem Vorstand – da ging es darum, wie wir meine Rolle definieren, was beide Seiten wollen. Im Endeffekt habe ich die Mannschaft übernommen, das Training geleitet und Medien- sowie weitere Termine gehabt. Das hat schon lange gedauert.

LAOLA1: Wie hast du von der Entlassung von Stefan Mair erfahren?

Horsky: Der Vorstand hat mich am Mittwochabend angerufen. Ich habe es nicht vor jemand anderem erfahren.

LAOLA1: Wie hast du die Nachricht aufgenommen?

Phil Horsky leitet das Training
Foto: © Kurt Platter/Dolomiten

Horsky: Das Hockey-Business ist halt so, und wenn es nicht rennt... Ich dachte, sie geben ihm noch etwas mehr Zeit. Aber es ist, wie es ist. Man ist schon gefasst, aber es ist immer wieder ein komischer Moment. Es ist bitter. Ein Scheiß-Moment, muss ich sagen.

LAOLA1: Der Zeitpunkt überrascht doch. Das vergangene Wochenende verlief eigentlich gut, mit dem 3:0 gegen die Graz99ers gelang ein kleiner Befreiungsschlag. Es wirkt so, als wäre die Entscheidung schon davor festgestanden.

Horsky: Wahrscheinlich ist es so gewesen. Ich habe keinen Einblick und wir haben auch nicht darüber gesprochen. Ich habe keine Ahnung.

LAOLA1: Wie hat die Mannschaft reagiert?

Horsky: Natürlich war die Stimmung nicht gerade am Höhepunkt. Wenn der Vorstand in die Kabine kommt, die Mannschaft in die Pflicht nimmt, herrscht keine Hurra-Stimmung. Trotzdem habe ich mit den neuen Trainern versucht, dass wir eine gute Stimmung und einen Ruck durch die Mannschaft bringen. Es ist uns gut gelungen, die Stimmung zu verbessern und eine Aufbruchstimmung zu erzeugen. Du kannst der Situation nicht nachweinen, sondern musst nach vorne schauen und Gas geben.

LAOLA1: Habt ihr mit den Spielern Gespräche geführt?

Horsky: Ich hatte schon ein längeres Meeting mit den Spielern, später mit Kleingruppen und auch individuell am Eis mit den Spielern. Man versucht, die richtigen Knöpfe zu drücken, manche wachzurütteln, damit sie loslassen und nicht zu viel nachdenken. Man wird verkrampft, man will alles zerreißen – und dann geht gar nichts mehr. Das ist oft der Fall, wenn es nicht läuft. Man muss das wieder einmal relativieren und, so blöd es klingt, es ist immer noch ein Spiel und es muss Spaß machen. Du musst mit Freude in die Halle kommen. Das habe ich der Mannschaft auch so kommuniziert. Sonst wird es nichts.

LAOLA1: Kann man daran auch die fehlenden Leistung manch eines Spielers festmachen, dass sie nach den schwierigen ersten Wochen einfach zu verkrampft waren?

"Harte Zeiten bleiben nicht für immer, nur harte Charaktere bleiben."

Horsky: Ja, natürlich. Mehrere Faktoren spielen eine Rolle. Ich brauche es auch nicht mehr analysieren, das machen viele andere. Ich habe meine Gedanken, was hätte sein können. Aber es ist auf individueller Basis definitiv so, dass viele ihr Niveau nicht abrufen konnten, das sie haben. Woran das liegt, muss ich noch herausfinden. Das ist aber meine Aufgabe, die Spieler wieder dorthin zu bringen. Schaffst du das, spielt die Mannschaft auch wieder besser.

LAOLA1: Natürlich kannst du aus den Spielern nochmal die letzten Prozente herauskitzeln, aber der Anspruch eines jeden Spielers muss doch sein, täglich Bestleistungen abzurufen. Ist der Trainer am Ende einfach das schwächste Glied? Werden damit die nicht erbrachten Leistungen der Spieler kaschiert?

Horsky: Es ist immer einfacher, den Trainer auszutauschen. Das war immer so. Stefan hatte einen Dreijahresvertrag, man hat länger mit ihm geplant gehabt. Umso überraschender kam die Trennung. Du kannst natürlich nicht alle Spieler austauschen. Ich nehme mich da in der Verantwortung nicht raus. Wir haben es bis jetzt nicht geschafft, die Spieler auf dem Niveau spielen zu lassen, das sie haben. Es ist wichtig, dass wir Trainer jetzt nicht nur den Schwarzen Peter suchen, sondern dass wir zusammen einen Weg finden, da herauszukommen. Du wirst beurteilt, wie du in solchen Situationen agierst. Bei Sonnenschein, wenn es gut läuft, ist es leicht ein Trainer zu sein. Aber jetzt muss man Charakter zeigen, das stählt den auch. Harte Zeiten bleiben nicht für immer, nur harte Charaktere bleiben. Die nächsten zwei, drei Wochen bestimmen den weiteren Verlauf der Saison. Wie wir so eine Situation handhaben und damit umgehen. Den Finger zeigen und den Kopf in den Sand stecken, kann jeder. Jetzt müssen wir positiv bleiben und Lösungen suchen.

LAOLA1: Was kannst du der Mannschaft in dieser Phase geben?

Horsky: Man versucht schon, kleine Veränderungen zu machen, den Funken und die richtigen Tasten zu finden. Es ist jetzt nicht so, dass ich alles verändern will – aber ich will schon bei paar Dingen draufdrücken, bei denen ich meine, dass es zu einer Veränderung führt. Aber im Endeffekt einfach, dass wir mit der richtigen Einstellung und dem richtigen Mindset aufs Eis gehen. Wir wollen den Druck vergessen, einfach nur ruhig und mit einer guten Körpersprache spielen und Spaß haben.

LAOLA1: Welche Veränderungen strebst du an, wo wird der Hebel zuerst angesetzt?

Horsky: Jetzt habe ich einmal den vorläufigen Trainerstab für die nächsten Spiele ernannt. Das ist schon eine Veränderung, die etwas bewegen könnte. Wir werden etwas an den Linien-Konstellationen ändern, eine neue Stimme ist auch eine Veränderung. Viel Zeit habe ich aber nicht, um viel zu verändern. Ich kann nur wenige, dafür aber deutliche Signale setzen.

LAOLA1: Am Anfang hast du erwähnt, dass es ein längeres Meeting mit dem Vorstand gab. Worum ging es dabei?

"In den nächsten Wochen entscheiden nicht Ergebnisse, sondern wie die Gespräche laufen."

Horskys Zukunft in Bruneck ist ungewiss

Horsky: Ich habe jetzt einmal zugesagt, die Mannschaft in den nächsten Spielen zu betreuen. Dann schauen wir weiter. Wir hatten noch nicht die Zeit uns zusammenzusetzen und zu verhandeln. Der Verein muss sich auch Gedanken machen, es ging ja alles sehr schnell. Deswegen habe ich gesagt, das mache ich jetzt. Der Verein ist an mich herangetreten, hat mir den Rücken gestärkt und will mich bis zum Ende der Saison. Sie haben mich auch gefragt, ob ich mir das vorstellen kann. Aber ich muss das erst mit der Familie bereden, selbst auch die Entscheidung treffen und wir können in zwei Wochen darüber diskutieren.

LAOLA1: Das bedeutet, die nächsten zwei Wochen werden auch entscheiden, wie es für dich in Bruneck weitergeht.

Horsky: Genau. Ich habe die Rolle gern gehabt, bin sehr glücklich hier. Cheftrainer zu werden, war immer mein Traum. Aber ich habe  schon einmal gesagt, dass ich es nicht forciere. Aber so wie es im Leben immer kommt – man kann eh nichts planen. In den nächsten Wochen entscheiden nicht Ergebnisse, sondern wie die Gespräche laufen. Die Spieler haben sehr positiv reagiert, auch wenn sie zuerst geschockt waren. Aber sie stehen hinter mir, ist mein Gefühl. Jetzt müssen wir schauen, ob wir uns einigen.

LAOLA1: Wie schwierig ist es für dich, von einem auf den anderen Moment vom Assistant zum Head Coach zu werden und den Schalter umzulegen?

Horsky: Ich war in den letzten Jahren immer Cheftrainer. Es kommt überraschend, ich habe mich darauf mental nicht vorbereiten können. In der Hinsicht ist es schon eine Umstellung, aber in gewisser Weise auch nicht. Ich verändere mich nicht, bin der Gleiche, der ich vorher war. Nur meine Stimme wird jetzt öfters gehört. Ich bin, wer ich bin und ich habe eine gute Beziehung zu den Spielern, die ich noch weiter aufbauen will. Ich war als Assistant schon ziemlich nah an den Spielern, will diese Kultur in Bruneck weiter aufbauen und die Mannschaft führen.

"Das hat irgendein Regisseur, vielleicht Steven Spielberg, geschrieben."

Horsky über sein Cheftrainer-Debüt gegen die Capitals

LAOLA1: Wie "cool" ist es, dein Cheftrainer-Debüt ausgerechnet gegen die Vienna Capitals zu feiern? Das muss einfach Schicksal sein.

Horsky: Ja, das hat irgendein Regisseur, vielleicht Steven Spielberg, geschrieben. Es ist eine sehr schöne Geschichte und bedeutet mir sehr viel. Es ist generell ein extrem emotionales Spiel für mich, jetzt als Cheftrainer gegen Wien ist Emotion pur. Ich habe noch viele Freunde dort. Ich werde Christian Dolezal (Assistant Coach der Capitals, Anm.) jetzt treffen, einen Cafe mit ihm trinken gehen. Aber morgen gibt es keine Freundschaften mehr.

LAOLA1: Richtig emotional war auch das erste Aufeinandertreffen in Wien. Es war ein hartes Spiel, mit vielen und teils auch unnötigen Strafen. Was könnt ihr aus dem Spiel mitnehmen?

Horsky: Mir hat die Reaktion von der Mannschaft richtig getaugt, da haben wir Herz und Biss gezeigt, obwohl wir Strafen genommen haben. Das war Vollgas, Emotionen, man gibt sich nicht geschlagen. Man muss bisschen smarter sein, aber Emotionen gehören dazu. Man muss den Kampf annehmen, das haben wir getan. Wir müssen uns nur bisschen mehr von der Strafbank fernhalten, so geht es nicht. Wir müssen schon diszipliniert agieren, Wien hat das Powerplay in den Griff bekommen, sind jetzt viel gefährlicher. Das ist schon eine sehr gute Mannschaft, sie werden es uns nicht leicht machen. Aber wir sind bereit, hoffen, dass die Fans uns unterstützen und wollen den Wienern einen richtig guten Kampf liefern.

LAOLA1: Besonders wäre es auch, wenn du den HC Pustertal zum ersten Sieg über die Vienna Capitals führen würdest.

Horsky: Ja, das wäre ein Traum. Ich kenne die Geschichte nicht, finde, dass wir in Wien schon ziemlich nah dran waren. Viel hat nicht gefehlt, obwohl es nicht danach ausschaut. Aber wenn wir einen besseren Start haben - viel besser waren die Wiener nicht. Wir glauben an uns und denken nicht daran, was war oder was die Statistik sagt.


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