Wenige Tage vor dem Start der bet-at-home ICE Hockey League schreibt ein Streitpunkt ein dickes Fragezeichen über den reibungslosen Beginn der Saison 2021/22.
Der Stein des Anstoßes: Das Covid-Präventionskonzept. Genauer gesagt: Eine Klausel, deren Akzeptanz durch die Spieler essentiell ist, um die Cracks zum Spielbetrieb anzumelden.
Und mit deren Unterschrift die Aktiven im Falle einer Corona-Infektion auf sämtliche Rechtsansprüche gegenüber der Liga verzichten, selbst wenn der ICE ein (Mit-)Verschulden daran zugesprochen werden könnte.
Eine Klausel, die in dieser Form für die SpielerInnen-Gewerkschaft "UNION" nicht akzeptabel ist. Und so sind unmittelbar vor dem geplanten Saisonstart übereinstimmenden Berichten zufolge zahlreiche Unterschriften von Spielern des KAC, VSV, der Black Wings Linz und der Vienna Capitals noch ausständig.
Update 15.09., 18:30 Uhr: Mit allen vier Vereinen wurde eine Einigung erzielt. Damit ist der Streit beigelegt. Alle Infos>>>
Während die eine Seite ein Profilierungs-Störfeuer kurz vor Liga-Start verortet, herrscht auf der Gegenseite Unverständnis für das Vorgehen der ICE-Verantwortlichen.
LAOLA1 hat mit beiden Seiten gesprochen und sorgt für einen Überblick der Causa:
Worum geht es?
Die Spieler der ICE Hockey League müssen im Zuge ihrer Anmeldung zum Spielbetrieb die Einhaltung des ausgearbeiteten Präventionskonzepts der Liga schriftlich bestätigen. Ein solches Präventionskonzept wurde schon in der vergangenen Saison installiert, um den Spielbetrieb zu ermöglichen.
Im entsprechenden Dokument findet sich auch folgender Absatz:
"Ich erkläre ausdrücklich, dass ich an oben genannter Liga als Spielteilnehmer oder Mitarbeiter […] teilnehme und im Zusammenhang mit einer möglichen Infektion mit Covid-19 im Rahmen der ICE Hockey League ausdrücklich und endgültig auf jegliche Ansprüche gegen die Liga oder die Liga-Organisation sowie gegen den jeweiligen Veranstalter der Liga-Spiele verzichte."
Ein Punkt, der aus Rechtssicht der "UNION" sittenwidrig und damit nicht zulässig ist. Selbst bei vorsätzlichen oder grob fahrlässig geschehenen Infektionen hätten die Spieler keine Möglichkeit, Ansprüche geltend zu machen.
(Text wird unterhalb fortgesetzt)
"Das nächste Mal müssen die Spieler mit einem Mannschaftsbus fahren, der von einem betrunkenen Busfahrer gelenkt wird und sollen aber beim Einsteigen schon unterschreiben, dass sie bei einem Unfall auf alle Entschädigungen verzichten", zieht Sascha Tomanek, seines Zeichens Vorsitzender der "UNION" und selbst Jurist, in einer Aussendung der Gewerkschaft einen plakativen Vergleich.
Laut "UNION" sei auch Druck auf die Spieler ausgeübt worden, das Schreiben zu unterzeichnen. Teilweise von Managern, teilweise von den beteiligten Ligen selbst - so sollen die Steel Wings Linz am vergangenen Samstag kurz vor Spielbeginn in Asiago aufgefordert worden sein, zu unterschreiben, da ein sofortiger Ausschluss aus der Alps Hockey League die Folge sein würde.
Der Vorschlag der "UNION", die strittige Klausel mit dem Zusatz "sofern die Liga daran kein Verschulden trifft" zu entschärfen, wurde laut der Aussendung vom ICE-Präsidium abgeschmettert.
Das sagt die Liga
Gegenüber LAOLA1 spricht ICE-Geschäftsführer Christian Feichtinger von der "Behübschung einer Regelung, die so keine Relevanz hat", eine Ansicht, die Liga-Präsident Jochen Pildner-Steinburg genauer erläutert.
Demnach würde die Klausel der Liga im extremen Fall der Fälle ohnehin keinen Freifahrtsschein ausstellen. "Ich kann nichts mit gröbster Fahrlässigkeit herbeiführen und glauben, dass ich straffrei davonkomme. Das würde vor keinem Gericht halten. Von daher ist das absolut unnütz", so der Liga-Präsident gegenüber LAOLA1.
Außerdem sei die Klausel ident mit dem Vorjahr, in dem sie von den Spielern anstandslos akzeptiert wurde. Für Feichtinger sind die Regelungen der ICE im Vergleich mit jenen der DEL oder der CHL, in der es ja auch österreichische Beteiligung gibt, "ein Kinderprogramm dagegen."
Für die Liga gehe es nur darum "zu sagen, dass Rechte und Pflichten auf beiden Seiten gleich verteilt sind. Die Vereine müssen sich anstrengen, sich als sicheres Umfeld anzubieten, und auch die Spieler müssen sich dazu bekennen, grundsätzliche Maßregeln auch im privaten Bereich zu beachten."
Seitens der Liga sei schon im Vorjahr bewiesen worden, dass maximale Sorge getragen würde. "Wir haben ein Ärztekomitee und wären nicht durch die letzte Saison gekommen, wenn wir hier leichtfertig vorgegangen wären", so Feichtinger.
Ein Profilierungs-Versuch der Gewerkschaft?
Die ICE-Bosse stoßen sich auch am Zeitpunkt der Diskussion: "Wir sind gesprächsbereit, aber sehen den Zeitpunkt der Sache als nicht förderlich an. Solche Dinge sollten in der Vorbereitung geklärt werden und nicht, wenn die Unterlagen bei den Vereinen liegen", so Feichtinger.
Aus seiner Sicht sollten sich "alle Beteiligten zurücklehnen, durchschnaufen und die Meisterschaft beginnen lassen. Dann kann man diese Gespräche führen, wenn es darum geht, die nächste Saison vorzubereiten."
Pildner-Steinburg verortet eine "Positionierung der Gewerkschaft, um ihre Wichtigkeit zu unterstreichen". Die Zusammenarbeit mit der jungen "UNION" - gegründet erst im Oktober 2020 - sei bislang "unbelastet" gelaufen.
"Wir sind weder für noch gegen die Gewerkschaft, wir kooperieren. Aber diese Aktion ist unnötig, vor allem, wenn man falsche Infos verbreitet", lehnt Pildner-Steinburg auch die behauptete Druckausübung ab.
Es werde unter seiner Präsidentschaft nicht vorkommen, dass sich "eine junge Gewerkschaft in die Agenda von Ligen und Vereinen einmischt." Pildner-Steinburg beantworte den Vorstoß daher "mit einem leichten Lächeln. Das Echo von den Fans auf solche Äußerungen wird nicht ausbleiben."
Tomanek kontert
LAOLA1 konfrontiert UNION-Boss Sascha Tomanek mit den Ansichten der ICE-Verantwortlichen - und der sieht die Sache ganz anders.
Der Kompromiss-Vorschlag der Umformulierung seitens der "UNION" sei schon am 1. September unterbreitet worden. Seither habe es keine Bewegung in der Sache gegeben, vielmehr bestätigte das ICE-Präsidium sein Beharren auf der Klausel.
Der Standpunkt der Liga sei: Jetzt so lassen, nächstes Jahr nochmal darüber reden. "Aber das ist ja kein Kompromiss. Da haben sich die Spieler verarscht gefühlt und das nicht unterschrieben", so Tomanek.
"Seit es uns gibt, geht nicht mehr alles so leicht. Das ist eine Möglichkeit, die Spieler samt uns als ihre Vertretung einzubremsen, so fühlt es sich an."
Er selbst bzw. die "UNION" seien dabei nicht "Dirigent": "Es sind die Spieler, die sagen, dass sie das so nicht machen. Wir als Rechtsberatung haben gesagt: So nicht unterschreiben, das ist ein Blödsinn. Was ihr mit der Info macht, ist eure Sache. Das sind alles erwachsene Menschen. Wenn sie das unterschreiben, tun sie es - dann habe ich weniger Streitereien. Mir tut niemand einen Gefallen, wenn er das nicht unterschreibt", erklärt der UNION-Boss, fügt aber an:
"Ich stehe den Spielern im Wort, dass ich mich für sie einsetze. Sie wählen uns nicht dafür, zu sagen: Unterschreibt einfach alles, was man euch vorsetzt."
Eine Machtdemonstration der Liga?
Dass eine zuletzt akzeptierte Klausel jetzt zum Problem wird, erkläre sich ganz einfach: "Weil die Gewerkschaft erst im Oktober gegründet wurde und die Spieler das bereits letzten August unterschreiben mussten. Heuer haben sie das wieder vorgelegt bekommen und sich an uns gewandt."
Die Gewerkschaft käme erst so kurz vor Saisonbeginn mit der Diskussion, "weil wir es erst jetzt zu Gesicht bekommen! Die seriöse Herangehensweise wäre gewesen, sich zusammenzusetzen und zu schauen, ob alles aus Spieler-Sicht okay ist. Sie hatten ein halbes Jahr Zeit, uns anzurufen."
Auch bei anderen Fragen sei die Zusammenarbeit nicht so reibungslos, wie es wünschenswert wäre. "Die Zahl der Mails, die von uns zu ihnen geht, ist beträchtlich größer als umgekehrt. Ist es ein Machtspiel? Wahrscheinlich. Aber ich will das nicht! Ich will mit ihnen reden."
"Es steht sowieso in den Durchführungsbestimmungen, dass sich die Spieler dem Präventionskonzept unterwerfen. Darum weiß ich nicht, warum man so auf diesen Zettel besteht. Soll es ihn geben, aber nicht in dieser Form."
Tomanek versteht auch die Unnachgiebigkeit der ICE nicht. "Ich habe kein einziges Argument gehört, warum die Klausel so bleiben sollte. Außer, dass sie voriges Jahr auch schon so bestand. Das ist ja kein Argument. Da hat es uns noch nicht gegeben, sonst hätten wir auch gesagt, die ist ein Blödsinn."
Gerade, wenn es sich um eine "Nulldiskussion" handle, "kann man die Änderung ja reingeben! Da verstehe ich die Welt nicht. Warum sie stur bleiben? Weil sie den Spielern Macht zeigen wollen", spekuliert der Gewerkschafts-Boss.
"Seit es uns gibt, geht nicht mehr alles so leicht. Das ist eine Möglichkeit, die Spieler samt uns als ihre Vertretung einzubremsen, so fühlt es sich an."
Was passiert jetzt?
Die "UNION" befürchtet in der letzten Konsequenz einen Ausschluss der vier Teams - allesamt große Namen der Liga, gefolgt von Schadenersatzansprüchen von Vereinen und Spielern gegenüber der ICE.
Fakt ist: Die ICE Hockey League besteht auf die Unterzeichnung des Papiers, um eine Anmeldung der Spieler vorzunehmen. Wer dies bis zum Auftakt am Freitag nicht erledigt hat, spielt nicht.
Pildner-Steinburg betont für die Liga, "dass wir schauen, zu einer Lösung zu kommen. Wir wollen in keinem Fall die Spieler strafen oder die Meisterschaft in Frage stellen."
Tomanek selbst kann keine Einschätzung abgeben, ob es rechtzeitig zu einer Einigung kommt: "Ich weiß nicht, wie es weitergeht. Ich hoffe nach wie vor auf ein Einlenken der Liga, das hat jetzt nicht so geklungen. Die Gesprächsbereitschaft gibt es offenbar nur auf einer Seite."
Er sehe juristisch auch keinen Grund, warum ein Spielen ohne der Unterschrift nicht möglich sein sollte: "Es steht sowieso in den Durchführungsbestimmungen, dass sich die Spieler dem Präventionskonzept unterwerfen. Darum weiß ich nicht, warum man so auf diesen Zettel besteht. Soll es ihn geben, aber nicht in dieser Form."
Die Spieler seien "geil darauf, zu spielen". "Also lasst sie spielen!", appelliert Tomanek.
Eines dürfte alle Beteiligten garantiert vereinen: Der Wunsch, dass gespielt wird.